Frage: Kaiserschnitt vs. Spontan

Sehr geehrter Herr Dr. Hellmeyer Ich würde auch sie gerne nochmal mal um ihre persönliche Einschätzung bitten. Als Experte für Kaiserschnitte... Zu meiner Vorgeschichte ( bitte entschuldigen sie, das ich etwas weiter ausholen muss): Ich habe erblich bedingt ein eher schlechtes Binde- und Venengewebe und habe dementsprechend schon recht viele Jahre mit Hämmorhoiden ( 2.-3. Grades ) zu kämpfen, zudem übe ich einen stehenden Beruf aus und stand bis zur Schwangerschaft durchschnittlich 9 Stunden am Tag. Ich habe in regelmäßigen Abständen auch immer mal wieder mit Analvenenthrombosen zutun ( ca. 3-5 mal im Jahr ), die ich dann immer ambulant eröffnen lies. Im Mai 2010 lies ich mich stationär operieren nach der sogenannten "Longo Methode". Dort sagte man mir, das die warscheinlichkeit wieder Probleme mit Hämmorhoiden zu bekommen bei unter 5% liegen würde. Tja, ich gehöre wohl zu diesen 5%. Und ich habe mir geschworen, mich nach Möglichkeit nicht nochmal einer solchen Operation oder Eröffnung von Analvenenthrombosen zu unterziehen. Im Mai 2012 habe ich unseren Sohn spontan zur Welt gebracht. Ich hatte bereits in der Schwangerschaft starke Beschwerden mit Hämmorhoiden, was ja erst mal nichts ungewöhnliches ist. Ich habe in der Zeit selbst zwei Analvenenthrombosen 'ausgesessen' und darauf gewartet das diese sich selbst resorbieren. Ich habe schon in der Schwangerschaft über einen Kaiserschnitt nachgedacht. Dieses wurde aber sowohl von meiner Frauenärztin als auch von meiner Hebamme als 'unnötig' und völlig 'überzogen' dargestellt, da ich ja nicht die erste und einzige Frau sei, die in der SS Probleme mit Hämmorhoiden hat. Dieses Problem würde sich nach Geburt ganz schnell von selbst erledigen. Die Geburt als solches war schmerztechnisch ein absolutes "Nahtod Erlebnis". Da sie von der 1. bis zur letzten Wehe nur 2 1/2 Stunden gedauert hat, hatte mein Gewebe auch nicht wirklich die Chance sich zu dehnen. Unser Sohn war normal groß/ schwer ( 3470 gr. / 52 cm) hatte allerdings einen KU von 37. Ich habe einen hohen Scheidenriss, mehrere Labienrisse und einen Dammriss 2. Grades dafür kassiert. Also quasi einmal in alle Himmelsrichtungen. Das war aber bei weitem nicht das schlimmste. Im Analbereich habe ich mein Innerstes nach außen gepresst. Diagnose des Chirurgen, der nach der Entbinden täglich nach mir bzw. meinem Hinterteil geschaut hat: teilthrombosierter Hämmoridialprolaps. 3 Stellen etwa jeweils Weintrauben bis Pflaumengross. Er riet mir noch im Wochenbett zur Op, jedoch riet mir der Chefarzt der Gynäkologie mir davon ab, wegen der hohen Blutungs und Infektionsgefahr. Zudem wegen der eher schlechten Wundheilung wegen des (nach) Schwangerschaftlichem erweichten Gewebe. Hier habe ich dem Gynäkologen vertraut (was auch völlig richtig war) und es mit Hilfe von Laser Behandlung (noch im Krankenhaus - eigentlich zur Behandlung von schlecht heilenden Kaiserschnittnarben), in Nasentropfen getränkten Kompressen, Kühlung und Tubenweise cortisonhaltiger Hämmorhoiden Salbe, ausgesessen und letztendlich auch überstanden. Es hat nahezu 6 Monate gedauerte bis das schlimmste weitestgehend resorbiert war. Ein weiteres Problem war mein Beckenboden nach der Entbindung. Auch bis hierher erst mal nichts ungewöhnliches. Ich hatte bis ca. 6 Wochen nach der Entbindung überhaupt kein Gefühl für meinen Beckenboden. Ich konnte weder Urin noch Stuhlgang halten. Wenn ich gemerkt habe, das ich muss, war es in der Regel auch schon zu spät. Ich hatte unglaubliche Schmerzen am Beckenboden der völlig überdehnt war so das ich die ersten Wochen nie länger als 5 Minuten stehen konnte und auch sitzen sehr schmerzhaft war (und das lag nicht nur an der äußeren Geburtsverletzungen). Es fühlte sich an wie ein riesiges Hämatom (was allerdings ausgeschlossen wurde). Wie als würde man mir mit einem Baseballschläger zwischen die Beine schlagen ( seltsame Beschreibung, ich weiß... Aber das trifft es annähernd ). Es ist nach konsequenter Rückbildungsgymnastik, Beckenbodentraining und regelmäßigem Sport zwar besser geworden und ein Zustand mit dem ich annähernd leben kann aber es liegt nichts desto trotz eine diagnostizierte Belastungsinkontinenz vor, gepaart mit einem häufigen 'Fremdkörper' Gefühl, welches nach langem stehen immer wieder auftritt und während meiner Periode dauerhaft und schlimmer da ist ( eine Senkung konnte allerdings von meiner Frauenärztin nicht nachgewiesen werden ). Habe auch schon mit den Gewichts - Konen gearbeitet, kann diese aber immer nur kurz halten. Zudem gehe ich seit ca. einem halben Jahr wieder meinem Beruf nach und habe nach spätestens 2 Stunden wieder schmerzen am Beckenboden und kann dann auch nicht mehr sagen ob ich ihn grad anspanne oder nicht. Es fühlt sich dann an wie ein starker 'Muskelkater'. Meine Gynäkologin und meine Hebamme können mir aber auch nicht sagen warum das so ist, geschweige denn, wie ich es verbessern könnte. Wir wünschen uns wirklich ein 2. Kind aber DAS alles hält mich einfach (momentan noch) davon ab. Mir wird von vielen 2. Gebärenden mit schlechtem 1. Geburtserlebnis erzählt das ihre 2. Geburt eine Art 'Heilender Prozess' war und ich es auf jeden Fall nochmal versuchen soll. Ich habe einfach das Gefühl das mich niemand so richtig ernst nimmt und meint ich wäre etwas 'überempfindlich'. Meine Gynäkologin sagt immer ich solle einfach noch etwas Geduld haben. Wie lange denn noch? Unser Sohn ist mittlerweile 22 Monate alt. Selbst mein Mann sagt, 'ach komm, soooo schlimm war's doch nicht, das schaffst du auch noch mal'. Lediglich meine Hebamme unterstützt mich und sagte mir noch vor kurzem das sie noch nie eine Patientin mit solchen 'Rektal Problemen' hatte. Jetzt zu meiner eigentlichen Frage, Würde im falle einer 2. SS eine medizinische Indikation für einen Kaiserschnitt bestehen? Oder wäre dies trotzdem ein reiner 'Wunschkaiserschnitt'? Da ja zumindest aus medizinischer Sicht bei der Geburt alles glatt lief. Bitte verstehen sie mich nicht falsch, ich möchte hier keinesfalls einen Kaiserschnitt als schmerzärmere Geburtsmethode proklamieren. Aber allein der Gedanke das das alles wieder passiert oder vielleicht sogar noch schlimmer wird, hält mich derzeit von einer erneuten SS ab. Ich bin mir auch bewusst das im Falle meines Beckenbodens die eigentliche SS schon eine starke Belastung ist, aber ich hatte zumindest damit in der Schwangerschaft keinerlei Probleme. Bei mir war definitiv die Geburt die Hauptbelastung. Es wird ja immer gesagt, das die 2. Geburt leichter und schneller geht aber ich hatte ja in dem Sinne keine schwere Geburt und auch an Schnelligkeit ist sie ja auch schon fast nicht mehr zu übertreffen. Zumal Geburtshelfer sich warscheinlich auch ein stückweit schwer tun, bei einer Patientin einen Kaiserschnitt durchzuführen, die schon einmal "Problemlos" (nur auf die eigentliche Geburt bezogen) spontan entbunden haben. Aber spontan um jeden Preis??? Meine Hauptangst besteht nicht in der Geburt selbst, sondern in den Problemen und Schmerzen DANACH! Im Moment denke ich einfach das ich mit 2-3 Wochen Wundschmerzen an der Kaiserschnittnarbe besser leben kann als mit den Monatelangen Schmerzen nach der spontan Geburt. Habe aber trotzdem genau solche Angst davor. Zumal eine spontane Geburt ja auch für's Kind 'besser' ist?! Habe einfach Angst mich 'falsch' zu entscheiden. Vielen Dank für ihre Zeit, für's lesen und danke im voraus schonmal für ihre Antwort! Lg Julia-K

von Julia-K am 13.03.2014, 23:00



Antwort auf: Kaiserschnitt vs. Spontan

Hallo Julia-K, danke für Ihren ausführlichen Bericht, der somit die schwierige Beurteilung per mail doch etwas vereinfacht. Aufgrund der Schilderung würde ich Ihnen sogar zum geplanten Kaiserschnitt raten. Das hat mit einem Wunschkaiserschnitt überhaupt nichts zu tun. Einziges Problem ist, dass die Schwangerschaft, gerade zum Ende hin, an sich schon eine Belastung für den Beckenboden darstellt, allerdings entfällt ja das Pressen. Ihre Entscheidung und Angst ist durchaus nachvollziehbar und Sie sollten nur mit der Möglichkeit der Sectio in eine 2. Schwangerschaft gehen. In einer weiteren Schwangerschaft, die meist komplett anders ist als die erste verläuft, können Sie sich dann immer noch je nach Situation, Gefühl, Angst etc. umentscheiden. Alles erdenklich Gute

von Prof. Dr. med. Lars Hellmeyer am 14.03.2014



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