Liebe Stillberatung,
ich fasse mich kurz und hoffe, Sie können mir eine eindeutige Antwort geben?
Ich weiß, dass Rauchen immer schlecht ist. Dennoch, ich habe vor der Schwangerschaft geraucht und mit dem positiven Test in der neunten SSW von jetzt auf gleich aufgehört. Nicht für mich, sondern nur für meine Tochter.
Meine Tochter ist jetzt knapp über ein halbes Jahr alt. Ich habe die ganze Zeit über nicht geraucht und mich sehr gequält, und jeden Tag gezählt, bis ich abstillen kann und endlich wieder einbisschen ich sein und eine rauchen.
Diskussionen über Sinn und Unsinn dürfen sich die Forenmitglieder (damit meine ich nicht Sie aus der Stillberatung!), erst recht jene, welche mich und mein Leben nicht kennen, sparen und ihre wertvolle Zeit lieber ihren Kindern widmen.
Mit der Beikost klappt es noch nicht. Fläschchen ebenfalls nicht.
Ich liebe mein Kind mehr als mein Leben, und dennoch bin ich noch nicht bereit es so völlig aufzugeben. Die Gründe spielen keine Rolle, aber ich würde gern über's Wochenende 3-5 Zigaretten pro Tag rauchen. Es geht jetzt wirklich nur um das verlängerte Wochenende (4 Tage).
Ich möchte eigentlich nicht unbedingt wegen dieser 4 Tage gleich ganz abstillen.
Die Frage ist jetzt nur, wie schlimm ist es, wenn ich mir diese paar Tage hin und wieder mal eine Zigarette gönne?
Ich bin alt genug und stark genug, es danach wieder ganz aufzuhören, aber ich möchte mir dieses eine Wochenende so unheimlich gerne gönnen.
Ich bedanke mich schon jetzt ganz herzlich für Ihre Antwort.
von
Kindersegen014
am 12.05.2015, 09:58
Antwort auf:
stillen rauchen
Liebe Kindersegen014,
natürlich ist es das Beste, wenn eine Mutter nicht raucht, darüber brauchen wir wohl nicht zu diskutieren. Wenn man sich die Situation mal objektiv anschaut, wird ein Kind einer Raucherin in einem Umfeld mit Zigarettenrauchs mit all seinen Nachteilen aufwachsen. Demgegenüber stehen die Vorteile des Stillens, auch wenn die Milch mit Nikotin belastet sein wird.
Nikotin tritt rasch in die Muttermilch über. Cotinin, das wichtigste Stoffwechselprodukt des Nikotins, erscheint ebenfalls rasch in der Muttermilch. Mit zunehmender Zahl gerauchter Zigaretten steigen Nikotin und Cotiningehalt in der Muttermilch an (Schwartz Bickenbach et al., 1987). Neben Nikotin und Cotinin sind weitere hochgiftige und auch krebserregende Stoffe in der Muttermilch von Raucherinnen zu erwarten. So sind z.B. die Kadmiumkonzentrationen in der Muttermilch gegenüber denen von Nichtraucherinnen deutlich erhöht (Radisch et al., 1987).
Mögliche Folgen des mütterlichen Rauchens können bei der Mutter ein niedrigerer Prolaktinspiegel und beim Baby ein höheres Risiko für Atemwegserkrankungen, ein höheres Risiko für den Plötzlichen Kindstod und bei extrem starken Rauchen Erbrechen, Durchfall und schneller Herzschlag sein. Diese kindlichen Probleme treten aber auch bei passivem Rauchen auf.
Der Plötzliche Kindstod (SIDS) kommt häufiger vor bei Babys von Rauchern. Gestillte Babys von Rauchern haben ein SIDS Risiko, das dem von nicht gestillten (nicht gestillte Babys haben ein höheres Risiko als gestillte Babys) Babys von Nichtrauchern gleich ist. Babys von Rauchern haben häufiger Atemwegserkrankungen. Diese Auswirkungen des Rauchens werden abgemildert wenn das Baby gestillt wird.
Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" von Schaefer und Spielmann 7. Auflage, Juni 2006:
`Stillenden Müttern ist dringend zu raten, das Rauchen einzustellen und auch darauf zu achten, dass der Säugling nicht durch andere Raucher in der Umgebung mitrauchen muss. Wenn nicht bereits während der Schwangerschaft, sollte spätestens ab der Geburt der Haushalt zur Nichtraucherzone erklärt werden. Sollte der Mutter das Einstellen des Rauchens nicht möglich sein, muss zumindest versucht werden, die Zahl der täglich gerauchten Zigaretten auf 5 zu begrenzen. Ob ab 10 oder 15 Zigaretten täglich empfohlen werden sollte (Anmerkung: andere Autoren geben eine Zahl von 20 an) ist müßig zu erörtern. Es gibt keine Studien, die belegen, ab welcher Zigarettenzahl die Vorteile des Stillens von den Nachteilen des Rauchens überwogen werden. Außerdem ist nicht nur die Anzahl relevant. Das individuelle Rauchverhalten wie Inhalieren, Verwerfen von Zigarettenresten und Markenwahl beeinflusst den Toxineintrag in die Milch ebenfalls erheblich. Einige Autoren empfehlen, wenigstens 2 bis 3 Stunden vor dem Anlegen nicht zu rauchen. Dies erscheint bei Vielraucherinnen wenig praktikabel. Es mag aber als Anreiz zum Wenigerrauchen dienen."
Soweit also der wissenschaftliche Hintergrund.
Außerdem zitiere ich aus dem Buch "Stillen gesund und richtig" haben Gabi Eugster und Denise Both, die das Thema Rauchen nämlich auch besprochen haben und ich zitiere dir da jetzt mal aus dem entsprechenden Absatz:
"Raucht eine Mutter - aktiv oder passiv - dann lässt sich Nikotin im Urin ihres Babys nachweisen. Die Folge ist, dass der kleine Liebling schlechter schläft. Säuglinge, deren Mütter kurz vor dem Stillen eine Zigarette anzündeten, schliefen 37 % weniger, als wenn die Frauen auf Zigaretten verzichteten. Kinder von Raucherinnen haben ein erhöhtes Risiko für den Plötzlichen Kindstod, bei starken Raucherinnen kann es zudem zu Erbrechen, Durchfall und Herzrasen beim Kind kommen. Passivrauchen steht in Zusammenhang mit frühzeitigem Asthma, Unruhe und Darmkoliken.
In der oben erwähnten Untersuchung tranken die Babys hingegen die gleiche Menge, sie schienen sich am "Rauchgeschmack" der Muttermilch nicht zu stören. Doch genau hier liegt eines der Probleme. Allgemein gilt: Mit der Muttermilch gewöhnen sich die Kinder an die Geschmäcker der Nahrungsmittel, die Mama isst - und sie bevorzugen diese auch später. Doch keine Mutter kann ernsthaft daran interessiert sein, dass das Baby den Rauchgeschmack mag."
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 12.05.2015
Antwort auf:
stillen rauchen
Vielen Dank für den ausführlichen Text. Schade, ich habe gedacht, ich bekomme hier eine Antwort, die nicht nur aus Zitaten besteht. All das wusste ich nämlich auch schon. Die Frage war, ob es einen Unterschied macht, ob Frau an 4 Tagen je 2-5 (vielleicht sogar nur eine, soetwas plant man schließlich nicht bewusst) Zigaretten raucht - im Gegensatz zum Dauerrauchen.
Trotzdem vielen Dank, es ist und bleibt wohl ein heißes Thema.
von
Kindersegen014
am 14.05.2015, 00:01