Liebe Stillberaterinnen,
Mein Sohn ist 6 Wochen alt und wird voll gestillt.
Er möchte den ganzen Vormittag über nie länger als 5 Minuten stillen, ist das denn normal? Er lässt dann die Brustwarze aus und wenn ich sie wieder anbiete öffnet er zwar den Mund und nimmt die Brustwarze in den Mund, saugt dann aber nicht, sondern dreht den Kopf weg. Das geht ein paar Mal so und wenn ich ihm die Brust weiter "aufdränge" fängt er an zu weinen, sobald ich die Brust dann wegnehme ist er still. Ich muss sagen, wenn er wirklich Hunger hat findet er die Brustwarze innerhalb von Sekunden und saugt gut. Ich schlussfolgere also, dass er einfach nicht länger möchte, oder kann es andere Gründe für dieses Verhalten geben?
Er schläft vormittags auch nie länger als 30 - 60 Minuten und wenn er aufwacht leg ich ihn immer gleich an. Kann es sein, dass der Hunger da noch nicht wirklich groß ist und er deshalb nach 5 Minuten genug hat? Sollte ich länger abwarten mit dem anlegen?
Was mich auch verunsichert ist, dass er nach dem Stillen oft an seiner Faust lutscht, ich weiß, in dem Alter beginnen sie ihre Hände mit dem Mund zu erforschen, aber dass er das direkt nach dem Stillen tut ist doch komisch, kennen Sie das?
Auf jeden Fall stillt er dann irgendwann am Nachmittag mal "länger" (10 Minuten ist das Maximum) und schläft dann auch 2 - 3 Stunden. Den Abend verschläft er dann komplett, also meistens so von 18 - 22 Uhr oder sogar noch länger.
Ich hab ihn letztens mal vor und nach dem Stillen gewogen (ich weiß, das macht man nicht mehr und ist ungenau, aber ich wollte es einfach nur ungefähr wissen und meine Sorgen, dass er nicht lang genug trinkt ausräumen) und da hatte er nach ca. 8 Minuten stillen 120g mehr. Ich muss sagen er trinkt auch sehr schnell und effizient, muss er auch, da die Milch nur so raussprudelt :-)
Ich mache mir selbst Druck, indem ich denke, dass er doch länger trinken müsste. Dass er genug bekommt steht außer Frage, er hat überdurchschnittlich gut zugenommen und die Windeln passen auch.
Vielen Dank im Voraus,
Liebe Grüße, Tina
von
Tina_1992
am 06.06.2016, 10:00
Antwort auf:
Normales Trinkverhalten?
Liebe Tina,
es kann sein, dass Ihr Baby einfach gelernt hat, schnell und effektiv zu trinken und deshalb weniger Zeit braucht.
Es gibt kleine Schluckspechte, die in wenigen Minuten fertig sind, es gibt aber auch kleine Genießer, die halt lange brauchen.
Wichtig ist das Gedeihen des Kindes und nicht die Dauer der Mahlzeit.
Ob Ihr Kind gedeiht können Sie bei einem vollgestillten Baby an den folgenden Anzeichen erkennen:
• mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass „nass" ist, können Sie sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.).
• in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal)
• eine Gewichtszunahme entsprechende den Angaben der WHO Child Growth Standards WHO Multicentre Growth Referencs Study Group, 2006, d.h. im Durchschnitt:
• 1. bis 3. Monat: 200 400 g/Woche, mind. 150 g/Woche
• 4. Monat: 110 160 g/Woche
• 5. Monat. 400 500 g/Monat
• 6. Monat: 350 500 g/Monat
• eine gute Hautfarbe und eine feste Haut,
• Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs
• ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen.
Solange diese Kriterien erfüllt sind, dürfte alles in Ordnung sein.
Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. Dabei ist es nun nicht unbedingt immer so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys und vor allem am späten Nachmittag und Abend kommt es verstärkt zu solchen Cluster-Phasen.
Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, das die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht.
Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch.
Schauen Sie doch einmal in eine Stillgruppe. Dort werden Sie andere Mütter kennen lernen, die die gleiche Erfahrung machen oder gemacht haben und Sie werden erleben, dass Ihr Kind sich keineswegs außergewöhnlich verhält und - was noch wichtiger ist - Sie werden erfahren, dass sich das Durchhalten lohnt und diese anstrengende Zeit nicht ewig andauern wird.
Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter:
http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC).
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 06.06.2016