Liebes Stillteam,
Meine Große Tochter wird zur Geburt ihres Geschwisterchens 28 Monate alt sein. Wir haben uns zum Tandemstillen entschlossen und obwohl ich viel gelesen habe, würde ich gerne noch ein paar Fragen stellen.
Normalerweise würde sich in einer Schwangerschaft bereits das Kolostrum bilden, geschieht dies nun auch, während meine Große noch trinkt? Hat das irgendwelche Auswirkungen und wird direkt nach der Geburt des Babys in jedem Fall Kolostrum da sein, auch wenn sie z.B. kurz vorher noch gestillt hätte? Woher weiß mein Körper so genau, alles aufs Baby zuzuschneiden, wenn doch beide trinken? Wie stellt mein Körper das genau an?
Meine Tochter ist zwar nicht übergewichtig aber doch schon sehr kräftig. Ich habe etwas Angst, dass sie plötzlich so viel Milch trinkt, dass sie doch dick wird. Wir bewegen uns natürlich viel und ernähren uns sehr gesund aber dennoch könnte es ganz schön viel werden. Ist meine Sorge an der Stelle berechtigt?
Im Moment stillt sie nur beim Einschlafen und aufwachen aber das ist eher von mir auferlegt. Außerdem löse ich sie irgendwann da ich das Gefühl habe sie würde sonst niemals loslassen. Ich bezweifle aber, dass ich es nach der Geburt fertig bringen könnte, ihr das Stillen zu verwehren, wenn das Geschwisterchen grad stillt. Dadurch wird sie bestimmt sehr viel häufiger und mehr Milch trinken.
von
Avraa
am 13.06.2016, 12:57
Antwort auf:
Tandemstillen
Liebe Avraa,
die Zusammensetzung der Muttermilch richtet sich immer nach dem jüngsten Kind, das heißt bis zur Geburt wird wieder Kolostrum gebildet. Der Milcheinschuss und die Umwandlung des Kolostrums in reife Muttermilch wird genau so verlaufen wie nach jeder Geburt. Allerdings wirst Du vermutlich von Anfang an mehr Milch haben, da ja das „Große" die Milchbildung mit anregt und der Milcheinschuss muss nicht mit prallen, gespannten Brüsten verlaufen, wie das oftmals der Fall ist, sondern kann eher schleichend sein. Bei Bedarf, wenn das Baby die Brust nicht ausreichend leeren kann, kann dann das größere Kind durchaus einspringen und auch etwas abtrinken.
Wenn das größere Kind nur noch gelegentlich trinkt, muss nichts besonderes beachtet werde. Trinkt das größere Kind allerdings noch recht häufig (oder will es nach der Geburt plötzlich wieder deutlich häufiger trinken), dann empfiehlt es sich, dem Baby den Vorrang einräumen und es zuerst anlegen. Es ist aber auch möglich beide Kinder gleichzeitig anzulegen. Die Milchmenge wird sich auf den Bedarf der beiden Kinder einstellen.
Die spezielle erste Milch Kolostrum ist eine konzentrierte Form der Ernährung und enthält spezielle lmmunitäten, die das Neugeborene braucht. Kolostrum allein ist in kleiner Menge bis etwa zum dritten oder vierten Tag nach der Geburt vorhanden, wenn die meisten Mütter entdecken, daß ihre Milch gehaltvoller wird. Das passiert, wenn der Körper auf die Bildung der reifen Muttermilch umstellt, ein Vorgang, der ungefähr zwei Wochen braucht.
Wenn das ältere Kind nur gelegentlich stillt, muss die Mutter nicht darauf achten, dass das Neugeborene genug Kolostrum bekommt. Sollte das ältere Kind öfter stillen, möchte die Mutter vielleicht sicher sein, dass das Neugeborene auch Vorrecht an der Brust hat. Wenn die Mutter während der ersten Wochen Extra Hilfe zuhause hat, kann diese Hilfe oder der Vater vielleicht dem größeren Kind mehr Aufmerksamkeit widmen, so dass es für die Mutter einfacher ist, sich dem Baby zu widmen.
Ein stillendes neues Geschwister kann beim größeren Kind zeitweise den Wunsch vergrößern, auch öfter zu stillen. Für das größere Kind ist es auch mehr, als Ernährung; es ist Gemütlichkeit und Nähe. Wenn es besorgt ist und sich vom neuen Familienzuwachs bedroht fühlt, mag es sich vermehrt dem Stillen zuwenden, um sich rückzuversichern, dass es immer noch geliebt wird und seinen Platz an Mutters Brust hat. Besonders wenn es die tiefer werdende Zuneigung seiner Mutter zum Baby spürt, könnte das größere Kind einen Drang verspüren, seine eigene Bindung durch häufiges Stillen andere Bedürfnisse zu restabilisieren.
Das ältere Kind könnte während der ersten Wochen öfter lockerere Stühle haben, das hängt mit der laxativen Wirkung des Kolostrums zusammen. Es wird sich aber mit dem Wandel zur reifen Muttermilch ändern.
Auch wenn das größere Kind während der Schwangerschaft gestillt hat, kann es nach der Geburt zu Milchstaus kommen, besonders wenn das Neugeborene während der ersten Tage noch nicht so häufig trinkt. Wenn es möchte, kann das ältere Kind beim Vermeiden oder Erträglich Machen von Staus sehr hilfreich sein, wenn bei der Mutter sich nach dem dritten bis vierten Tag die Milch ändert. Manche älteren Geschwister verweigern die Brust bis sie sich wieder weicher und gewohnter anfühlt, andere sind ganz begeistert von der neuen Fülle.
Normale Hygiene ist ausreichend beim Tandemstillen. Regelmäßiges Baden oder Duschen, saubere Kleidung und normale Sauberkeit sind gut genug. Die Drüsen rund um die Brustwarze sondern eine antibakterielle Flüssigkeit ab und Babys sind mit einer Immunität gegen die meisten Haushalts (und Geschwister ) Keime geboren. Muttermilch enthält ebenfalls diese Immunglobuline. Wenn ein Geschwister krank ist, ist es nicht nötig, dass die Mutter jeweils beiden Kindern nur eine bestimmte Seite anbietet, weil die Krankheitserreger, die Erkältungen und andere Infektionen hervorrufen, schon ausgetauscht wurden, bevor die ersten Symptome zu sehen waren. Bis dahin hatten die Kinder denn auch schon einige Tage Gelegenheit, an der Brust die Keime auszutauschen. Ausnahme bei dieser Regel ist Soor, eine Pilzinfektion, die zwischen Mutter und Baby vorkommt, wie auch jede ernst oder extrem ansteckende Krankheit. In diesen Zeiten möchte die Mutter vielleicht jedes Kind auf "seine" Seite begrenzen.
Einer Mutter, die Zwei stillt, mag auffallen, dass sie hungriger und durstiger ist, als beim Stillen des ersten Babys. Um ihren gewachsenen Hunger zu befriedigen, könnte es hilfreich sein, nährstoffreiche Snacks parat zu haben und etwa alle zwei bis drei Stunden etwas zu essen. Vorkochen vor der Geburt wird es der Mutter später auch leichter machen, die benötigte Nahrung zu sich zu nehmen. Außerdem macht es das Einhalten der Essenszeiten in den ersten Wochen leichter.
Trinken Sie nach Durst. Sie können messen ob Sie genug trinken, indem Sie Ihren Urin beobachten. Ist er zu konzentriert oder dunkel, oder wenn Sie an Obstipation leiden, müssen Sie mehr trinken.
Sollten Sie noch Fragen haben, bin ich gerne für Sie da!
Eine schöne Schwangerschaft und eine gute Geburt, melden Sie sich, wenn das Baby da ist.
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 13.06.2016