Liebe Biggi Welter,
Unser 15-monatiger Sohn hat sich untertags mit etwa 9 Monaten selbst abgestillt - einfach weil die Umwelt so spannend war, er sich immer umschauen musste und dann aufs Trinken vergessen hat.
Derzeit wird er abends auf der Couch im Rahmen des Abendrituals gestillt, wenn ich mit ihm ins Bett gehe, auch als Einschlafstillen, und dann nachts wann immer er möchte. Morgens nach dem Aufwachen will er dann sowieso nicht mehr.
Das passt auch ganz gut für mich, nur das Einschlafstillen ist für mich belastend: Er nuckelt bis zu einer Stunde und lässt sich nur im Tiefschlaf abdocken, mache ich es zu früh, wacht er sofort auf.
Mit Papa geht er nur ungern schlafen, es hat schon mal besser geklappt, aber momentan weint und schreit er bis zu einer Stunde - was wir nur ganz selten herausfordern...
Ich möchte gerne das Einschlafstillen abgewöhnen, aber das restliche Stillem darf gerne so bleiben. Ich bin selbstständig und möchte abends dringend arbeiten, oder mir nach 15 Monaten einfach mal Zeit für mich nehmen. Ich kann mir nur derzeit nicht vorstellen wie ich es angehen kann. Er kann nicht jeden Abend mit Papa schlafen gehen, dieser ist nicht immer zuhause. Und sowieso muss er es ja irgendwann verstehen, dass auch wenn ich mit ihm schlafen gehe, dass es keine Brust mehr gibt.
Wie kann ich meinem willensstarken Buben da durchhelfen? Ich möchte ihn nicht eine Stunde weinen lassen, er ist da wirklich sehr beharrlich und tut uns ganz schrecklich leid!
Vielleicht haben Sie einen guten Tipp für uns.
Vielen Dank und herzliche Grüße!
von
agnesc
am 28.09.2016, 22:31
Antwort auf:
Einschlafstillen beenden bei 15-Monatigem
Liebe agnesc,
eine Möglichkeit ist, dass Du mit deinem Kind darüber sprichst, dass Du das Stillen als unangenehm empfindest und dass Du denkst, dass es nun an der Zeit ist, eure gemeinsame Stillzeit zu beenden oder zumindest das lange Stillen am Abend einzuschränken. Überlegt gemeinsam, wie ihr nun zu einem harmonischen Ende finden könnt. Vielleicht indem ihr auf ein bestimmtes Datum hinarbeitet oder aber auch durch ganz klare Regeln, die auch lauten können „Es wird nur noch gestillt, wenn es dunkel ist“ oder „wir stillen nur noch am Morgen“.
So lange DU nicht ABSOLUT sicher bist, dass Du weniger stillen möchtest, wird dein Kind das spüren.
Ist die Mutter innerlich nicht davon überzeugt, dass sie ihr Kind ab- oder weniger stillen will, dann ist dieser Zweifel für das Kind sehr deutlich fühlbar und es reagiert in fast allen Fällen so, dass es eher noch häufiger gestillt werden mag. Zweifel und Unsicherheit sind für ein Kind unerträglich, Kinder brauchen Klarheit.
Dein Kind spürt jetzt deinen Zwiespalt und da es sich nicht hinsetzen und sagen kann „Mama, ich spüre, dass Du dir nicht sicher bist, was jetzt das Richtige ist, deshalb werde ich dir jetzt bei deiner Entscheidungsfindung helfen" reagiert es auf deine Zweifel mit Unruhe, Weinen und Verunsicherung. Es hat keine anderen Ausdrucksmöglichkeiten als Weinen und (vermehrte) Anhänglichkeit. Kinder sind für „geordnete Verhältnisse", Unsicherheit und Zweifel bringen sie aus dem Gleichgewicht.
Wichtig ist nun, dass ihr zum einen wirklich miteinander redet und Du deinem Kind klar erklärst und sagst, was Du willst und was Du nicht mehr willst. Zum anderen muss für dein Kind deutlich erkennbar sein, wo deine Grenzen gesetzt sind. Liebevolle Konsequenz ist das Zaubermittel in der Erziehung.
Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich am Abend ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst Du trinken“ oder wir stillen nur so lange, bis Du drei Lieder gesungen hast) und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird).
Wenn sich dein Kind dann beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann.
Natürlich kannst Du während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird.
Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Abende und Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher. Einen "Knacks" beim Kind brauchst du nicht befürchten, wenn du ihm wirklich beistehst und ihn nicht "strafst" für seine natürliche Reaktion auf diese Veränderung.
Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das ich wärmstens empfehlen kann.
Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht.
Dein Kleiner wird vermutlich schreien, toben, treten oder dich schlagen wollen. Ist das schlimm? Nein, es ist völlig normal, denn es ist die einzige Art, wie er in diesem zarten Alter seinen Frust ausdrücken kann. Wie kannst du damit umgehen? Lass es zu. Lass dich nicht verunsichern, denn es geht deinem Kind ja trotzdem gut, es bekommt kein Trauma fürs Leben, wird nicht an deiner Liebe zweifeln. Dein Baby ist sauer, und das wird auch wieder vergehen. Bleibe bei ihm und sei du ruhig und klar, so dass dein Kleiner sich an dir orientieren kann. Vielleicht wirst du ihn ein wenig ablenken wollen (falls er sich ablenken lässt), vielleicht bleibst du auch einfach nur in seiner Nähe und versicherst ihm, dass alles ok ist, und dass ihr weiter stillen könnt (oder kuscheln), sobald er sich etwas beruhigt hat.
Wenn du konsequent bleibst, wird es klappen. Nur davon hängt es ab: Schaffst DU es...
Ich würde mich freuen, wenn Du mir in ein paar Tagen noch einmal schreibst, wie es Euch dann geht.
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 28.09.2016