Hallo!
Mein Sohn ist jetzt 5 Monate alt und bisher voll gestillt. Ich stille nach Bedarf. Das bedeutet von Geburt an immernoch alle 2h. Er trinkt nur 5 Minuten von einer Brust, das aber oft. Ich lege ihn auch an wenn er quengelig ist und ich nicht so recht weiß warum, wenn er überdreht ist usw. Ich merke langsam, dass er nach einigen Schlücken oft den Kopf weg dreht und weint. Ich hab dann das Gefühl, dass er satt ist und ich ihn zu oft stille. Seit ein paar Tagen gibt es Mittags ein paar Löffel Gemüse, die er mit Begeisterung probiert. Die meisten "Pläne" gehen von Mahlzeiten Morgens, Vormittags, Mittags, Nachmittags und Abends aus. Nach und nach sollen die Mahlzeiten ersetzt werden. Wäre es z.B. ab dem 6.Monat besser ihn an 5 feste Zeiten (Plus Nachts nach Bedarf) zu gewöhnen? Wie lange ist es gut dem Baby die Brust zur Beruhigung anzubieten? Er nimmt auch seinen Daumen. Ich habe Angst vor Übergewicht, Angewohnheiten usw. Zudem fänd ich einen geregelten Tagesablauf auch langsam schön. Essen und Schlafen findet täglich zu anderen Zeiten nach Bedarf statt. Ich kann keine Termine planen und ihn nie länger als 2h beim Papa lassen, weil er keine Flasche akzeptiert. Ab wann darf und soll ich also feste Mahlzeiten (auch die Stillmahlzeiten) und Schlafenszeiten einführen?
Ganz lieben Dank!
von
Lihannon
am 25.07.2017, 21:42
Antwort auf:
Wie lange kann ich nach Bedarf stillen?
Liebe Lihannon,
es gibt keine allgemeingültigen Aussagen zu deinen Fragen, sondern unendlich viele individuelle Lösungen, je nachdem, was zu welcher Familie passt.
Wenn du das Bedürfnis nach einem geregelteren Tagesablauf hast, dann spricht nichts dagegen, den einzuführen.
Falsch ist, was in vielen Büchern steht, dass der Brei die Brustmahlzeit ersetzen soll. Wir sprechen von BEI-Kost, nicht ANSTATT-Kost. Im Grunde heißt das, dass das Stillen weiter geht wie davor, aber zusätzlich andere Nahrung hinzukommt.
Den gesamten Flüssigkeitsbedarf im ersten Lebensjahr kann ein Baby über die Muttermilch decken. Doch du kannst ihm auch Wasser anbieten. Und Übergewicht bekommt ein Baby nicht durchs Stillen, sondern durch unpassende Beikost mit zu viel "leeren" Kohlehydraten und Zucker.
Es ist die Babynahrungsindustrie, die davon träumt, das Frauen nicht länger als unbedingt nötig stillen. Dann steigen ihre Umsätze - und nur darum geht es.
Da Stillen viel mehr ist als reine Ernährung, raten Stillexperten von festen Stillzeiten ab. Stillen nach Bedarf ist und bleibt die Option der Wahl, denn dann bekommt das Baby das, was es in dem Augenblick braucht, und das tut ihm am besten.
Muttersein ist einer der härtesten und anstrengendsten Berufe der Welt ist, der sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr einen 24 Stunden Dienst ohne Urlaubsanspruch und Krankschreiben bedeutet. Und an dieser Tatsache ändert sich nichts, ob frau nun stillt oder nicht.
Ich kann mich selbst noch gut daran erinnern, wie schwer es mir viel, gar keine "Freiheit" mehr zu haben, ständig die Abhängigkeit meines Kindes zu spüren. Das war nicht immer einfach... Doch es IST dein Leben, und du darfst davon ausgehen, dass es viele Jahre dauern wird, bis du wirklich mal wieder längere Stunden am Stück tun kannst, was du willst. Das klingt brutal, doch Muttersein schenkt uns auch viel. Und ganz ehrlich: Ich sehe so viele Menschen, die für Ihren Schoßhund bereit sind, diese Abhängigkeit in Kauf zu nehmen. Nur uns Müttern scheint es schwer zu fallen, die Bedürftigkeit unserer Kleinen vorbehaltlos anzunehmen. Dabei lässt sich so vieles auch MIT Kind machen. Ein Tragetuch oder eine GUTE Tragehilfe sind hier Gold wert. So kann Baby mit zu Veranstaltungen und Treffen, und es gibt Frauen, die auch Sport mit ihren Kleinen machen.
Das Schlafverhalten deines Sohnes kannst du nicht trainieren, ohne dass er dabei Schaden nimmt. Gerade in der Zeit ab etwa vier bis sechs Monate wachen viele Babys (wieder) vermehrt auf. Dies liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ...
Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet.
Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen (Ferbern/Schreienlassen), die von Stillexperten und Bindungspsychologen nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten.
Eine regelmäßige Zubettgehzeit ist nicht verkehrt, dabei findest du heraus, um welche Zeit ihm das am leichtesten fällt. Manche schlafen um halb 7 leichter ein als um halb 8, oder um 8 leichter als um 7. Die allermeisten brauchen jedoch ganz viel Mama (und Brust) dazu, und das ist in diesem zarten Alter absolut normal!
Probiere dich einfach aus, aber behalte dabei im Auge, dass es für die neurologische Entwicklung deines Kindes gut ist, wenn du seine Bedürfnisse wahrnimmst und adäquat beantwortest. Das darf schon auch Stillen bei Quängeln sein. Wenn du jedoch spürst, dass sich dein Kind langweilt, dann kannst du überlegen, was sein Bedürfnis nach Anregung besser befriedigen könnte.
Ich hoffe, meine Antworten helfen dir weiter, auch wenn sie vielleicht sehr "einseitig" klingen mögen.
Lieben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 26.07.2017