Habe ich ein 24-Stunden-Baby

 Kristina Wrede Frage an Kristina Wrede Stillberaterin

Frage: Habe ich ein 24-Stunden-Baby

Sehr geehrte Experten-Team, unser Leander ist neun Wochen alt. Ins Bettchen gelegt werden ist nicht sein Fall, ebenso länger als ein paar Sekunden auf die Brust zu warten wird sehr schnell mit weinen quittiert. Gegen Abend scheint er oft unter Bauchweh zu leiden, so daß er in dieser Zeit auch etwas "knautschig" ist. Autofahren und Kinderwagen fahren mag er auch nicht besonders gerne. Aber er liebt es, an der Brust zu sein und ständig Körperkontakt zu haben. Infolgedesssen bin ich tatsächlich fast ausschliesslich mit Stillen und Herumtragen beschäftigt, habe die in LLL-empfohlenen Bücher gelesen (Hannah L. "Stillen", Sears "Das 24-Stunden-Baby") und bin aufgrund dessen in meiner Meinung bestärkt worden, daß es nun mal Babys gibt, die sehr liebesbedürftig sind, viel herumgetragen und gestillt werden wollen, ohne daß man sich Gedanken machen müsste, das Kind sei in irgendeiner Form "pathologisch". (KISS-Syndrom wurde ausgeschlossen) Von meiner Situation bin ich glücklicherweise in der Lage, für mein Kind so da zu sein, wie es nötig ist. Sicherlich ist es intensiv, aber ich genieße es, für mein Baby sorgen zu können. Nun war ich beim Kinderarzt, um auf jeden Fall eine organische Ursache für häufiges Weinen ausschließen zu lassen - das Baby ist völlig gesund. Nur bekam ich postwendend eine Überweisung zur Schreiambulanz, die ebenso nach einem Telefonat (ich äußerte mich so, wie in dieser Anfrage und war bemüht, die Situation so darzulegen, wie es ist: Intensiv, aber dennoch positiv) der Meinung waren, wir seien die "richtigen Kandidaten", und nun wolle man den "Schlaf - und Essensrhythmus protokollieren und korrigieren", darüber hinaus die Beziehung von Mutter und Kind betrachten. Nach meiner ausführlichen Lektüre benimmt sich mein Kind vollkommen normal. Ein Baby darf doch nach seinem Bedürfnis essen (wenn es gestillt wird) und muß keinem Rhythmus folgen? Man könnte sein Eßverhalten schon als Clusterfeeding bezeichnen, aber so lange weder das Kind, noch die Mutter darunter leidet, ist das doch in Ordnung, oder irre ich mich? Und warum sollte man den Schlaf protokollieren, wenn ein Kind in dem Alter neurologisch noch gar nicht in der Lage ist, durchzuschlafen? Ich sehe dieses Vorgehen sehr skeptisch, das Kind ist kaum auf der Welt und muß sich rechtfertigen, wann es Hunger hat, schläft und weil es gerne viel kuscheln möchte und Nähe braucht? Ich denke, er ist halt ein 24-Stunden-Baby. Die Dame aus der Schreiambulanz war der Meinung, "ein zufriedenes Baby schreie nicht"- und nun bin ich völlig verunsichert. Ich habe nicht den Eindruck, daß mein Kind "unzufrieden" ist. Er schreit natürlich, wenn er ein Bedürfnis ausdrücken möchte, aber was soll er denn sonst machen, das ist doch die einzige Lautäußerung, zu der er fähig ist? Ich habe bislang keine Notwendigkeit gesehen, die Minuten des Weinens zu messen. Aber ich frage mich, ob ich meinem Kind womöglich etwas schlechtes antue/ ihm etwas vorenthalte, wenn ich nicht in diese Ambulanz gehe. Ich lasse mich leider "gern" verunsichern. Wie ist Ihre Meinung, auch in Bezug auf die Stillfrequenz? Mit freundlichen Grüßen, Stefanie

von Elisabeth3011 am 08.08.2014, 21:42



Antwort auf: Habe ich ein 24-Stunden-Baby

Liebe Stefanie, deine Skepsis kann ich teilen, und ich denke, wenn für dich alles so weit erträglich ist, dann brauchst du auch nichts zu verändern. Es ist doch wunderbar, dass dein Baby so sein darf, wie es ist! Und dass du den nötigen Freiraum dafür haben kannst. Folge deinem Herzen, deinen Instinkten! Wenn du nicht dorthin gehen möchtest, dann ist es auch nicht das richtige für euch. Es gibt da auch sehr unterschiedliche Ansätze/Schulen, und vielleicht ist diese Ambulanz eben eine, die für euch nicht stimmt... Natürlich schreit ein zufriedenes Baby nicht, aber genau darum geht es ja bei den 24-Stunden-Baby: Dass sie nicht zufrieden sind, und wir ihnen auch dieses Gefühl der Zufriedenheit nicht geben KÖNNEN, und trotzdem alles ok sein kann. Wir sind bei ihnen, stehen ihnen bei, auch wenn wir die Welt, ihre Welt, nicht ändern können. So, wie es doch im ganzen Leben ist...Jeder geht seinen Weg, auch unsere Babys. Schön ist es, wenn wir das zulassen können. (Natürlich immer vorausgesetzt, das Baby gedeiht gut und ist gesund...) Lieben Gruß, Kristina

von Kristina Wrede am 09.08.2014