Erst Tee dann stillen? Probleme beim Stillen..

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Erst Tee dann stillen? Probleme beim Stillen..

Hallo liebe Stillberaterinnen, leider habe ich seit der Geburt meiner Tochter (6 Wochen alt) Probleme mit dem Stillen. Meine Muttermilch kam am 2. Tag nach der Geburt und war bisher immer mehr als ausreichend. Meine Tochter nimmt generell die Brust. Hat aber immer wieder Phasen, in denen sie die Brust nur anschreit. Und es hilft nichts. Ich habe schon alle Stillpositionen ausprobiert. Manchmal bringt es etwas. Manchmal nicht. Manchmal schreit sie stundenlang vor Hunger und schläft dann total kaputt ein. Wenn sie dann geschlafen hat (Manchmal auch nur 10-20 Minuten) trinkt sie ganz normal an der Brust als wäre nie etwas gewesen. Auch nachts nimmt sie ohne Probleme meine Brust. Die Probleme treten meist am späten Nachmittag oder öfter noch abends auf. Und dann hilft wirklich nichts. Sie hat auch viel Bauchschmerzen und wir sollen laut Kinderärztin nun Lefax geben und warmen Fencheltee. Nun mache ich einen Fencheltee, wenn sie so schlimm weint. Den trinkt sie sofort. Nach 10-20 ml ersetze ich die Flasche mit der Brust. Auch das klappt meistens. Anfangs musste ich nur 1x am Tag Fencheltee aufkochen. Sonst konnte ich normal stillen. Heute war es jedoch schon zwei Mal so. Und nun habe ich Angst, dass sie sich zu sehr an die Flasche gewöhnt (Ich benutze Avent) Für mich war stillen immer die einzige Option und bei meinem großen Sohn (6 Jahre alt) hat das stillen super geklappt. Er liebte die Nähe. Wollte die Brust oft nur zur Beruhigung, erst recht bei den Schüben. Meine Tochter trinkt ca. alle 2-3 Stunden. Immer. Sie trinkt 10 Minuten und das sehr hastig. Dabei verschluckt sie sich viel und will danach auch nicht mehr trinken. Somit trinkt sie manchmal auch nur 5 Minuten und ist dann quengelig. Lässt sich aber auch nicht nochmal anlegen. Zur Beruhigung nimmt sie meine Brust nie. Ich fühle mich zur Zeit von ihr abgewiesen. Obwohl ich weiß, dass das Quatsch ist. Ich denke auch, dass diese Gedanken nicht gerade hilfreich sind und für noch mehr Stress sorgen. Es ist für mich wie ein Teufelskreis. Sie nimmt den Goldi Sauger, aber nicht oft. Außerdem schreit sie abends immer ihre 2-4 Stunden und nun seit 3 Tagen immer, wenn sie wach ist. Wir waren bereits beim Osteopathen, da die Geburt nicht komplikationslos verlaufen ist. Danach waren 2 Tage die Probleme an der Brust wie vergessen. Und danach fing der Spuk wieder von vorne an.. Sie schläft nur bei mir. Sie braucht die Nähe. Und sie schläft auch nur mit sämtlichen Hilfsmitteln ein: herum tragen, Fliegergriff, Musik mit Flussgeräuschen, Meeresrauschen, schuckeln, im Maxi Cosi herum tragen, in der Bauchtrage herum tragen... etc. Manchmal alles auf einmal und manchmal bringt es nur kurze Zeit etwas und wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen.. In meinem Umkreis wird immer gesagt, dass ich ihr und mir den Stress nicht antun soll und einfach eine Flasche geben soll. Jedoch möchte ich das nicht. Ich denke zwar immer darüber nach abzupumpen und die Flasche zu geben, jedoch kann ich das immer noch nicht mit mir vereinbaren. Obwohl die Probleme von Anfang an bestehen. Jedoch würde ich zum Wohl meiner Tochter auch abpumpen... Meine Hebamme rät die Brust anzubieten und sie sonst schreien zu lassen. Aber das ist für uns beide auch nicht zufriedenstellend. Ich bin total verzweifelt!!! Meine Fragen: 1. Kann ich etwas tun, um doch noch zu stillen? 2. Schadet es der Stillbeziehung (immer/bei Bedarf) etwas Tee vor dem Stillen zu geben? 3. Könnte meine Tochter saugverwirrt sein? Kann ich etwas dagegen tun? 4. Sollte ich einfach akzeptieren, dass das Stillen mit uns beiden nicht klappt und einfach abpumpen? Was sollte ich beim Abpumpen beachten? 5. Wäre es möglich abzupumpen und zu stillen (Erst Muttermilch aus der Flasche und dann an die Brust) oder nur abpumpen und später wieder mit dem Stillen anfangen? Tut mir leid für die vielen Fragen und wegen dem langen Text. Ich bin wirklich sehr verzweifelt.

von Schnuffelschnaeuzchen am 26.06.2017, 20:41



Antwort auf: Erst Tee dann stillen? Probleme beim Stillen..

Liebe Schnuffelschnaeuzchen, das hört sich leider schon nach einer klassischen Saugverwirrung an. Die Trinktechniken an Brust und Flasche (künstlichem Sauger) unterscheiden sich grundlegend. Manche Kinder kommen mit dem Wechsel zwischen den beiden Techniken nicht klar und versuchen dann mit der falschen Technik an der Brust zu trinken. Das funktioniert nicht, das Kind bekommt an der Brust keine oder nur wenig Milch, ist frustriert und lehnt die Brust dann im schlimmsten Fall sogar ab. In dieser Situation spricht man dann von einer Saugverwirrung. Bei den Beruhigungssaugern handelt es sich um künstliche Sauger. Und unabhängig davon, ob sie auf einer Flasche oder als Beruhigungssauger Anwendung finden, können sich künstliche Sauger negativ auf das Stillen auswirken, Dies ist eines der Probleme, die sich aus dem Gebrauch von Beruhigungssaugern beim gestillten Baby ergeben können, insbesondere dann, wenn das Baby noch nicht gelernt hat, korrekt an der Brust zu saugen. Das Saugen an einem künstlichen Sauger unterscheidet sich wie bereits geschrieben grundlegend vom Saugen an der Brust. Der künstliche Sauger ist bereits vorgeformt und relativ steif. Die Brust ist weich und nachgiebig. Ein Schnuller kann in den geschlossenen Mund eines Babys gesteckt werden. Um die Brust zu erfassen, muss das Baby den Mund weit öffnen, die Brustwarze reicht dann weit nach hinten in den Mund, wo die Bewegungen des Kiefers und der Zunge nicht stören. Auch die Bewegungsmuster der Muskeln von Mund, Gesicht und Zunge, sind am künstlichen Sauger ganz anders, als an der Brust. Mit der Saugtechnik, die das Baby beim Trinken an einem Flaschensauger oder beim Nuckeln an einem Beruhigungssauger anwendet, kann es kaum Milch aus der Brust bekommen. Nun kann ich aber weder dich noch dein Baby sehen und kann daher das Saugverhalten nicht beurteilen und dir auch nichts zeigen. Am besten wendest Du dich deshalb einmal an eine Stillberaterin in deiner Nähe und lässt dir beim Stillen zuschauen. Die Kollegin kann dir dann bei Bedarf Tipps zum korrekten Anlegen geben, kann dir erklären, woran Du erkennst, ob dein Kind korrekt saugt und dir überhaupt gezielte Hinweise geben. Im direkten Kontakt lassen sich viele Fragen viel besser klären. Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Und bitte gib auch keinen Tee! Muttermilch hat einen hohen Wasseranteil, indem alle übrigen Bestandteile gelöst sind. Durch diesen hohen Wassergehalt wirkt die Muttermilch durstlöschend. Am Anfang der Stillmahlzeit ist die Milch dünnflüssiger, am Ende hat sie einen höheren Fettgehalt (Vordermilch und Hintermilch). Um den Hunger zu stillen, muss das Baby daher länger an einer Seite trinken, bis es genügend Kalorien erhalten hat. Trinkt es nur kurz und erhält dabei nur Vordermilch, wird sein Durst gelöscht. Selbst bei sehr heißem Wetter erhält das Baby ausreichend Flüssigkeit, wenn es häufig genug angelegt wird. Selbst in heißen Klimaten ist keine zusätzliche Flüssigkeitsgabe notwendig. Zusätzlicher Saft oder Tee würde nur dazu führen, dass das Interesse des Babys an der Brust nachlässt und das wiederum wirkt sich ungünstig auf die Milchproduktion aus. Die Milchmenge richtet sich danach, wieviel das Baby trinkt. Wird es seltener angelegt, geht die Milchmenge zurück. Tee oder Saft haben keinen bzw. nur einen geringen Nährwert und können deshalb das Gedeihen des Babys negativ beeinflussen. Außerdem besteht bei der Verwendung von künstlichen Saugern die Gefahr einer Saugverwirrung. Zur eingehenderen Information hänge ich den Artikel einer Kollegin an. Natürlich könntest Du auch abgepumpte Muttermilch geben, aber wenn Du stillen möchtest, dann gib nicht auf und lass dir nichts einreden. Hole dir kompetente Hilfe, die dir zur Seite steht und nicht noch weiter verunsichert! LLLiebe Grüße Biggi Ist zusätzliche Flüssigkeit für gesunde, voll gestillte Babys notwendig? Von Denise Both, IBCLC Immer wieder wird stillenden Müttern gesagt, dass Muttermilch alleine für ihr Kind nicht ausreichend sei und sie unbedingt Tee oder Wasser zugeben müssten. Die für diese Empfehlung angeführten Gründe sind vielfältig, stehen jedoch im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Empfehlungen zur Stillförderung, die UNICEF und WHO im Rahmen ihrer Initiative "Stillfreundliches Krankenhaus" veröffentlicht haben. Zusätzliche Gaben von Tee, Glukoselösung oder Wasser sind bei einem voll ausgetragenen, gesunden Baby, das ausschliesslich mit Muttermilch ernährt wird, nicht notwendig und können den Stillerfolg erheblich gefährden. Auch wenn unter unseren westlichen Verhältnissen nicht zu erwarten ist, dass das Kind durch verunreinigtes Wasser Schaden nimmt, so können sich zusätzliche Flüssigkeitsgaben bei einen Neugeborenen auf andere Weise auswirken. Zusätzlich gegebene Flüssigkeit füllt den Magen des Babys und verringert so sein Interesse am Gestilltwerden. Ein Baby, dessen Magen mit Tee gefüllt ist, erhält nicht genügend Kalorien. Tee und Glukoselösungen wirken sich störend auf das Stillen aus. Babys, die derartige Flüssigkeiten erhalten, neigen dazu, mehr an Gewicht zu verlieren als Babys, die ausschliesslich gestillt werden. Zusätzlich verabreichter Tee (oder Glukoselösung) trägt zur physiologischen Neugeborenengelbsucht bei. Untersuchungen haben ergeben, dass die Bilirubinwerte eines Babys um so höher liegen, je mehr Tee es in den ersten Lebenstagen erhalten hat. Das Mekonium (erster Stuhlgang) ist sehr bilirubinreich. Kolostrum hat eine abführende Wirkung und hilft dem Baby bei einer beschleunigten Ausscheidung des Mekoniums. Dadurch wird der Bilirubinwert niedrig gehalten. Zusätzlich gegebener Tee hingegen regt nicht zu Darmbewegungen an, verursacht eine Rückabsorption des Bilirubins in den Körper des Babys und trägt somit zur physiologischen Neugeborenengelbsucht bei. Auch während einer Phototherapie bei verstärkter Neugeborenengelbsucht sollte das Kind bevorzugt häufig Muttermilch statt Tee erhalten Wird Flüssigkeit mit einer Flasche gegeben, kann dies zu Stillproblemen, einer Schwächung der Saugfähigkeit oder Ablehnung der Brust führen. Ein Neugeborenes kann auf den Wechsel zwischen Brust und Flasche während der ersten Lebenswochen mit Verwirrung reagieren. Eine Saugverwirrung kann zu gravierenden Stillproblemen führen. Auch bei heissem Wetter ist es nicht notwendig zusätzliche Flüssigkeit zu geben. Muttermilch genügt auch in dieser Situation als vollwertiges Nahrungsmittel und enthält genau das richtige Verhältnis von Flüssigkeit und Nahrung, um Hunger und Durst des Babys zu befriedigen. Wichtig ist jedoch, dass die Mutter das Baby nach Bedarf stillt, was bei heissem Wetter häufiger der Fall sein kann. Quellen: Mohrbacher und Stock: The Breastfeeding Answer Book, 1997 Lauwers und Shinskie: Counseling the Nursing Mother, 1999 Goldberg und Adams: Studie veröffentl. im Arch. Dis. Child, 1983 Sachdev, Krishna, Puri et al.: Zusätzliche Flüssigkeit für voll gestillte Kinder im Sommer in den Tropen, Lancet 1991

von Biggi Welter am 26.06.2017



Antwort auf: Erst Tee dann stillen? Probleme beim Stillen..

Erst einmal vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich werde mich an eine Stillberatung vor Ort wenden. Haben Sie dennoch Tipps wie ich einer Saugverwirrung entgegen wirken kann?

von Schnuffelschnaeuzchen am 26.06.2017, 22:22



Antwort auf: Erst Tee dann stillen? Probleme beim Stillen..

Liebe Schnuffelschnaeuzchen, erst einmal auf alle künstlichen Sauger verzichten und eine alternative Fütterungsmethode wählen, wenn das nötig ist. Biggi

von Biggi Welter am 26.06.2017