Sehr geehrte Frau Welter und Frau Wrede
ich wende mich an Sie da Sie mir empfohlen wurden und ich gelesen habe, dass es eine Emailberatung gibt.
Es tut mir leid aber diese Email wird lang.
Ich bin zur Zeit in der 27. Schwangerschaftswoche und habe dringende Fragen zum Stillen.
Ich erwarte mein drittes Kind und ich habe einen furchtbaren Still-Horror hinter mir, den ich jetzt unbedingt vermeiden möchte.
Ich versuche mal kurz zu erzählen, wie es bei meinen beiden Kindern ablief. Sie sind meine letzte Hoffnung, dass es diesmal doch mit dem Stillen klappen soll, das wäre mein größter Wunsch und ich bin leider aufgrund der Erfahrungen hilflos was das Stillen angeht.
Bei meiner ersten Tochter stellte sich erst im Krankenhaus raus, dass ich zu flache Brustwarzen habe. Ich konnte die Kleine garnicht anlegen und hatte bereits nach einem halben Tag stillen und falsches Anlegen blutende eingerissene Brustwarzen. Mir wurde sofort in der Klinik die Milchpumpe in die Hand gedrückt. Ich sollte alle 4 Stunden pumpen und füttern und zwischendurch Tee geben. Die Kleine hat nur die Flasche bekommen, ich sollte garnicht mehr anlegen. Als ich am vierten Tag meinen Milcheinschuss hatte und zu Hause war, hat auch meine Hebamme es nicht geschafft das Kind an die Brust anzulegen. Ich sollte weiter pumpen, da die Brustwarzen immernoch total kaputt waren. Nach ein paar weiteren Tagen konnten wir die Kleine mit Stillhütchen anlegen. Naja…nach weiteren ca. 2 Wochen pumpen/anlegen ging es tatsächlich und ich konnte die Kleine ausschließlich stillen. Dies habe ich auch wundervolle 10 Monate getan, auch ohne Hütchen.
Als ich meine zweite Tochter bekam, dachte ich , alles klar, klappt ja mit dem stillen ich habe es ja lange gemacht…Leider war dieses Mal so furchtbar, dasss ich weinend nach vier Wochen das Stillen mit Hormontabletten abgebrochen habe. Wieder war es so dass ich das Kind nicht anlegen konnte. Die Hebamme hat immer gesagt ich soll die Brust zusammendrücken zum anreichen und sie dann dem Kind in den Mund stopfen. Leider zieht sich meine Brustwarze zurück durch das zusammendrücken. Bereits nach einem halben Tag wieder blutende eingerissene Brustwarzen. Alles was die Klinik und dann auch meine Hebamme ab dem dritten Tag zu Hause versuchte, waren zig Salben und Hausmittelchen um die Brustwarzen zu heilen, anstatt zu schauen, dass das Kind richtig angelegt ist. Ich habe immer gesagt dass es sooooo weh tut dass ich denke dass sie nicht richtig angelegt ist,nicht genug Brust im Mund hat. Die Hebamme meinte aber es „schaut doch gut aus“ und gab mir weiterhin jeden Tag Salben und Zeug für die Brustwarzen, was natürlich alles kein bisschen half. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Dann am 4. Tag Milcheinschuss sind meine Brüste wieder explodiert. Ich muss dazu sagen dass ich jedes Mal sofort eher zu viel Milch hatte. Ich habe sehr große Brüste und durch die Milch und Schwellung war die Brust wie ein riesiger harter Ball ohne Brustwarze, das Kind konnte einfach nicht andocken. Ich sollte auch nur alle 4 Stunden anlegen weil ich eh schon so viel Milch hatte sagte die Hebamme und ich sollte nur einen halben Liter Wasser am Tag trinken damit die Milch zurück geht. Sofort einen Tag später hatte ich den ersten Milchstau mit fast 40 Fieber. Die Hebamme ölte die Brust ein und quetschte auf dem Gewebe rum damit die Knoten sich lösten. Dann Quark und Retterspitz drauf. Immernoch war es so, dass das Baby nicht richtig angelegt wurde, also ich denke das mal. Die Brustwarzen waren immernoch eine blutende rissige Katastrophe und bei jedem Anlegen weinte ich und das Kind schrie. Dazu machte mich die Hebamme verrückt dass das Kind anscheinend nur Vormilch bekam und wieso das denn nicht klappt…Ich hatte jeden zweiten Tag wieder einen neuen Milchstau mit Fieber und diese Schmerzen…Ich konnte nicht mehr….Ich habe es nicht geschafft das Kind richtig anzulegen und die Hebamme meinte nur alle vier Stunden und das ist schon richtig so wie ich es mache…
Das Ende vom Lied war dass ich nach vier Wochen so verzweifelt war und Abstilltabletten under Tränen geschluckt habe.
Nun mein „Hilfeschrei“.
Was kann ich besser/anders machen?
Irgendwie sind es mehrere Schwierigkeiten und ich weiß nicht wie ich es angehen soll.
Also flache Brustwarzen, dann nach dem Milcheinschuss alle anderthalb Stunden beide Brüste riesengroß und hart wie Stein, Warze flach, Kind kann nicht angelegt werden.
Soll ich den Stillrhytmus verändern? Wie lange denn ca. pro Brust stillen? Bei jedem Stillen beide Seiten geben?
Muss ich in meinem Fall anders anlegen oder etwas bestimmtes beachten?
Kann ich etwas einnehmen? Ich habe schon von Lecithin gelesen, aber da gibt es auch so viele verschiedene Produkte. Soll ich Stillhütchen kaufen? Aber welche Größe?
Es tut mir leid dass die Email sooo lang geworden ist. Ich hoffe so auf ihre Hilfe denn es ist mein größter Wunsch, dieses Kind zu stillen. Ich hoffe Sie haben ein paar Tipps für mich.
Allerherzliche Grüße,
Yvonne mit dem Kleinen im Bauch :)
von
DieYvi
am 19.05.2015, 11:05
Antwort auf:
Viele Stillprobleme...
Liebe Yvonne mit dem Kleinen im Bauch :),
lass dich erst einmal virtuell in den Arm nehmen von mir, da kommen mir ja schon fast die Tränen. Du hast keine gute Beratung gehabt und ich rate dir am dringendsten, dir rechtzeitig eine kompetente Kollegin vor Ort zu suchen!
Hohlwarzen sind nicht zwingend ein Stillhindernis. Diese Warzenform kann muss aber nicht Probleme beim Anlegen verursachen. Das englische Wort für "Stillen" verdeutlicht so schön, dass die Form der Brustwarze nicht unbedingt wichtig für den Stillerfolg ist: Stillen heißt "Breastfeeding" also Brusternährung. Es heißt nicht etwa "Nipplefeeding" sondern "Breastfeeding". Das Kind trinkt nicht ausschließlich an der Brustwarze, sondern an der Brust.
Ein korrekt angelegtes Kind umfasst nicht nur die Brustwarze, sondern auch einen Teil des Warzenhofes. Wenn ein Kind ausschließlich die Brustwarze beim Saugen an der Brust fasst, dann führt das zu wunden Brustwarzen.
Zunächst einmal sollte festgestellt werden, ob es sich bei den Brustwarzen um Hohlwarzen (eingezogen) oder Flachwarzen handelt. Dazu kann der "Kneiftest" verwendet werden. Der Brustwarzenhof wird etwa 2,5 cm hinter dem Brustwarzenansatz zusammendrückt. Tritt die Brustwarze dann hervor, handelt es sich nicht um eine echte Hohlwarze, und es ist meist keine besondere Behandlung notwendig. Zieht sich die Brustwarze zurück oder nimmt sie eine konkave Wölbung an, ist es eine echte Hohlwarze.
Hohlwarzen kommen in unterschiedlichen Ausprägungen vor. Manche Brustwarzen sind nur leicht eingezogen, und ein Baby mit normaler Saugfähigkeit kann sie ohne Schwierigkeiten herausziehen (allerdings kann ein frühgeborenes oder saugschwaches Baby zunächst durchaus Probleme haben). Andere Brustwarzen sind mäßig bis stark eingezogen, was bedeutet, dass sie sich beim Zusammenpressen stark zurückziehen, auf die gleiche Höhe oder vielleicht sogar noch hinter den umgebenden Brustwarzenhof. Eine tief eingesunkene Brustwarze kann das Ansaugen und das Stillen problematisch werden lassen. In diesem Fall kann eine Behandlung zum Herausziehen der Brustwarze während der Schwangerschaft sinnvoll sein.
Das Tragen von Brustwarzenformern (gibt es von den Firmen Medela und Ameda und können bei Apotheken oder der La Leche Liga oder LLL Stillberaterinnen bestellt werden) kann helfen, die Brustwarzen hervortreten und besser fassbar zu machen. Die mit der Schwangerschaft einhergehenden Hormonveränderungen erhöhen die Elastizität der Haut einer Frau.
Brustwarzenformer wurden erdacht, um diese natürliche Dehnbarkeit auszunutzen und durch sanften, aber fortwährenden Druck die Brustwarze herauszuziehen. Brustwarzenformer bestehen aus leichtem Hartplastik. Einige haben eine nachgiebige Innenseite aus Silikon (Medela). Sie sollen von der Mutter im Büstenhalter getragen werden. Der innere Ring übt sanften, aber anhaltenden Druck auf den Brustwarzenhof der Mutter aus, was die Brustwarze veranlasst, hervorzutreten und die Verwachsungen dehnt, die sie einziehen. Die Schale die mit Löchern versehen sein sollte hält den Büstenhalter von der nach außen strebenden Brustwarze fern.
Um sie bequem im Büstenhalter unterzubringen, kann es notwendig sein, dass die Mutter eine um eine Nummer größere Körbchengröße trägt. Ist der Büstenhalter der Mutter nicht groß genug, kann durch den Druck eine Brustentzündung hervorgerufen werden.
Brustwarzenformer sollten in den letzten Wochen (ev. drei Monaten) der Schwangerschaft verwendet werden, häufig ist es auch sinnvoll sie in der ersten Zeit nach der Geburt vor dem Anlegen zu tragen.
Seit einiger Zeit wird auch die "Niplette" auf dem deutschen Markt angeboten, um die Brustwarzen herauszuziehen und zu formen. Meine Erfahrungen mit diesem Hilfsmittel sind allerdings nicht überzeugend und außerdem kann die Niplette bei manchen Frauen wehenauslösend wirken.
Nach der Geburt kann wenn nötig der Einsatz einer Milchpumpe oder einer anderen Saugapparatur helfen, Flach oder Hohlwarzen unmittelbar vor dem Stillen herauszuziehen und dem Baby das Fassen der Brustwarze erleichtern.
Ganz wichtig ist, dass bei Hohl oder Flachwarzen auf absolut korrektes Anlegen geachtet wird.
Von Stillhütchen ist bei Hohlwarzen eher abzuraten.
In jedem Fall würde ich dir raten, noch während der Schwangerschaft eine Stillgruppe zu besuchen und sich dort informieren und beraten zu lassen. Dort lernst Du auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, falls es nach der Geburt zu Problemen kommen sollte.
Schau mal unter: http://www.lalecheliga.de/db/beraterin_suche_ext.php wer für dich die nächste Beraterin ist.
Ganz kurz kann man die wichtigsten Punkte für den Grundstein einer erfolgreichen Stillbeziehung auf die folgenden Schlagworte zusammenfassen:
Bald stillen oft stillen uneingeschränkt stillen keine Flüssigkeit oder andere Nahrung dazugeben außer bei medizinisch begründeten Fällen.
Das Baby sollte so bald wie möglich nach der Geburt zum ersten Mal angelegt werden und dann jederzeit und ohne zeitliche Einschränkung an die Brust dürfen, wenn es das will. Bei eher schläfrigen Kindern oder Babys mit verstärkter Neugeborenengelbsucht muss die Mutter unter Umständen den Takt angeben und dafür sorgen, dass das Kind mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an der Brust trinkt.
Tee, Glukoselösung oder Wasser sind überflüssig und vor allem bei einer eventuell verstärkten Neugeborenengelbsucht sogar kontraproduktiv. Das Bilirubin (der gelbe Farbstoff, der für die Gelbfärbung der Haut bei der Neugeborenengelbsucht verantwortlich ist) wird nur zu zwei Prozent über den Urin ausgeschieden, der Rest wird durch den Darm ausgeschieden. Daher ist es unsinnig, die Gelbsucht „ausschwemmen" zu wollen. Wichtig ist, dass der Darm mit Nahrung versorgt wird und die Verdauung angeregt wird, das Mekonium möglichst rasch ausgeschieden wird. Das Kolostrum, die wichtige erste Milch wirkt abführend und begünstigt damit die Ausscheidung des Bilirubins.
Der Organismus eines Neugeborenen ist auf viele, kleine Mahlzeiten eingestellt. Sein Magen hat etwa die Größe eines Teebeutels. Kleine Mengen an Muttermilch sind also absolut richtig und in Ordnung.
Wichtig ist, dass dein Baby ab dem zweiten, dritten Tag mindestens drei bis vier Darmentleerungen hat und ausreichend Urin ausscheidet. Eine Gewichtsabnahme von etwa sieben Prozent des Geburtsgewichtes innerhalb der ersten Tage ist normal, bis zehn Prozent sind bei einem ansonsten gesunden Kind tolerierbar. Spätestens mit drei Wochen sollte das Baby sein Geburtsgewicht wieder erreicht haben.
Milchbildungstee ist nicht notwendig und es hat keinen Sinn ihn bereits während der Schwangerschaft zu trinken. Wenn überhaupt Milchbildungstee getrunken wird, dann bitte auch nicht mehr als höchstens zwei bis drei Tassen täglich, da mehr zu Bauchproblemen beim Kind führen kann.
Wunden Brustwarzen und anderen Stillproblemen kannst Du am besten dadurch vorbeugen, dass Du dich informierst. Wunde Brustwarzen entstehen in über 80 % der Fälle durch falsches Anlegen oder Ansaugen. Es ist extrem wichtig, korrekt anzulegen, nicht nur um wunde Brustwarzen zu vermeiden, sondern auch, damit die Brust gut stimuliert und richtig entleert wird und so die Milchbildung gut in Gang kommt bzw. aufrecht erhalten wird.
Deshalb ist es entscheidend, dass Du dich möglichst gut über das Stillen und die grundlegenden Dinge wie korrektes Anlegen und Ansaugen, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Stillen nach Bedarf usw. informierst. Nochmals: Ganz wichtig ist, dass Du weißt, wie korrekt angelegt ist und woran Du erkennst, dass das Baby richtig ansaugt und effektiv an der Brust trinkt.
Hierzu bietet sich neben dem Lesen der entsprechenden Literatur (z.B. "Stillen gesund und richtig" von Denise Both und Gabi Eugster, "Das Handbuch für die stillende Mutter" von der La Leche Liga, "Stillen einfach nur stillen" von Gwen Gotsch) der Besuch einer Stillgruppe an. In einer Stillgruppe triffst Du nicht nur andere stillende Mütter, sondern Du lernst auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, für den Fall, dass es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen sollte.
Erkundige dich auch einmal, vielleicht gibt es in deiner Nähe ein stillfreundliches Krankenhaus, dort verläuft der Start der Stillbeziehung oft sehr viel besser und es gibt echte und gute Unterstützung nach der Geburt.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 19.05.2015