Stillen und starke Anhänglichkeit, wann wird das weniger?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Stillen und starke Anhänglichkeit, wann wird das weniger?

Liebe Beraterinnen Ich habe ein willensstarkes fast 18 Monate altes Mädchen welches sehr stark an mir klebt. Ich vermute dass es zu den so genannten hochsensiblen Kindern gehört. Sie liebt auch das Stillen über alles und in der Nacht habe ich schon fast alles ausprobiert um die Stillzeiten zu verringern. Sie schläft sogar überwiegend selbständig ein, nach dem sie sich entspannt gestillt hat da ich ihr die Brustwarze in der Regel entziehe bevor sie richtig eingeschlafen ist. Aber die Stillhäufigkeit verringerte sich durch diese Maßnahme nur phasenweise und nur wenig. Mein Kind hat einfach zu viele Baustellen. Kommt ein Zahn, dann ist alles wieder dahin und sie fällt für längere Zeit ins alte Aufwachmuster zurück. Während dem Laufen lernen kam sie (aus Angst?) bis zu halbstündlich an die Brust. Ein Urlaub bringt auch alles aus dem Lot. Ebenso natürlich Wachstumsschübe. Wenn bis abends turbulenter Besuch da war, ist die Nacht ebenso unruhig. Während der Besuch hier ist bzw. auch andere Kinder zum Spielen da sind verlässt sie sogar oft den Raum und geht in ein leeres Zimmer allein spielen da es ihr wohl zu umtriebig ist. Auch schreit sie oft wenn sie unter vielen Menschen ist. Lange Aufenthalte im Freien oder Schwimmen wirken sich eigentlich auch nicht erkennbar positiv auf den Schlaf aus. Der Stillentwöhnungsplan nach Elisabeth Pantley funktioniert nicht. Mein Kind stillt mehr oder weniger genauso oft wie gehabt in der Nacht, dockt aber inzwischen "brav" ab wenn sie unmittelbar vor dem Einschlafen ist und dreht sich dabei weg. Das ist der einzige Erfolg, nur dass er mir nichts hilft. Wieder aufwachen tut sie dann häufig schreiend. Wenn sie keine Brust kriegt wird sowieso massiv gebrüllt, ich gebe daher sofort. Aufs Klo gehen kann ich teilweise gar nicht in der Nacht da sie oft sofort aufwacht. Sie musste nie länger als wenige Sekunden warten wenn sie nach mir schrie und schreit trotzdem noch verzweifelt wenn sie mal allein aufwacht. Aber nur beim Nachtschlaf! Tags schläft sie super wenn ich das Zimmer nach dem Stillen verlasse und ruft mich geduldig wenn sie wach ist. Abends jedoch kommt sie meist gleich nach 20 min schreiend da sie es wohl nicht in den Tiefschlaf schafft. Ist mein Kind normal und was ist sein Hauptproblem? Ich hätte gerne ein zweites Kind aber noch keinen Zyklus außerdem würde es kräftemäßig zu viel für mich sein da mein Kind Tags und Nachts eigentlich pausenlos Mama fordert. Andere Personen nur wenn ich in Sichtweite bin. Alle halbe Stunde will sie mir jetzt schon längere Zeit das Shirt hochziehen und andocken. Oft lasse ich sie damit ich Ruhe habe. Sie hat auch extreme Gefühlschwankungen die sich in Sekunden ändern können und da ist das stillen durchaus praktisch. Wie lange muss ich denn mindestens damit rechnen dass mein Kind mich ein wenig entbehrt, pflegeleichter wird und besser schläft? Auch auf dem Hintergrund ihrer sensiblen Persönlichkeit. Und ab wann besteht die Hoffnung dass sie sich dauerhaft mehr von fester Nahrung ernährt? Manche Tage sind immer noch nahe am vollen Stillen und morgens bin ich häufig kurz vor dem Austrocknen, soviel kann sie trinken... Tut mir leid für soviel Text. Ich musste mal ablassen. Krise.... Natürlich genieße ich auch ihre Anhänglichkeit aber ich weiß nicht ob ihr das in dem Maße so gut tut, abgesehen von meinem Limit an das ich oft komme. Vielen Dank für ein paar Worte!

von JulianeMaria am 25.01.2016, 15:30



Antwort auf: Stillen und starke Anhänglichkeit, wann wird das weniger?

Liebe JulianeMaria, für viele von uns ist es sehr ungewohnt zu sehen, wie begeistert und mit wie viel Freude ein Kleinkind stillt. Dein Kind verhält sich gar nicht so „brustversessen" wie Du glaubst, viele langzeitgestillte Kinder zeigen sehr deutlich wie viel ihnen das Stillen bedeutet. All diese theoretischen Überlegungen helfen dir jedoch nicht weiter, denn Du fühlst dich in der derzeitigen Situation unwohl. Wenn sich in einer Stillbeziehung ein Partner nicht mehr wohl fühlt, dann ist es an der Zeit zu überlegen, was geändert werden kann. Sicher ist ein 18 Monate altes Kind noch nicht in der Lage alles Gesprochene bis ins letzte Detail zu verstehen, doch ich denke, dass der erste Schritt für dich sein sollte, dass Du mit deinem Kind darüber sprichst, wie es dir geht und was Du nicht mehr möchtest. Dann könnt ihr als Eltern eine Art Plan machen, wie ihr vorgehen wollt, um das Stillen etwas einzuschränken. Stillen nach Bedarf ist bei einem Kind über einem Jahr nicht mehr ein so eng gefasster Begriff wie bei einem kleinen Baby und liebevoller Konsequenz lassen sich auch bei einem Kind in diesem Alter in einem gewissen Rahmen Regeln aufstellen. Selbstverständlich wird sich nicht von heute auf morgen eine plötzliche Änderung ergeben, das geschieht in kleinen Schritten und selbstverständlich wirst Du mit Rückschritten rechnen müssen, doch mit viel Liebe und Beharrlichkeit, kannst Du einen Weg finden, dass ihr wieder zu einer harmonischen Stillbeziehung finden werdet. Falls Du feststellst, dass das punktuelle Abstillen (also eine Art eingeschränktes Stillen) für dich immer noch nicht der Weg ist, den Du gehen willst, dann solltest Du dich in einem ruhigen Moment mit dir selbst auseinander setzen, was Du willst und dann entsprechend dieser Entscheidung und ohne Zweifel handeln. Wichtig ist dabei, dass Du dir deiner Entscheidung ganz sicher bist, denn jedweden Zweifel wird dein Kind sofort spüren und entsprechend handeln. Ich möchte Dir nun noch ein paar nicht so drastische Methoden ein Kind abzustillen beschreiben. Vielleicht findest Du etwas, was Dir zusagt. Eine Methode, die sich beim allmählichen Abstillen bewährt hat heißt „biete nicht an, lehne nicht ab". Das bedeutet, dass Du deinem Kind die Brust nicht von dir aus anbietest, aber auch nicht ablehnst, wenn es danach verlangt. Viele Kinder wurden auf diese Weise abgestillt. Eine weitere Möglichkeit heißt Ablenkung. Durch Ablenkung abzustillen bedeutet, deine Gewohnheiten von Tag zu Tag erheblich zu verändern. Du musst die vertrauten Stillsituationen vermeiden und neue Betätigungsfelder schaffen. Für das eine Kind kann das bedeuten, dass Ihr viel häufiger Ausflüge zu Orten unternehmt, die deinem Kind gefallen und wo es viele Menschen und viel Trubel gibt. Für ein anderes Kind bedeutet dies vielleicht, das Leben erheblich ruhiger zu gestalten, um Situationen, die es als bedrohlich empfindet, zu verringern. Es kann auch ablenkend wirken, wenn Du dein übliches Verhalten in bestimmten Situationen veränderst. Wenn Du zum Beispiel sitzen bleibst anstatt dich hinzulegen, wenn Du dein Kind zum einschlafen bringst. Andere Möglichkeiten sind Vorlesen, Singen oder vielleicht ein neues Spielzeug. Manchmal bringt es dich auch weiter, wenn du das Stillen immer dann, wenn dein Kind diesen Aufschub verkraften kann, für eine Weile verschiebst. Das kannst Du flexibler handhaben als den Vorsatz eine bestimmte Stillmahlzeit ausfallen zu lassen. Du kannst auch versuchen die Stillzeiten zu verkürzen. Viele Mütter haben festgestellt, dass es wirksam und relativ wenig belastend ist, ein Kind so oft anzulegen, wie es möchte, aber es nicht so lange zu stillen. Du kannst dein Kind eine kleine Weile anlegen und es dann ablenken oder ihm etwas zu essen anbieten. Außerdem möchte ich dir das Buch „Wir stillen noch über das Leben mit gestillten Kleinkindern" von Norma J. Bumgarner empfehlen. Dort findest Du viele Tipps für das Stillen von älteren Babys und Kleinkindern. Das Buch ist im Buchhandel, bei der La Leche Liga und bei jeder LLL Stillberaterin erhältlich. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 25.01.2016