Frage: Stillen von Nichte

Liebe Stillberaterinnen, meine Schwester hat vor zwei Tagen ein Baby auf die Welt gebracht, allerdings verlief die Geburt schwierig und meine Schwester hat viel Blut verloren. Der Kleinen geht es an sich gut, nur hat sie eine Gelbsucht, die derzeit im Krankenhaus mit Phototherapie behandelt wird. Durch die Gelbsucht ist die Kleine schläfrig und trinkt nicht so gut (schiebt die Brustwarze mit der Zunge weg), wobei dies natürlich gerade bei Gelbsucht wichtig wäre. Und durch den Blutverlust könnte es sein, dass meine Schwester auch noch nicht so viel Milch produziert. Im Krankenhaus wird die Kleine daher mit Flasche zugefüttert und meine Schwester soll während der Phototherapie abpumpen. Ich selbst habe vor 6 Wochen auch eine Tochter zur Welt gebracht. Sie wog schon bei der Geburt etwas über 4 kg und hat jetzt - mit nicht mal 6 Wochen - bereits 5,4 kg. Ich hab also genug Milch und meine Kleine weiß offensichtlich wie man richtig saugt. Daher hatte ich den Gedanken, dass ich vielleicht helfen könnte, indem ich meine Nichte stille. Bin zwar selbst noch nicht so stillerfahren, aber einen Versuch wäre es wert. Gleichzeitig dachte ich, könnten wir auch probieren, dass meine Schwester meine Kleine anlegt, die ja schon weiß wie man saugen muss - vielleicht würde das helfen um die Milchproduktion in Gang zu bekommen und auch meiner Schwester das "stillen lernen" erleichtern (ist auch ihr erstes Baby). Wäre das gut, bzw. hilfreich oder könnte es auch irgenwelche negativen Begleiterscheinungen haben? Meine Milch ist ja für ein für ein 6-wöchiges Baby ausgerichtet, während meine Schwester ja noch im Stadium der Vormilch ist. Würde dann meine Kleine die wichtige Vormilch "wegtrinken"? Und könnte meine Kleine dadurch verwirrt werden, dass plötzlich nur wenig Vormilch rauskommt? Und dass sie plötzlich von jemand Fremden gestillt wird? (Die beiden kennen sich noch nicht, da wir ein paar hundert km voneinander entfernt wohnen.) Und wenn wir es versuchen, wie sollte die Vorgehensweise aussehen? Wie oft täglich "tauschen" und für wie lange? Und noch eine andere Frage: Da meine Schwester und ich die selbe Blutgruppe haben, dachte ich auch, ich könnte ihr etwas Blut spenden, hab aber auch gehört, dass man das in der Stillzeit nicht tun sollte. Wie ist ihre Meinung dazu, wäre ein bisschen ok? Danke schonmal für die Antwort!! LG Tinkerbell

von Tinkerbell2016 am 30.08.2016, 15:46



Antwort auf: Stillen von Nichte

Liebe Tinkerbell, das "Ammenstillen" war in vergangenen Zeiten eine gängige Praxis und hat sicher vielen Babys das Leben gerettet, als es noch keine hochwertige künstliche Säuglingsnahrung gab. Auch heute noch listet die WHO gespendete Frauenmilch vor künstlicher Säuglingsnahrung auf, wenn es um die optimale Ernährung eines Babys geht. Es gibt einige Dinge, die Du und deine Schwester bedenken sollten: o deine Schwester muss ganz sicher sein, dass sie es emotional verkraftet, dass eine andere Frau ihr Baby stillt. Es mag rational betrachtet absolut unproblematisch sein, doch die Psyche einer Mutter spielt eine große Rolle und unsere Gefühle sind nicht vom Verstand steuerbar, gerade in den ersten Tagen, und wenn die Entwicklung des Babys eher kritisch verläuft o das Baby muss mitspielen. Je nach Alter und Persönlichkeit des Kindes kann es sein, dass es sich nicht von einer anderen Frau stillen lässt. Ist das Baby noch ganz jung, kann es anders herum auch passieren, dass das Kind dann bei der eigenen Mutter nicht stillen möchte... o es gibt zwar nur wenige Krankheiten, die über die Muttermilch übertragbar sind, doch es gibt bestimmte Risiken. So kann zum Beispiel der Zytomegalie Virus (CMV) durch das Stillen übertragen werden. Für das eigene voll ausgetragene Baby einer CMV positiven Mutter ist dies kein Problem, für ein fremdes Baby, dessen Mutter CMV negativ ist, kann es ein Problem werden. HTLV I (Human T Cell Leucaemia Virus) ist ein anderer Virus, der in dieser Hinsicht problematisch sein kann, ebenso HIV. Aus diesem Grund wird Spendermilch für ein fremdes Baby in den Milchbanken pasteurisiert. Bevor eine Frau also das Baby einer anderen Frau stillt, sollte sie ganz sicher sein, dass sie gesund ist... Es ist und bleibt umstritten, ob eine stillende Mutter Blut spenden darf/soll. Das Amerikanische Rote Kreuz empfiehlt stillenden Frauen, bis mindestens 6 Monate nach der Geburt zu warten, bevor sie wieder Blut spenden. LLL empfiehlt Mütter, ausführlich mit ihren Hausärzten darüber zu sprechen, ob Blutspenden für sie in Frage kommt. Bei der eigentlichen Blutspende werden Ihnen ca. 500 ml Blut entnommen, und je nach Größe und Gesamtgewicht hat ein erwachsener Mensch zwischen 4,5 und 6 Liter Blut in seinem Körper. Das DRK schreibt selbst dazu: "Die gespendete Blutmenge ist im Verhältnis zur Gesamtblutmenge des Körpers so gering, dass der Verlust vom Organismus schnell wieder ausgeglichen wird. Die für die Abwehr von Krankheitskeimen besonders wichtigen weißen Blutkörperchen und die Blutflüssigkeit, das sogenannte "Plasma", werden schon innerhalb nur eines Tages ersetzt, bei den roten Blutkörperchen dauert es etwas länger." Quelle: http://www.drk-blutspende.de/faq/faq_detail.php?faq_id=11 Immerhin, es ist schon eine beachtliche Menge Blut, die dann erst einmal fehlt, und da die Bildung von Muttermilch vom Blut abhängig ist, kann es tatsächlich Auswirkungen haben. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 30.08.2016