Ist mein Kind wirklich zu "milchabhängig"?

 Kristina Wrede Frage an Kristina Wrede Stillberaterin

Frage: Ist mein Kind wirklich zu "milchabhängig"?

Liebe Stillberaterinnen, Ich bräuchte bitte dringend euren Rat. Ich habe eine Tochter von bald 19 Monaten, die ich noch abends, nachts und morgens stille. Seit längerem ist in Planung, dass ich nachts abstillen möchte, da sie sonst im 1-3 Stundentakt Milch trinken möchte. Manchmal wirklich 8x pro Nacht. Das ist in ihrem Alter meines Erachtens doch etwas übertrieben und für mich natürlich anstrengend. Plan war, dass mein Mann beim nächtlichen Abstillen helfen sollte. Er arbeitet beim Film, hat somit etappenweise ausgesprochen lange Arbeitstage, somit kümmere ich mich oft eine ganze Woche am Stück, allein um unsere Tochter. Wenn er denn da ist und Zeit hat, ist er jedoch ein sehr aktiver und engagierter Vater, der seine Tochter über alles liebt. Schon seit vielen Monaten (haben wir wohl den Fehler gemacht), dass ausschliesslich ich unsere Tochter zu Bett brachte, da ich noch stille und es so einfacher war. Nun hat mein Mann einige Wochen frei und wir wollten Das "nächtliche Abstillprogramm" durchführen. Bevor er Nächte mit unsrer Tochter verbringen würde begannen wir damit, dass er sie abends zu Bett bringt, damit sie sich wieder an ihn gewöhnt. Plan schön und gut, die Realität sah nicht so rosig aus... Seit einer Woche bringt er sie nun schon abends zu Bett und noch immer weint sie bitterlich, wenn ich aus dem Zimmer gehe. Am ersten Abend weinte sie 1,5 Stunden ihre Selle aus dem Leib, es war wirklich herzzerreissend!! Und trotzdem bin ich nicht eingeschritten. Die Situation hat sich seitdem nicht viel gebessert. Sie weint zwar weniger lang, aber immer noch jedes Mal nach "Mama" und "Mi", nachdem ich sie abends stille und dann das Zu Bett bringen meinem Mann überlasse. Es muss ziemlich frustrierend für meinen Mann sein noch immer nicht akzeptiert zu werden. Er ist nicht mal mehr bereit beim Abstillen "zu helfen", falls ich nicht ganz abstillen würde. Ich möchte aber noch nicht ganz abstillen, das Stillen ist meiner Tochter extrem wichtig. Mein Mann gibt mir die Schuld der Situation. Er meint die extreme "Milch- und Mama Abhängigkeit" unserer Tochter wäre nicht normal und ungesund. Nun mein Frage: Stimmt das was mein Mann behauptet? Bin ich in dieser Situation "blind" geworden? Oder kann es sein, dass meine Tochter mich im Moment einfach sehr braucht und es eine Phase ist, die wieder vorübergeht? Kann ein Kind zu sehr "Milch- oder Mama abhängig sein? Oder ist das in ihrem Alter evtl. normal? Ist es sinnvoll " dagegen anzukämpfen"? Und weiter das "Papa akzeptieren üben"? Oder ist es womöglich gesünder die Situation so hinzunehmen, "unsere Tochter entscheiden" zu lassen und "Mama bevorzugen lassen"? Ich hoffe ihr könnt mir helfen, ich fühle mich gerade ziemlich alleine und hilflos in dieser Situation. Herzlichen Dank schon im Voraus, Eure Orchid

von Orchid11 am 06.05.2016, 23:02



Antwort auf: Ist mein Kind wirklich zu "milchabhängig"?

Liebe Orchid, ja, ich kann das gut nachvollziehen... Für deinen Mann ist das eine riesen Herausforderung, das Weinen deiner Kleinen nach dir nicht mit Ablehnung von ihm gleichzusetzen. Und es ist absolut logisch, dass er den Fehler irgendwo bei dir suchen muss... Wo sonst auch? Vor allem, weil ihr vermutlich die einzigen im Bekanntenkreis seid, die noch stillen - was in diesem Alter von vielen ja auch fälschlicherweise als "unnormal" angesehen wird. Nein, es ist keinesfalls so, dass deine Tochter mama- oder milchabhängig wäre. Sie verhält sich absolut normal für ihr Alter. Und es geht genau dann vorüber, wenn sie die nötige Reife dafür erreicht hat. Ich bin keine Psychologin, darum schreibe ich das folgende in meiner Eigenschaft als Mutter, nicht als Stillberaterin: Deine Maus quasi zwingen zu wollen, mit dem Papa schlafen zu gehen, statt wie bisher von dir in den Schlaf gestillt zu werden, hat vermutlich eher kontraproduktiv gewirkt. Sie verbindet möglicherweise jetzt den Papa mit dem "ich darf jetzt nicht stillen zum Einschlafen". Da wäre es vielleicht besser, ihr kuschelt euch zu dritt ins Bett, die Maus darf ein bisschen trinken und wird dabei vom Papa gekuschelt. Jetzt wird sie ihn vielleicht erst einmal ablehnen, eben weil sie die falsche Schlussfolgerung gezogen hat. Sie braucht nun erst wieder -für sie- positive Erfahrungen mit dem Papi. So schwer es klingt: Es ist wohl eher deine Aufgabe, das Stillen zu reduzieren. Deine Maus ist groß genug, dass du ihr erklären kannst, dass nicht mehr so viel gestillt wird wie bisher. ZUm Einschlafen hat bei uns damals geholfen, ein Lied während dem Einschlafstillen zu singen. Ich wählte damals "Der Mond ist aufgegangen", weil es viele schöne Strophen hat. Die habe ich erst einmal alle gelernt... Und meiner Maus dann erklärt, dass wir so lange stillen, bis das Lied aus ist. Die erste Zeit habe ich alle Strophen gesungen, dann von Woche zu Woche jeweils eine Strophe in der Mitte weg gelassen, so dass das Stillen allmählich kürzer wurde. Es macht Sinn, sich Zeit zu lassen. Zum einen können unsere Kleinen uns dann leichter folgen, zum anderen ist es auch für die Brust besser, langsam die Produktion zu drosseln statt schnell. WÄHREND der Nacht kann euch die Radiowecker-Methode helfen, die auf einer Idee von Elizabeth Pantley basiert. Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst Du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird; ähnlich könnte man auch mit einem an einer Zeitschaltuhr angeschlossenen Nachtlicht arbeiten). So wird die Nacht allmählich stillfrei. Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann. Natürlich kannst Du deiner Kleinen während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird. Die ersten Nächte sind meist sehr unruhig, doch wenn wir Großen klar, konsequent und entspannt (ich weiß: Das klingt deutlich einfacher, als es in der Praxis dann ist!) bleiben, dann folgen unsere Kinder uns doch recht schnell in die neuen Gewohnheiten. Ich hoffe, meine Antwort hilft euch weiter! Lieben Gruß, Kristina

von Kristina Wrede am 06.05.2016