Einschlafen nur durch Stillen - wie langsam abstillen?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Einschlafen nur durch Stillen - wie langsam abstillen?

Liebe Experten, seit der Geburt vor 11 Monaten schläft meine Tochter (nur) durch Stillen an der Brust ein. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass es nur aus Gewohnheit geschieht, da die Brust bzw. das Saugen/Nuckeln daran sie beruhigt. Denn seit wenigen Wochen ist sie im Kindergarten, dort schläft sie mittags nach kurzem Protest mit Schnuller innerhalb weniger Minuten ein. Zu Hause ist das undenkbar - sie "flippt" aus, wenn sie müde ist und die Brust nicht bekommt (schreit, weint, versteift ihren Körper). Ich habe es paarmal versucht, sie ohne Brust (aber z. B. mit Schnuller oder Herumtragen - beides wirken manchmal beruhigend auf sie) einschlafen zu lassen, aber da sie dann stets wie wild weint und schreit, habe ich ihr dann immer wieder die Brust gegeben. Im Kinderwagen beim Spaziergehen oder im MaxiCosie bei der Autofahrt schläft sie "leichter" ein, aber ich brauche ja eine Lösung für zu Hause. Seit der Geburt hat sie noch nie durchgeschlafen und wacht nachts durchschnittlich alle zwei Stunden auf, was für mich mittlerweile "anstrengend" wird, da ich noch nie richtig ausschlafen konnte. Abends kann ich ihr auch keinen Milch-Getreide-Brei geben (was wohl sättigend ist?), da sie eine Kuhmilcheiweißallergie hat. Mein Wunsch war es, bis zum 1. Lebensjahr zu stillen und danach abzustillen. Dies möchte ich auch gerne langsam umsetzen, ich weiß allerdings nicht wie (wie stillt man ab?) und ob das überhaupt möglich ist (wie sonst kann mein Kind einschlafen? wie kann ich ihr das Einschlafen ohne Brust "beibringen"). Ich hoffe, Sie können mir behilflich sein. LG

von SerapC am 04.11.2014, 23:02



Antwort auf: Einschlafen nur durch Stillen - wie langsam abstillen?

Liebe SerapC, die allerwenigsten Kinder schlafen vor dem ersten Geburtstag durch und auch nicht gestillte Kinder schlafen meist nicht durch. Ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen. Auch wenn das Kind am Tag viel isst, schläft es nicht besser, denn es wacht ja nicht nur wegen dem Hunger auf, sondern sucht Nähe und Geborgenheit! Gerade jetzt, wo dein Kind in die Krippe kommt, braucht es dich ganz besonders, um die Umstellung besser zu verarbeiten. Das Buch von William Sears, "Schlafen und Wachen", dass es z.B. über La Leche Liga Deutschland zu kaufen gibt, kann hier tatsächlich hilfreich sein. Nicht, dass es große Auswege aufzeigen würde, aber es erklärt, warum das so ist mit unseren Babys, und warum das auch ok ist. Allein das Wissen kann eine Mutter schon beruhigen, und ihr den Stress nehmen, sie hätte ihrem Kind etwas Verkehrtes antrainiert. Überlege dir auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren, dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC). Ich hoffe, der Text war dir jetzt nicht zu lange und wenn Du noch Lust zum Lesen hast, dann schau dir auch den angehängten Text von Dr. Paky an. LLLiebe Grüße Biggi Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling Schlafen, Alleinsein, Finsternis Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.). Schlafen Loslassen Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach? Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen. Die Entwicklung des Babys und das Schlafproblem Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen? Das Schlafparadoxon Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern. Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen. Individueller Schlafbedarf Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27). Behinderung der Selbstregulation Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit. In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können. Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen. Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten. Jedes Kind kann schlafen lernen Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewusst zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit. Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, lässt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan. Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen

von Biggi Welter am 05.11.2014



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

(Tagsüber) abstillen und alleine einschlafen beibringen - wie gehts am besten?

Liebe Biggi, liebe Kristina, mein Sohn ist 9 Monate alt und hat sich sehr gerne stillen lassen. Nach einer Phase, in der er weniger Beikost wollte und mehr stillen, ist er jetzt wieder gut drauf und isst mehr und wurde tagsüber zum einschlafen (1x vormittags, 1x mittags und 1x abends sowie nachts nach Bedarf -ziemlich häufig-) gestillt. Als i...


Sofortiges Abstillen - Einschlafen

Hallo, mein 1-jähriger Sohn ist bisher nur durch Einschlafstillen eingeschlafen. Durch eine medizinische Notwendigkeit bin ich nun zum Abstillen gezwungen. Die letzten drei Tage hat ihn nun auch der Papa zwar mit einigem Beklagen, aber erfolgreich ins Bett gebracht. Aus gesundheitlichen Gründen habe ich die letzten Nächte auf der Couch verbrach...


Kind schreit seit dem Abstillen beim Einschlafen und ist abweisend

Hallo! Ich möchte meine Tochter, 13 Monate nun abstillen. Tagsüber stillen wir nicht mehr, nachts noch ein bis zwei Mal. Eigentlich hat alles ganz gut funktioniert. Statt dem Einschlafstillen trage ich sie in der Trage herum und singe Lieder (sie ist ein extremer Tragling, immer schon gewesen und liebt die Trage). Sie ist in den ersten Tagen ra...


Abstillen und Einschlafen, auch im eigenem Bettchen

Hallo liebe Stillberatung, ich würde gerne bald Abstillen, finde es aber ganz schwierig und weiß nicht, wie ich vorgehen soll.. Ich versuche unsere Situation mal kurz zu beschreiben: Meine Kleine ist knapp 20 Monate alt. Sie hat nie Brei gegessen und ist auch jetzt noch eine sehr schlechte Esserin. Sie ist extrem nähebedürftig und schläft meist ...


Abstillen vor dem Einschlafen

Liebes Stillteam! Ich brauche mal wieder euren Rat. Mein Kind ist 18 Monate alt. Und es nimmt kein Fläschchen. Ich stille mein Kind noch vor dem Mittagsschlaf, abends vor dem Einschlafen und in der Nacht. Vor Kurzem haben wir noch 2 mal untertags gestillt, diese Stillmahlzeiten lassen wir inzwischen weg. Das konnte ich durch Ablenkung echt gut l...


Abstillen / Einschlafen

Hallo liebe Stillberatung, meine Tochter Feli ist 11Monate. Ich möchte sie langsam wirklich abstillen, bin allerdings völlig am Ende meiner.. Ich habe sie von Anfang an durch ein paar Probleme im Liegen stillen müssen und so ist sie natürlich dann auch immer eingeschlafen. Nun möchte ich sie abstillen. Nur wenn wir sie abends schlafen l...


Abstillen / einschlafen

Hallo, Meine tochter ist jetzt 7 monate. Ich stille sie noch, versuche es aber langsam abzustellen. Sie bekommt schon mittags, nachmittag und abends beikost. Da ich sie aber nur über "einschlafstillen" ins bett kriege, mache ich mir schon Gedanken. Wie soll ich sie zum einschlafen bekomm, wenn ich komplett abgestillt habe? Ich weiß viele kind...


Abstillen/selbstständig einschlafen?

Guten Morgen Frau Welter, unsere Tochter ist 9 1/2 Monate alt und war noch nie die beste Schläferin, was auch erst einmal nicht das Problem ist. Tagsüber stille ich nicht mehr, nur noch abends zum Einschlafen und nachts. Nun wäre sie vom Alter her definitiv so weit, dass ich abstillen könnte. Meine Frage wäre, ob ich das abendliche Stillen und ...


Abstillen, wenn das Baby die Brust zum einschlafen braucht.

Liebe Biggi, Mein Sohn ist nun 8 Monate alt, er bekommt schon Beikost (3 Mahlzeiten pro Tag) und ich möchte nun abstillen. Leider gestalten sich vor allem die Nächte problematisch, grundsätzlich schläft er nicht länger als 2Std am Stück, und dann bekommt er immer die Brust um möglichst schnell wieder einzuschlafen. Mir ist bewusst, dass er dadurch...


Abstillen wenn Baby nur an der Brust einschlafen kann

Hallo, meine Tochter, 7.5 Monate kann leider nur an der Brust, v.a. In Seitlage im Bett einschlafen, seltener auf dem Arm. Bis vor 2 Wochen habe ich es jedes zweite oder dritte Mal geschafft sie nach dem stillen abzulegen und bei ihr zu sein, bis sie nach einiger Zeit spielen, selbst in den Schlaf gefunden hat. Alternativ funktionierte auch manchma...