Stillen beim 2. Kind trotz Probleme beim 1. Kind

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Stillen beim 2. Kind trotz Probleme beim 1. Kind

Sehr geehrte Frau Welter, ich wollte mein erstes Kind unbedingt stillen. Gesagt, getan. Nur hat es leider nicht so funktioniert, wie gedacht. Nachdem ich den Milcheinschuss hatte, wurde meine Brust steinhart, tat furchtbar weh und schwoll auf die Größe einer Wassermelone an (kein Scherz!).Meine Nachsorgehebamme massierte mir den Milchstau raus, machte warme Umschläge und half mir, mein Kind auf verschiedenste Weisen anzulegen... mit Stillhütchen... ohne Stillhüten... dadurch, dass die Brust so geschwollen war, war meine Brustwarze komplett verschwunden, sodass der Kleine nicht mal richtig andoggen konnte. Nachdem ich dann versucht habe abzupumpen, kam fast nichts raus, sodass meine Hebamme mir riet, ich solle besser abstillen, da ich fast keine Milch habe, weil ich ne Fleischbrust hab. Zudem litt ich noch an sehr starken Wochenbettdepressionen, die durch das missglückte Stillen nur noch schlimmer wurden. Mit dem Fläschen war es für mich eine riesige Erleichterung. Nun erwarte ich im Januar mein 2. Kind und die Hebamme meinte damals, dass ich mir den Spuck gar nicht antun soll und gleich anstillen soll beim 2. Kind. Einerseits verständlich, da ich so eine Horrorerfahrung hatte. Andererseits quält mich der Gedanke, dass es diesmal vielleicht doch klappen könnte. Ich hab aber riesige Angst, dass ich wieder sowas erlebe und damit nur Stress für mich und mein Neugeborenes entsteht. Was würden Sie empfehlen? Ist sowas bei mir vorprogrammiert oder sollte ich es nochmal mit dem Stillen wagen? Entschuldigung für den langen Text und vielen Dank schonmal im Voraus! Mit freundlichen Grüßen!

von katinka_wkb am 23.09.2015, 23:05



Antwort auf: Stillen beim 2. Kind trotz Probleme beim 1. Kind

Liebe katinka_wkk, wenn ich für jedes Mal, wenn mir das Ammenmärchen von der „Fleischbrust“ erzählt wurde, einen Euro bekommen hätte, dann wäre eine schöne Summe zusammengekommen. Für den Stillerfolg einer Frau ist es absolut unerheblich, wie ihre Brust aussieht, ob sie groß oder klein ist, apfel- oder birnenförmig und was sonst noch so alles erzählt wird. Der Anteil an Drüsengewebe in der Brust ist bei allen Frauen weitgehend gleich. Größenunterschiede ergeben sich durch unterschiedliche Mengen an Fettgewebe. Doch dieses Fettgewebe hat keinen Einfluss auf die Milchbildung oder die Stillfähigkeit. Niemand kann einer Brust ansehen, dass die Frau nicht wird stillen können (außer er hat hellseherische Fähigkeiten).Höchstens fünf Prozent aller Frauen können nicht oder nicht voll stillen. Die restlichen über 95 % können stillen, wenn sie es wollen und die richtigen Informationen und Unterstützung erhalten und es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch Ihre Mutter und Ihre Schwester hätten stillen können, wenn sie korrekt beraten und gut betreut worden wären. Die wichtigsten Punkte für den Grundstein einer erfolgreichen Stillbeziehung auf die folgenden Schlagworte zusammenfassen: Bald stillen - oft stillen - uneingeschränkt stillen - keine Flüssigkeit oder andere Nahrung dazugeben außer bei medizinisch begründeten Fällen. Die wichtigste Vorbereitung für das Stillen ist INFORMATION. Sehr viele Stillprobleme lassen sich vermeiden, wenn die Frau über die richtigen Informationen verfügt und zusätzlich eine kompetente Unterstützung erfährt. Wunden Brustwarzen und anderen Stillproblemen können Sie am besten dadurch vorbeugen, dass Sie sich informieren. Wunde Brustwarzen entstehen in über 80 % der Fälle durch falsches Anlegen oder Ansaugen. Es ist extrem wichtig, korrekt anzulegen, nicht nur um wunde Brustwarzen zu vermeiden, sondern auch, damit die Brust gut stimuliert und richtig entleert wird und so die Milchbildung gut in Gang kommt bzw. aufrecht erhalten wird. Deshalb ist es entscheidend, dass Sie sich möglichst gut über das Stillen und die grundlegenden Dinge wie korrektes Anlegen und Ansaugen, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Stillen nach Bedarf usw. informieren. Nochmals: Ganz wichtig ist dass Sie wissen, wie korrekt angelegt ist und woran Sie erkennen, dass das Baby richtig ansaugt und effektiv an der Brust trinkt. Hierzu bietet sich neben dem Lesen der entsprechenden Literatur (z.B. „Stillen - Rat und praktische Hilfe für alle Phasen der Stillzeit“ von Marta Guoth-Gumberger und Elizabeth Hormann, „Das Handbuch für die stillende Mutter“ von der La Leche Liga, „Stillen - einfach nur stillen“ von Gwen Gotsch, das erste bekommen Sie leider nur noch gebraucht (z.B. bei amazon), die beiden letzteren im Buchhandel, bei der La Leche Liga oder jeder LLL-Stillberaterin) der Besuch einer Stillgruppe an. In einer Stillgruppe treffen Sie nicht nur andere stillende Mütter, sondern Sie lernen auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, für den Fall, dass es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen sollte. In jedem Fall würde Ihnen raten, noch während der Schwangerschaft eine Stillgruppe zu besuchen und sich dort informieren und beraten zu lassen. Dort lernen Sie auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, falls es nach der Geburt zu Problemen kommen sollte. Wenn Sie mir schreiben, wo Sie wohnen, kann ich Ihnen die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraussuchen. Eine schöne Schwangerschaft und eine gute Geburt LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 24.09.2015