Warum ist mein Baby beim Stillen (und überhaupt) plötzlich so unzufrieden?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Warum ist mein Baby beim Stillen (und überhaupt) plötzlich so unzufrieden?

Hallo, mein Sohn ist nun 3 1/2 Monate alt und seit ca zwei Wochen ist er tagsüber oft unzufrieden und schreit. Versuche ich dann zu stillen, schreit er auch oft dabei die Brust an - d.h. saugt kurz, geht dann wieder weg und schreit und saugt wieder. Gebe ich ihm den Schnuller, so beruhigt er sich manchmal sogar eher. Dann weiß ich nicht, ob er eigentlich nun Hunger hätte oder eben nicht (er saugt ja schon immer wieder an der Brust). Eigentlich funktioniert das Stillen aber inzwischen kaum mehr ruhig. Letztens hat er sogar beim Stillen den Daumen in den Mund genommen - schien damit aber auch nicht so richtig zufrieden. Er hat schon immer sehr lange gebraucht beim Stillen. Nun weiß ich aber gar nicht mehr, wann er eigentlich fertig ist, da er immer wieder aufhört und aber auch immer wieder zu saugen anfängt, wenn man ihn wegnehmen möchte. Anfangs habe ich ihn eigentlich nur sechsmal in 24 Stunden gestillt (nach Bedarf, öfter hat er sich nicht gemeldet), einmal davon nachts zwischen 2 und 3. Seit zwei Wochen schläft er nun nachts durch (ich stille z.B. gegen 23 Uhr und dann erst wieder um 7). Tagsüber schreit er aber dafür oft schon nach 2 Stunden wieder und lässt sich eben weder durch Stillen noch durch kuscheln, spielen oder ähnliches richtig beruhigen (die volle Windel ist es auch nicht). Dass er nun tagsüber öfter trinkt, wenn er nachts nichts trinkt, leuchtet mir ja ein. Aber wir kommen nun auf sieben bis acht Stillmahlzeiten - also mehr als vorher. Ich dachte immer, die Anzahl der Stillmahlzeiten würde mit der Zeit geringer? Und überhaupt scheint er mir eben nicht richtig zufrieden zu sein beim Stillen. Manchmal trinkt er dann nach anfänglichem Weiterschreien, manchmal kommt er dabei aber erst so richtig in Rage. Probeweise habe ich ihm dann mal etwas abgepumpte Milch aus der Flasche gegeben, die er aber wiederum schon getrunken hat. Die Windeln sind weiterhin nass und er nimmt auch gut zu. Auch die Haut sieht gut aus. Allerdings hat er nun statt mehrmals täglich senffarben Stuhlgang nur einmal in der Woche orangefarbenen Stuhlgang. Ich frage mich, ob es mit dem Stillen nun nicht mehr klappt. Kann es sein, dass er nicht mehr genug Milch bekommt? Oder dass es ihm zu langsam geht? Den Milchspendereflex habe ich leider noch nie gespürt, aber die Milch scheint schon gleich zu kommen. Ich habe ihm bisher vielleicht fünft mal abgepumpte Milch aus der Flasche gegeben. Dadurch sollte doch keine Entwöhnung von der Brust stattgefunden haben, oder? Sollte ich ihn vielleicht nachts doch wieder stillen, auch wenn ich nicht das Gefühl habe, dass er Hunger hat? Er ist schon zwischendurch mal halbwach, nuckelt am Daumen, schläft dann aber ohne Meckern oder ähnliches wieder ein. Also nachts ist er sehr friedlich. Nur eben tagsüber überhaupt nicht mehr. Diese Schreianfälle mehrmals täglich kenne ich sonst nur aus den ersten sechs Wochen. Vielen Dank und viele Grüße, Verona P.S.: Das Abpumpen hat bei mir schon immer schlecht funktioniert. Anfangs ging so gut wie gar nichts. Inzwischen kann ich morgens an einer Seite so ca. 70 bis 100 ml als Vorrat abpumpen. Aber über das Abpumpen bekomme ich wohl nicht raus, wie viel Milch tatsächlich zur Verfügung steht und ob das nun reicht oder nicht...

von verona910 am 24.03.2014, 12:54



Antwort auf: Warum ist mein Baby beim Stillen (und überhaupt) plötzlich so unzufrieden?

Liebe verona910, ich befürchte, dass Ihr Baby durch die Flasche saugverwirrt ist. Die Trinktechniken an Brust und Flasche (künstlichem Sauger) unterscheiden sich grundlegend. Manche Kinder kommen mit dem Wechsel zwischen den beiden Techniken nicht klar und versuchen dann mit der falschen Technik an der Brust zu trinken. Das funktioniert nicht, das Kind bekommt an der Brust keine oder nur wenig Milch, ist frustriert und lehnt die Brust dann im schlimmsten Fall sogar ab. In dieser Situation spricht man dann von einer Saugverwirrung. Nun kann ein verhängnisvoller Kreislauf beginnen: da das Kind mit der falschen Technik an der Brust trinkt, wird es an der Brust hektisch, saugt an, lässt wieder los, dreht den Kopf hin und her schluckt viel Luft (die wiederum führt möglicherweise zu Bauchproblemen) und da es die Brust nicht mehr richtig stimuliert kommt es zu einem Rückgang der Milchmenge und damit zu weiterem Zufüttern, wenn dieser Kreislauf nicht unterbrochen wird. Eine Saugverwirrung ist alles andere als lustig und Stillberaterinnen wissen aus Erfahrung nur zu gut, warum sie künstlichen Saugern wie Schnuller und Flasche kritisch gegenüberstehen, denn beide bescheren uns immer wieder eine Menge „Beschäftigung". Eine Saugverwirrung lässt sich leider nie ganz ausschließen, auch nicht bei einem älteren Stillkind und auch nicht, wenn es vorher unter Umständen monatelang gut gegangen ist. Ein Versuch wäre es daher immer wert, die künstlichen Sauger wegzulassen. Versuchen Sie mal die folgenden Tipps: • im Umhergehen stillen, • in der Badewanne oder im Schaukelstuhl stillen, • im Halbdunkeln stillen, • im Halbschlaf stillen, • das Baby mit der Brust spielen lassen, • unterschiedliche Stillhaltungen ausprobieren, • alle künstlichen Sauger vermeiden, • das Baby massieren, • viel Körperkontakt (Haut auf Haut), • und ganz wichtig: keinen Stillstress erzeugen, weder bei der Mutter noch beim Kind, Ruhe und Gelassenheit, auch wenn es schwer fällt. Weitere gezielte Hilfe kann Ihnen eine Stillberaterin vor Ort im direkten Gespräch geben. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 24.03.2014