Baby schläft beim Stillen ein/genug Hintermilch?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Baby schläft beim Stillen ein/genug Hintermilch?

Hallo liebe Expertinnen, nach einer schrecklichen Nacht, in der ich meinen Sohn (4 Wochen) ununterbrochen an der Brust lassen musste, möchte ich Sie gerne um Ihre Einschätzung bitten. Seit er auf der Welt ist, gestaltet sich das Stillen als sehr schwierig, weil er an der Brust immer sofort einschläft. Er macht zwei, drei gierige Schlucke, und schläft ein. Sämtliche Tipps, die mir die Hebammen im Krankenhaus und meine Nachsorge-Hebamme gegeben haben, und die ich auch hier gelesen habe, beeindrucken unsere kleine Schlafmütze überhaupt nicht, das einzige, was etwas bringt, ist es, ihn dann an die andere Brust anzulegen. Dadurch saugt er aber an jeder Brust höchstens 8 Minuten. Nach 3-5 Min schläft er ein, dann probier ich, ihn zu wecken und kapituliere nach 8, 10 Min und lege ihn an der anderen Seite an. Das Spiel machen wir solange, bis er 3mal an jeder Brust war, dann ist meistens eine anderthalbe Stunde rum und ich bin fix und fertig (vor allem nachts). Auf diese Art trinkt er dann aber auch zwischen 80 und 120ml, das hab ich tagsüber schon mit Wiegeproben festgestellt. Übrigens schläft er danach nur solange weiter, wie man ihn auf dem Arm hat, sobald man ihn ablegt, schreit er wie am Spieß. Tagsüber klappt das ganze so auch ganz gut, abgesehen davon, dass es ziemlich zermürbend ist, und ich zu nichts komme außer Stillen und Kind-auf-dem-Arm-Halten (Tragetuch gefällt ihm nicht, da schreit er auch). Jetzt hatten wir heute Nacht aber das Problem, dass er sich überhaupt nicht beruhigt hat, sondern rund um die Uhr die Brust verlangt hat. Nur um dann an der Brust wieder einzuschlafen, also ging's die ganze Zeit im Minutentakt...Brust...Kind schläft ein...lässt Brustwarze fallen...Kind wacht auf und schreit...schnappt gierig nach Brust...schläft ein. Er kriegt die Brustwarze eigentlich gut zu fassen, er schluckt auch ordentlich, das hat meine Hebamme mehrmals aufmerksam kontrolliert. Ich habe jetzt Angst, dass er durch das ständige Brustwechseln vielleicht nicht an die Hintermilch herankommt und deshalb ständig Hunger hat? Es ist ja auch nicht so, dass er ununterbrochen trinkt, er schläft ja immer an einer Brust ein und dann lasse ich 2-3 Min vergehen, bis ich ihn an die andere anlege, in der Hoffnung, dass er sich vielleicht doch aufwecken lässt. Kann es sein, dass er dadurch nur an die Vordermilch rankommt und deshalb immer Hunger hat? Soll ich vielleicht versuchen, ihn zwar kurz abzunehmen, aber dann an der gleichen Brust wieder anzulegen, wär das besser? Er nimmt seit einer Woche auch nicht mehr gut zu, je nachdem, wann ich ihn tagsüber wiege, ob nach dem Trinken oder nach dem Windel-Befüllen, hat er mal 50g mehr, mal 10g weniger als letzten Donnerstag. Entschuldigen Sie den langen Text, nach 2 Nächten ohne Schlaf fällt mir das Konzentrieren ziemlich schwer ;) Also nochmal auf den Punkt gebracht, meine Frage ist eigentlich die, ob ich durch das ständige Brust-Wechseln einen Fehler mache und ihm dadurch die Hintermilch vorenthalte und eine andere Taktik besser wäre. Anders kann ich mir nicht erklären, warum er heute Nacht ununterbrochen an die Brust wollte. Danke schonmal, dass Sie sich die ganze Misere durchgelesen haben. Viele Grüße

von ChristianeS am 11.03.2015, 12:50



Antwort auf: Baby schläft beim Stillen ein/genug Hintermilch?

Liebe ChristianeS, wenn Ihr Baby ausreichend zunimmt, besteht eigentlich kein Grund zur Sorge, denn sein Verhalten entspricht schon fast „lehrbuchmäßig" dem eines wenige Tage oder Wochen alten Babys, das eben nicht zehn bis 15 Minuten an der Brust trinkt und danach zufrieden einschläft (Baby, die sich so verhalten, sind so schwierig zu finden, wie eine Nadel im Heuhaufen). Babys haben ein über das reine Ernährungssaugen hinausgehendes Saugbedürfnis und diesem „non nutritiven" Saugen kommt eine sehr große Bedeutung zu. Nun werden viele Menschen sagen: „Dafür gibt es ja einen Schnuller". Doch das ist eine sehr zweifelhafte Antwort. Der Schnuller ist eine Brustattrappe und von der Natur ist vorgesehen, dass das non nutritive Saugen an der Brust stattfindet. Wird der Schnuller eingesetzt, kann es nicht nur zu Saugproblemen kommen, er kann auch dazu führen, dass das Kind zu wenig Zeit an der Brust verbringt, so dass die Brust nicht ausreichend stimuliert wird und das Kind nicht die Milch bekommt, die es braucht. Der Gebrauch des Schnullers ist sehr kritisch zu sehen. Die anderen Nebeneffekte, wie häufiges Aufstehen der Mutter, weil das Kind den Schnuller verliert, sind natürlich auch nicht gerade angenehm. Die oben erklärten Zusammenhänge machen es Ihnen möglicherweise einfacher, dem Bedürfnis des Kindes entgegenzukommen, zumal es erwiesen ist, dass es sich langfristig auszahlt, diese Bedürfnisse jetzt zu stillen. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys (und keinesfalls ein Einschlafproblem). Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Ein Wachstumsschub ist mit etwa vier Wochen zu erwarten. Dazu kommt: Menschenbabys sind Traglinge, die den Kontakt zur Mutter brauchen. Es ist von der Natur nicht vorgesehen, dass sie alleine sind und auch nicht, dass sie alleine schlafen. Das widerspricht dem Bild vom süß in der Wiege schlummernden Baby, das fast alle Frauen (zumindest beim ersten Baby) haben. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn Ihr Kind nicht pausenlos schlafen will und ständigen Körperkontakt sucht. Außerdem schlafen die meisten Babys sehr viel weniger als es von den Eltern angenommen wird. Babys sind soziale Wesen, die die Welt, in die sie hineingeboren wurden erkunden und kennenlernen wollen und das geht nicht im Schlaf. Es gibt auch noch weitere Gründe, warum Ihr Kind aufwacht, sobald Sie es hinlegen. Es wird einfach deshalb wach, weil es durch die Lageveränderung von senkrecht zu waagerecht geweckt wird. Eine solche Lageveränderung reizt das Gleichgewichtsorgan im Ohr und kann dazu führen, dass das Baby aufwacht. Wenn ein Baby liegend (an der Brust) einschläft und liegen bleiben kann, die Lageveränderung also wegfällt, sind die Chancen, dass es weiterschläft erheblich besser. Das gemeinsame Schlafen hat eine ganze Reihe von Vorteilen und verhilft der Mutter zu mehr Schlaf. Möglicherweise wird Ihr Kind auch wach, weil das Bett kälter ist als der Körper von Mutter oder Vater. Diese Temperaturunterschiede können ebenfalls zum Aufwachen führen. Hier hilft es, das Baby in eine Decke zu wickeln und in die Decke eingewickelt hinzulegen. Auch der Kopf sollte in der Decke liegen. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in ihrer Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem werden Sie sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Ihr kleines Menschlein. Sollte Ihr Baby allerdings nicht ausreichend zunehmen, besteht HANDLUNGSBEDARF! Dann ist dringend angesagt, dass das Saugverhalten des Kindes kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert wird. Häufiges Stillen und eventuelles Aufwecken sind zusätzliche Maßnahmen, die in dieser Situation ergriffen werden, um das Gedeihen des Kindes zu sichern. Wenden Sie sich bei einer schlechten Zunahme (unter 150 Gramm pro Woche) schnellstmöglich an eine Stillberaterin in Ihrer Nähe. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 11.03.2015



Antwort auf: Baby schläft beim Stillen ein/genug Hintermilch?

Liebe Frau Welter, erst mal danke für Ihre schnelle Antwort. Dass unser Sohn nur einschläft, wenn ihn jemand auf dem Arm hält, haben wir schon akzeptiert, das ist nicht weiter schlimm. Aber nochmal wegen des Einschlafens während des Stillens: Soll ich den Wechsel von einer Brust zu anderen einfach weiter machen? Fällt das unter Cluster-Feeding? Oder bringt es ihm mehr Hintermilch, wenn er länger an einer Brust bleibt? Leider nimmt er seit seiner Geburt nur sehr langsam zu, laut Hebamme und Kinderärzten aber völlig im Rahmen, auch wenn er die 150g pro Woche nicht knackt. Da würde ich jetzt noch weiter abwarten, bevor ich eine weitere Beraterin konsultiere ;-)

von ChristianeS am 11.03.2015, 14:05



Antwort auf: Baby schläft beim Stillen ein/genug Hintermilch?

Liebe Liebe ChristianeS, die Unterteilung der Milch in Vordermilch und Hintermilch ist nicht so, wie es immer wieder zu lesen ist und ist für die Praxis abgesehen von wenigen, besonderen Fällen kaum relevant. Der Milchspendereflex setzt beidseitig ein, so dass das Kind an der zweiten Brust dann eine „Mischmilch" erhält. Die Unterscheidung in „Vordermilch" und „Hintermilch" ist in aller Regel allerdings eine akademische Frage, die für den normalen Stillablauf keine Bedeutung hat. Solange das Kind gedeiht und sich wohl fühlt, muss keine Mutter über die Anteile an Vorder oder Hintermilch nachdenken. Ob Ihr Kind gedeiht können Sie bei einem vollgestillten Baby an den folgenden Anzeichen erkennen: • mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass „nass" ist, können Sie sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.). • in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal) • eine durchschnittliche wöchentliche Gewichtszunahme von mindestens 110 g pro Woche ausgehend vom niedrigsten Gewicht (mit zunehmendem Alter verringert sich die durchschnittliche Gewichtszunahme), • eine gute Hautfarbe und eine feste Haut, • Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs • ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen. Solange diese Kriterien erfüllt sind, dürfte alles in Ordnung sein. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 11.03.2015



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