Frage: Stillen mit Lamotrigin?

Liebes Stillberatungsteam, Mein Baby ist nun 16 Tage alt. Bis heute habe ich voll gestillt. Nachdem ich am Samstag meinen ersten epileptischen Anfall hatte und nun festgestellt wurde, dass dieser durch einen gutartigen Tumor ausgelöst wurde, verschreiben mir die Neurologen heute Lamotrigin. Heute beginnend mit 25mg und das soll gesteigert werden um 25mg je Woche bis ich 100 morgens und abends nehme. Die Neurologen haben sich mit dem Kinderarzt in der Klinik beraten und ich darf selbst entscheiden ob ich weiterhin stillen werde oder nicht. Ich habe im Internet versucht zu recherchieren und stoße nur auf Erfahrungsberichte derjenigen, die bereits in der Schwangerschaft dieses antiepileptikum genommen haben und wo es heißt dass ein Entzug dem Baby noch mehr schaden würde. Nun bin ich total verunsichert und weiß nicht ob ich weiterhin stillen sollte oder lieber nicht..Der Gedanke abstillen zu müssen macht mich sehr traurig, aber ich möchte meinem Kind auch keinen Schaden zufügen, wenn dieses Medikament lieber nicht über die Muttermilch weitergegeben werden sollte. Haben Sie bereits Erfahrung zu diesem Thema und können mir weiterhelfen? Vielen Dank und LG Julia

von Julik2016 am 02.08.2016, 17:12



Antwort auf: Stillen mit Lamotrigin?

Liebe Julia, oh je, was für ein Schreck! Ich zitiere Ihnen aus "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit", Spielmann, Schaefer, 7. Auflage 2006: Neuere Antiepileptika (Zusatzantiepileptika) Lamotrigin Zwei Fallberichte (Rambeck 1997, Tomson 1997) und eine Untersuchung an neun Müttern (Öhman 2000) zu Lamotrigin (Lamictal®) ergeben einen M/P-Quotienten von etwa 0,6. Lamotrigin geht offenbar in erheblichem Maße in die Milch über. Bis zu 6,5 mg/l fanden sich in der Milch einer Frau, die täglich als Monotherapie 300 mg einnahm. Das entspricht einer maximalen relativen Dosis von 20%. Im Serum des unauffälligen Kindes wurden mit bis zu 2,8 mg/l gemessen, eine nahezu therapeutische Serumkonzentration (3,6-9,6 mg/l). Bei 4 weiteren Mutter-Kind-Paaren wurden 10 Tage nach Geburt bei Tagesdosen zwischen 200 und 800 mg zwischen 4,6 und 9,2 (µg/ml im Serum der Mütter und zwischen < 1 und 2,0 (µg/ml im Serum der Kinder gemessen. Prozentual ergaben sich bei 3 Kindern zwischen 20 und 43 % der mütterlichen Serumkonzentration. Nach 2 Monaten waren es 23% (Liporace 2004). Empfehlung für die Praxis: Bei guter Beobachtung des Kindes spricht eine Monotherapie mit einem der neuen Antiepileptika nicht grundsätzlich gegen volles Stillen. Im Fall neu auftretender, nicht anders zu erklärender Symptome während der Stillzeit sollte der Kinderarzt aufgesucht und ein embryonaltoxikologisches Zentrum konsultiert werden. Bei Frühgeborenen, anderen Risikosituationen und bei einer antiepileptischen Kombinationstherapie muss im Einzelfall über das Stillen entschieden werden. Am besten wendet sich Ihre behandelnde Ärztin/Arzt an die Beratungsstelle für Embryotoxikologie in Berlin Tel.: 030 30308111. Das Team um Dr. Ch. Schaefer hat dort einen speziellen Beratungsdienst für Ärzte zu Medikamentenfragen und Fragen zu Diagnoseverfahren in Schwangerschaft und Stillzeit eingerichtet. Sehr viele Menschen, die an Epilepsie leiden, können durch Medikamente ein anfallsfreies Leben führen, leider nicht alle. Durch die Hormonveränderungen der Schwangerschaft kann (nicht muss) es zudem zu Veränderungen auch im Krankheitsbild der Epilepsie kommen. Daher sollte eine Epileptikerin einige Vorbereitungen treffen, die Sicherheit des Babys für den Fall, dass die Mutter einen Anfall erleidet, gewährleisten. Diese Sicherheitsmaßnahmen gelten nicht nur für stillende Frauen, sondern auch für nicht stillende Mütter: • Die Mutter sollte, wenn vorhanden, in einem großen, weichen Sessel stillen. Sollte es zu einem plötzlichen Anfall kommen, trägt die Polsterung dazu bei, die Mutter in dem Sessel zu halten und das Baby zu schützen. • Stillt die Mutter in einem Schaukelstuhl oder einem anderen Stuhl, dessen Armlehnen nicht gepolstert sind, sollte sie die Lehnen polstern lassen. Eine Möglichkeit wäre, zwei dick gefaltete Handtücher um jede Armlehne zu wickeln und sie anzuheften, damit sie an Ort und Stelle bleiben. Dadurch entsteht ein Kissen für den Kopf des Babys und eine Polsterung für den Fall eines Anfalls. Zusätzliche Kissen können dabei helfen, Prellungen bei der Mutter zu vermeiden. • Stillt die Mutter in aufrecht sitzender Haltung, sollte sie ihre Füße durch einen kleinen Schemel höher stellen. Bei erhöht stehenden Beinen würde das Baby bei einem Anfall in ihren Schoß rollen. • Möchte die Mutter mit ihrem Baby zusammen schlafen, kann sie Bettgitter und Kissen zum Polstern benutzen. Auf einer Decke auf dem Boden zu liegen bietet ebenfalls Sicherheit für Mutter und Baby. • In jedem Stockwerk des Hauses sollte ein Laufstall oder ein (Reise)Bett aufgestellt werden. Spürt die Mutter, dass es zu einem Anfall kommt, kann sie ihr Baby an einem sicheren Platz ablegen. • Sobald das Baby krabbelt oder ins Kleinkindalter kommt, sollten an Treppen und Eingängen Gitter angebracht werden, so dass das Kind bei einem Anfall in einer sicheren Umgebung bleibt. • Wenn die Mutter mit dem Baby ausgeht, sollte sie einen Aufkleber oder einen Anhänger am Kinderwagen oder Buggy anbringen, mit einer Erklärung, dass sie unter Epilepsie leidet, und den Namen des Babys und einer Verwandten oder Freundin nennen, die erreichbar sind, um bei der Versorgung des Babys zu helfen. Alles alles Gute! LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 02.08.2016