Besser Brei durch weniger Stillmahlzeiten?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Besser Brei durch weniger Stillmahlzeiten?

Hallo, unser Sohn ist jetzt Monate alt. Wir hatten schon recht früh mit Beikost angefangen (mit 4,5 Monaten), er hatte aber immer nur 20-50g gegessen. Ungefähr mit 6 Monaten wurde es dann mehr und er nahm immer so ca. 100g pro Mahlzeit. Das ging 2 Wochen gut, dann war es schlagartig vorbei und er verweigerte den Löffel ganz. Wir waren dann auf diese Quetschbeutel umgestiegen, von denen er immer so 1 Quetschie am Tag gegessen hat. Außerdem bekam er das, was wir aßen: Brot, Nudeln, Obst und Gemüse. Wobei davon das meiste auf dem Boden landete oder, wenn er es doch in den Mund steckte, hin- und hergeschoben wurde, bis die Zunge es wieder herausbeförderte. Bei Nahrungsmitteln, die er gern mochte, habe ich beobachtet, wie er die Hand vor den Mund hielt, damit es nicht wieder rausfallen konnte. Vor einem Monat hat er dann wieder mit Brei angefangen und tatsächlich 3x täglich 100-200g Brei gegessen. Quetschie wollte er dann natürlich nur noch unterwegs und Fingerfood haben wir ihm weiter angeboten. Hier aber weiterhin das Problem mit der Zunge (manchmal fiel auch der Brei einfach wieder aus dem Mund raus). Mit der Zeit ist es immer schwieriger geworden ihn zu füttern, so dass wir immer mehr Ablenkung betrieben haben (wir waren ja froh, dass er endlich Brei gegessen hat). Vor ein paar Tagen, war das mit der Ablenkung aber so ein großes Theater (er hat nur noch gegessen, wenn er Stapelbecher vom Tisch werfen konnte = einer hat gefüttert, der andere die Becher wieder aufgehoben), dass ich gesagt hatte, wir müssten es wieder mit weniger Ablenkung versuchen. Gesagt getan, doch dann hatten wir das Problem, dass er den Löffel wieder komplett verweigert. Selbst, wenn wir ihm die Becher wieder gaben, blieb der Mund zu. Inzwischen isst er wieder besser. Trotzdem braucht er auch jetzt ein gewisses Maß an Ablenkung (z.B. mit einem Wasserbecher / einer Flasche spielen und/oder mit einem Löffel / einer Schüssel). Gestillt wird er noch (fast) nach jeder Mahlzeit. Würde er durch das Weglassen einzelner Stillmahlzeiten besser Brei essen? Liebe Grüße

von Lulu_Hase am 14.09.2016, 11:46



Antwort auf: Besser Brei durch weniger Stillmahlzeiten?

Liebe Lulu_Hase, ich würde eher die Beikost weglassen und nicht den Brei ;-). So schwer es auch fällt, versuche die Geduld zu bewahren und mach weiterhin keinen Kampf ums Essen. Wenn es erst einmal so ist, dass das Essen Machtkampf bedeutet, dann sind wir Eltern sehr schnell die Verlierer und viele Essstörungen haben ihre Ursache in einem krampfhaften Machtkampf ums Essen im Baby und Kleinkindalter. Lass dich leiten von deinem Kleinen, er WEISS genau, was er braucht. Wenn er nichts oder nur wenig essen mag, dann lass ihn. Sonst erzeugst du nur einen Stress, der keinem von Euch gut tut. Der beste Weg, ein Kind zu einem "schwierigen Esser" zu machen besteht darin, es zum Essen zu zwingen! Ein Kind darf essen, aber es muss nicht essen und eine sehr bewährte Methode lautet "Die Mutter bietet an, was es gibt, das Kind entscheidet wie viel oder wenige es davon isst". Sei getrost, dass er solange du weiter stillst bekommt, was er braucht. Vielleicht ist auch für dich das Buch "Mein Kind will nicht essen" von dem spanischen Kinderarzt Dr. Carlos Gonzales eine interessante (und beruhigende) Lektüre. Das Buch ist im Buchhandel (ISBN 3 932022 12 2) bei der La Leche Liga oder auch im Stillshop hier auf der Seite erhältlich. Dr. Gonzales hat eine Aufstellung gemacht, wie viel Muttermilch (MM) ein Baby im Alter zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um den empfohlenen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen zu decken: Energie: 830 kcal = 1185 ml MM Eiweiss: 9,6 g = 910 ml MM Vitamin A: 350 µg = 700 ml MM Vitamin B: 0,4 µg = 412 ml MM Vitamin C: 25 mg = 625 ml MM Diese Angaben zeigen, dass Muttermilch den Bedarf des Kindes an vielen Nährstoffen lange zu decken vermag und nicht unbedingt Eile geboten ist, das Kind zum Essen zu zwingen. Ich zitiere dir noch aus einem Artikel, den Denise Both IBCLC geschrieben hat: "Das am heißesten gehandelte Thema, wenn es um Mangelerscheinungen bei gestillten Kindern ist das Eisen. Stillende Frauen dürfen sich immer wieder anhören, dass Muttermilch ja nur wenig Eisen enthält und dass die Eisenspeicher des Kindes nur bis etwa sechs Monate ausreichen und dann sei es unabdingbar Beikost einzuführen, um einen Eisenmangel abzuwenden. Es stimmt, dass Muttermilch im Verhältnis zu Kuhmilch oder künstlicher Säuglingsnahrung nur wenig Eisen enthält, demgegenüber steht jedoch die bessere Bioverfügbarkeit des Muttermilcheisens für das Kind. Dennoch kann es zu einem Eisenmangel bei gestillten Kindern kommen. Besonders gefährdet dafür sind Frühgeborene, Kinder deren Mütter in der Schwangerschaft einen Eisenmangel hatten und Kinder, deutlich länger als sechs Monate jegliche feste Nahrung ablehnen. Man muss zwischen Eisenmangel und einer Eisenmangelanämie unterscheiden. Eisenmangel lässt sich nicht unbedingt an einem niedrigen Hämoglobinwert (Hb) erkennen. Es reicht also nicht, beim Kind regelmäßig den Hb zu bestimmen, um einen Eisenmangel auszuschließen, sondern es muss zusätzlich auch noch der Serum Ferritin Wert bestimmt werden. Ein Eisenmangel im Kindesalter kann wirklich schwer wiegende und vor allem nicht immer wieder behebbare Folgen für die geistige und körperliche Entwicklung haben und sollte deshalb nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Dazu kommt, dass sich ein unguter Kreislauf entwickeln kann, wenn das Kind erst mal in eine Mangelsituation geraten ist: Der Eisenmangel macht das Kind appetitlos, das Kind mag erst recht keine Beikost essen, der Eisenmangel verschärft sich. Deshalb ist es sinnvoll, dass bei einem Kind, das lange jegliche Beikost verweigert, Hämoglobin und Ferritin bestimmt werden, um rechtzeitig eingreifen zu können, falls sich ein Mangel bestätigt. Der Pieks für die Blutuntersuchung ist weniger traumatisch für das Kind, als ein unentdeckter Eisenmangel. Eine vegetarische Ernährung ist übrigens nicht gleichzusetzen mit einer zu geringen Eisenzufuhr. Vegetarisch lebende Familien sollten jedoch unbedingt auf eine bewusste Zusammenstellung ihrer Ernährung achten, denn das Eisen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln wird nur zu 3 bis 8 Prozent verwertet, also deutlich weniger als das hämgebundene Eisen aus Fleisch, dessen Verwertbarkeit bei etwa 23 % liegt." Es gibt Babys, die es geradezu hassen und hysterisch reagieren, wenn man ihnen etwas in den Mund stecken will. Diese Kinder essen aber recht gut, wenn sie selber essen dürfen. Das Geschmiere, das es dabei gibt, ist weniger schlimm, als das Theater mit einem Kind, das sich mit allen Kräften wehrt und außerdem lernen die Kinder recht schnell gut zu essen. Es gibt eine ganze Menge, was als fingergerechte Nahrung angeboten werden kann. Banane zum Beispiel kann ein Kind gut in die Hand nehmen, sie ist weich und es kann sie alleine essen. Auch ein Stück von einer gekochten Kartoffel geht gut. Gekochte Erbsen können einzeln aufgepickt werden (ist gleichzeitig eine gute Übung für die Feinmotorik), alle Gemüse und Obstarten, die einigermaßen weich sind und dann in kleine Stücke geschnitten werden, können gegeben werden. Probier es einfach weiterhin immer wieder aus und gib deinem Kind noch etwas Zeit. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 14.09.2016