Liebes Stillberatungs-Team,
die lezten Tage war bei uns große Hitze, leider auch in der Wohnung: tagsüber waren es 30 Grad, nachts 27.
Nun ergab sich das Problem, dass mein Sohn (4 Monate) plötzlich 2 Nächte eine leer Windel hatte (die war von 20-3 Uhr dran, kurz nach dem Wechsel hat er aber ein wenige gepullert). Tagsüber waren sie auch etwas leichter, aber noch nass (habe den 6-Esslöffel-Test gemacht).
Die Kinderärztin meinte dann, er er halte nicht genug Flüssigkeit, ich solle ihm mehr anbieten und ihn nachts auch wecken (vorher hat er so seine 6 Std. durchgeschlafen). Wecken nachts war kein Problem, da hat er auch getrunken. Aber tagsüber fand ich es schwer, ihn zum Trinken zu "zwingen". Ich stille voll, habe ihn dann jede Stunde angelegt. Aber oft hat er nur genucklelt und nicht getrunken. Dachte erst ich hätte nicht genug Milch, aber als ich draufgedrückt hab, spritzte die Milch raus. D.h. er hatte wohl kein Trinkverlangen. Die Windeln füllten sich durch die Aktionen auch nicht wesentlich mehr. Und der Kleine schlief dann öfter, war allgemein ruhiger und ziemlich ko durch die Hitze. Aber nicht lethargisch oder so.
Dann fingen alle in ,meinem Umfeld an zu sagen, ich soll ihm doch zusätzlich Wasser oder Tee geben. Das wollte ich aber nicht. Da wurde ich als "schlechte Mutter" dargestellt, die ihrem armen Kind die Flüssigkeit bei Hitze verwehrt. Ich war echt fertig.
Nun, da es kühler ist, ist der Spuk vorbei. Die Windeln sind wieder prall voll und der kleine Mann fit und aktiv.
Nun meine Frage: wie mach ich es denn nun richtig bei der nächsten Hitzewelle?
Soll ich abpumpen und ihm Mumi eintrichtern (das würd ich nur im Notfall tun, da ich abpumpen als sehr unangenehm empfunden hab, als ich es mal getestet hab)? Ihn nicht alle Stunde sondern seltener anlegen? Ihn wirklich wieder nachts wecken?
Vielwn DAnk für die Hilfe!
Anja
von
AnjaErdbeereis1
am 08.07.2015, 12:36
Antwort auf:
Stillen bei Hitze
Liebe Anja,
selbst in heißen Klimaten ist keine zusätzliche Flüssigkeitsgabe notwendig. Zusätzlicher Saft oder Tee würde nur dazu führen, dass das Interesse des Babys an der Brust nachlässt und das wiederum wirkt sich ungünstig auf die Milchproduktion aus. Die Milchmenge richtet sich danach, wieviel das Baby trinkt. Wird es seltener angelegt, geht die Milchmenge zurück. Tee oder Saft haben keinen bzw. nur einen geringen Nährwert und können deshalb das Gedeihen des Babys negativ beeinflussen. Außerdem besteht bei der Verwendung von künstlichen Saugern die Gefahr einer Saugverwirrung.
Wenn es so heiß ist, solltest Du dein Baby tatsächlich wecken, damit es ausreichend Flüssigkeit bekommt. Auch solltest Du oft anlegen, auch wenn dein Baby nur kurz trinkt.
Zur eingehenderen Information hänge ich den Artikel einer Kollegin an.
LLLiebe Grüße
Biggi
Ist zusätzliche Flüssigkeit für gesunde, voll gestillte Babys notwendig?
Von Denise Both, IBCLC
Immer wieder wird stillenden Müttern gesagt, dass Muttermilch alleine für ihr Kind nicht ausreichend sei und sie unbedingt Tee oder Wasser zugeben müssten. Die für diese Empfehlung angeführten Gründe sind vielfältig, stehen jedoch im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Empfehlungen zur Stillförderung, die UNICEF und WHO im Rahmen ihrer Initiative "Stillfreundliches Krankenhaus" veröffentlicht haben.
Zusätzliche Gaben von Tee, Glukoselösung oder Wasser sind bei einem voll ausgetragenen, gesunden Baby, das ausschliesslich mit Muttermilch ernährt wird, nicht notwendig und können den Stillerfolg erheblich gefährden. Auch wenn unter unseren westlichen Verhältnissen nicht zu erwarten ist, dass das Kind durch verunreinigtes Wasser Schaden nimmt, so können sich zusätzliche Flüssigkeitsgaben bei einen Neugeborenen auf andere Weise auswirken.
Zusätzlich gegebene Flüssigkeit füllt den Magen des Babys und verringert so sein Interesse am Gestilltwerden. Ein Baby, dessen Magen mit Tee gefüllt ist, erhält nicht genügend Kalorien. Tee und Glukoselösungen wirken sich störend auf das Stillen aus. Babys, die derartige Flüssigkeiten erhalten, neigen dazu, mehr an Gewicht zu verlieren als Babys, die ausschliesslich gestillt werden.
Zusätzlich verabreichter Tee (oder Glukoselösung) trägt zur physiologischen Neugeborenengelbsucht bei. Untersuchungen haben ergeben, dass die Bilirubinwerte eines Babys um so höher liegen, je mehr Tee es in den ersten Lebenstagen erhalten hat. Das Mekonium (erster Stuhlgang) ist sehr bilirubinreich. Kolostrum hat eine abführende Wirkung und hilft dem Baby bei einer beschleunigten Ausscheidung des Mekoniums. Dadurch wird der Bilirubinwert niedrig gehalten. Zusätzlich gegebener Tee hingegen regt nicht zu Darmbewegungen an, verursacht eine Rückabsorption des Bilirubins in den Körper des Babys und trägt somit zur physiologischen Neugeborenengelbsucht bei. Auch während einer Phototherapie bei verstärkter Neugeborenengelbsucht sollte das Kind bevorzugt häufig Muttermilch statt Tee erhalten
Wird Flüssigkeit mit einer Flasche gegeben, kann dies zu Stillproblemen, einer Schwächung der Saugfähigkeit oder Ablehnung der Brust führen. Ein Neugeborenes kann auf den Wechsel zwischen Brust und Flasche während der ersten Lebenswochen mit Verwirrung reagieren. Eine Saugverwirrung kann zu gravierenden Stillproblemen führen.
Auch bei heissem Wetter ist es nicht notwendig zusätzliche Flüssigkeit zu geben. Muttermilch genügt auch in dieser Situation als vollwertiges Nahrungsmittel und enthält genau das richtige Verhältnis von Flüssigkeit und Nahrung, um Hunger und Durst des Babys zu befriedigen. Wichtig ist jedoch, dass die Mutter das Baby nach Bedarf stillt, was bei heissem Wetter häufiger der Fall sein kann.
Quellen:
Mohrbacher und Stock: The Breastfeeding Answer Book, 1997
Lauwers und Shinskie: Counseling the Nursing Mother, 1999
Goldberg und Adams: Studie veröffentl. im Arch. Dis. Child, 1983
Sachdev, Krishna, Puri et al.: Zusätzliche Flüssigkeit für voll gestillte Kinder im Sommer in den Tropen, Lancet 1991
von
Biggi Welter
am 08.07.2015