Ist es normal das mein Baby mit einem Jahr noch stündlich aufwacht?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Ist es normal das mein Baby mit einem Jahr noch stündlich aufwacht?

Liebe Stillberaterin, vielen Dank für die Antwort meiner ersten Frage. Also ist es normal das mein Baby stündlich aufwacht? Braucht es noch Zeit für die Reife? Sie möchte auch am Tag noch oft an die Brust. Dann werde ich mit dem abstillen nicht viel verändern? Wie lange kann es denn dauern bis meine Tochte ein paar Stunden am Stück schläft? Vielen Dank. Liebe Grüße

von Betty14 am 13.11.2014, 09:07



Antwort auf: Ist es normal das mein Baby mit einem Jahr noch stündlich aufwacht?

Liebe Betty14, die allerwenigsten Kinder schlafen vor dem ersten Geburtstag durch und auch nicht gestillte Kinder schlafen meist nicht durch. Ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen. Auch wenn das Kind am Tag viel isst, schläft es nicht besser, denn es wacht ja nicht nur wegen dem Hunger auf, sondern sucht Nähe und Geborgenheit! Gerade jetzt, wo dein Kind in die Krippe kommt, braucht es dich ganz besonders, um die Umstellung besser zu verarbeiten. Das Buch von William Sears, "Schlafen und Wachen", dass es z.B. über La Leche Liga Deutschland zu kaufen gibt, kann hier tatsächlich hilfreich sein. Nicht, dass es große Auswege aufzeigen würde, aber es erklärt, warum das so ist mit unseren Babys, und warum das auch ok ist. Allein das Wissen kann eine Mutter schon beruhigen, und ihr den Stress nehmen, sie hätte ihrem Kind etwas Verkehrtes antrainiert. Überlege dir auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren, dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC). Ich hoffe, der Text war dir jetzt nicht zu lange und wenn Du noch Lust zum Lesen hast, dann schau dir auch den angehängten Text von Dr. Paky an. LLLiebe Grüße Biggi Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling Schlafen, Alleinsein, Finsternis Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.). Schlafen Loslassen Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach? Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen. Die Entwicklung des Babys und das Schlafproblem Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen? Das Schlafparadoxon Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern. Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen. Individueller Schlafbedarf Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27). Behinderung der Selbstregulation Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit. In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können. Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen. Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten. Jedes Kind kann schlafen lernen Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewusst zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit. Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, lässt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan. Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen

von Biggi Welter am 13.11.2014



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

1 Jahr - stündlich wach - krieg Baby von Brust nicht weg - verzweifle

Liebe Biggi! Mein Sohn ist jetzt 1 Jahr, wird nachts immer noch alle 1-2 Stunden wach, wenn ich ihm dann nicht sofort die Brust gebe, damit er nuckeln kann, würde er sicher nicht weiterschlafen. Die Brust ist für mich derzeit das einhzige Mittel, dass ich zu einem Schlaf komme. Dennoch möchte ich endlich abstillen, das kann doch nicht so weiter ge...


Wie mit 1 Jahr Abstillen?

Liebe Biggi, meine Tochter ist gerade 10 Monate alt und wird zum Einschlafen, Nachts alle 1-3h gestillt und manchmal zum Trösten oder wenn sie krank ist. Nun erwarten wir in 6 Monaten unseren zweiten Nachwuchs. Da das Stillen durch die Schwangerschaft für mich unangenehm geworden ist und ich mir Tandemstillen schwierig vorstelle, möchte ich gern...


Stillen mit einem jahr

Liebe Biggi, Du hast mich damals sehr motiviert zu stillen obwohl ich wieder früh in den Job eingestiegen bin. Es war nicht immer alles einfach, aber unterm Strich hat alles gut geklappt und ich habe eine tolle Stillbeziehung zu meiner Tochter. Es wäre mein großer Wunsch mindestens zwei Jahre zu stillen. Meine Tochter ist begeisterte Esserin un...


Baby fast 1 Jahr nächtlicher Nahrungsbedarf

Liebe Frau Welter, vielen Dank erstmal für Ihre tolle Arbeit, ich lese seeehr oft bei Ihnen nach. Jetzt habe ich auch mal ein konkretes Anliegen: meine Tochter ist fast 1 Jahr alt und ich möchte gerne Abstillen. Seit etwa 4 Wochen stillen wir nur noch nachts. Sie isst und trinkt tagsüber i.d.R. gut und wir haben feste Routinen, besonders fürs...


Geeignetes Trinkgefäß und Milch Baby 1 Jahr

Hallo liebe Biggi, Ich tue mir etwas schwer mit dem geeigneten Trinkgefäß für meinen einjährigen Sohn. Bislang hat er stark verdünnte Saftschorle (bei nur Wasser/Tee hat er vielleicht 20 ml am Tag getrunken)aus der Flasche mit einem 2er Sauger bekommen, wovon er am Tag teilweise 400 ml wenn es besonders heiß war getrunken hat. Morgens und aben...


Stillen & Beikost 1 Jahr

Hallo, Ich bin total verzweifelt und irritiert. Ich komme gerade von der u6 mit meiner Maus . Sie ist gerade 1 Jahr alt geworden. Ich gebe ihr seit ihrem 6 Monat Beikost und stille sie seit dem ca. 3x am Tag.. morgens, mittags und Abends! Das Babys mit Verstopfung zu tun haben mit Beikoststart ist mir bewusst und man kann über die Beikost den Stu...


Mein Sohn (ein Jahr) will nur gestillt werden und nicht essen

Hallo, langsam weiß ich nicht mehr, was ich noch tun soll, bzw. was das richtige ist. Mein Sohn ist mittlerweile ein Jahr alt und hat immer noch kein Interesse am Essen. Die ersten sechs Monate habe ich ihn voll gestillt und zu Beginn des 7. Monats Essen angeboten. Brei jeglicher Art hat er verweigert aber mit Baby Led Weaning hat er die Nahrung i...


Viel stillen mit 1em Jahr

Guten Tag, Ich bin etwas verunsichert weil mir viele Mütter berichten, dass sie ihre einjährigen Kinder so wenig stillen. Mein Sohn stillt alle 2, manchmal 3 Stunden, ebenso in der Nacht. Da sogar auch öfter ( ja ich bin sehr müde). Er isst eigentlich mit uns mit. Ich biete auch Snacks an . Er bekommt auch Wasser und Tee. Er isst tagsüber ni...


Sanft abstillen mit ca. 1 Jahr

Liebe Biggi, mein Sohn ist fast 11 Monate alt und ich möchte ihn ca. Ende März, wenn er ein Jahr alt ist, abstillen. Aktuell zweifle ich aber sehr viel und weiß nicht wie wir das angehen sollen. Er isst am Tag schon ganz gut, finde ich und v.a. abends isst er oft richtig viel. Am Tag bekommt er Wasser (da trinkt er leider nicht so viel...


Stillen und pre Milch 1. Jahr

Hallo Biggi,  mein Sohn wird jetzt ein Jahr alt und ich schwanke noch ziemlich stark, ob ich ihn jetzt sehr behutsam abstillen soll. Mein Sohn wird zu schwierigen Phasen (Zähnen, Schübe etc.) 10 bis 15 mal wach in der Nacht und mein Mann würde mich einfach auch gerne mehr unterstützen. Nachts aufzustehen um abzupumpen und ihm die Milch aus der ...