Hallo Biggi,
Nach einer schweren Brustentzündung (vor 3 Monaten) und einer Zahnentzündung (vor 1 Monat) habe ich nun wieder eine Entzündung im Mundraum die kurzfristig erneut die Einnahme von Antibiotika erforderlich macht.
Kann ich das meiner Tochter (5 Monate) zumuten? Ich habe Bedenken, dass ihre Darmflora nachhaltig gestört wird oder Sie gegen Antibiotika resistent wird.
Die einzige Alternative wäre jedoch abzustillen, was ich eigentlich absolut nicht möchte. Sie wird derzeit noch voll gestillt.
Leider besteht akuter Handlungsbedarf und ich finde auf die Schnelle hier vor Ort keinen stillerfahrenen Arzt.
Wie wäre Deine Empfehlung in dieser Situation?
Lieben Dank und viele Grüße!
von
steffid.1982
am 16.09.2016, 02:53
Antwort auf:
Antibiotika zum dritten Mal in der Stillzeit
Liebe steffid.1982,
ich fürchte, dass dir niemand eine verlässliche Antwort geben kann. Aber es ist einfach dein Recht und somit doch wohl auch die Pflicht deines behandelnden Arztes, dass er sich wiederum rückversichert. Speziell dafür gibt es die "Embryotox". Das Berliner Pharmakovigilanz und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie ("Embryotox") berät Ärzte bei Fragen zur Vereinbarkeit von Medikamenten und Stillzeit (und natürlich auch Schwangerschaft), und ist unter der Telefonnr. 030 450-525700 erreichbar, per mail unter mail@embryotox.de, oder online unter www.embryotox.de bzw. http://www.bbges.de/content/index024a.html. In der Regel antworten sie noch am gleichen Tag!
Aus dem Buch „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit“ (7. Auflage 2006), das von Dr Schaefer, dem Leiter der Embyotox, herausgegeben wird, zitiere ich dir zum Thema:
Antibiotika allgemein
Bei vielen Antibiotika erhält ein gestilltes Kind unter Behandlung der Mutter weniger als 1 % der auf das Körpergewicht bezogenen therapeutischen Dosis. Damit werden allenfalls minimale, in keinem Fall Bakterien hemmende Konzentrationen im Säuglingsplasma erreicht.
In der Literatur werden immer wieder folgende Risiken diskutiert:
Beeinflussung der Darmflora (ggf. „dünnere" Stuhlkonsistenz, selten Durchfall),
Beeinflussung bakteriologischer Untersuchungen, die im Fall einer Erkrankung des Säuglings erforderlich werden könnten,
Entwicklung resistenter Keime,
Sensibilisierung.
Als klinisch relevant oder gar therapiebedürftig haben sich alle diese Nebenwirkungen bisher nicht erwiesen. Am ehesten ist mit einer vorübergehenden Auswirkung auf die Stuhlkonsistenz zu rechnen (Ito 1993).
Penicilline, Cephalosporine und andere ß Lactam Antibiotika
Erfahrungen. Bei allen gängigen Penicillinderivaten (z.B. Isocillin®, Amoxypen®) liegt der M/P Quotient unter 1. Der voll gestillte Säugling erhält in der Regel deutlich weniger als 1 % einer therapeutischen Dosis (Übersicht in Bennett 1996).
Ähnliches gilt für Cephalosporine, die zum Teil im Darm des Säuglings inaktiviert werden (Übersicht in Bennett 1996). Benyamini und Mitarbeiter (2005) haben 67 Mütter mit Amoxicillin plus dem Enzyminhibitor Clavulansäure (in Augmentan®) sowie 38 mit Cefuroxim nach Nebenwirkungen bei ihren gestillten Kindern gefragt. Bei der ersten Gruppe wurden mit 22 % häufiger Symptome berichtet als bei Amoxicillin alleine. Die Symptome waren dosisabhängig, bedurften aber keinerlei Intervention. Bei Cefuroxim wurden in knapp 3% der Fälle leichte Nebenwirkungen berichtet, die im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit Cefalexin nicht häufiger auftraten.
Bei Aztreonam (Azactam®) sind nach einer Einzeldosis an die Mutter 0,2 % als relative Dosis für das Kind in der auf die Applikation folgenden Stillmahlzeit ermittelt worden (Ito 1990).
Bei lmipenem (Zienam®) wurden in einer japanischen Untersuchung durchschnittlich 0,8 % einer gewichtsbezogenen, i.v. verabreichten Dosis in der Tagesmilchmenge gemessen (Ito 1988).
Von Sulbactam (z.B. Unacid®) beträgt die relative pro Tag übergehende Dosis maximal 1 % (Foulds 1985).
Enteral werden die zuletzt genannten Substanzen kaum resorbiert. Dies spricht zusätzlich für eine geringe biologische Verfügbarkeit beim gestillten Kind.
Zu anderen ß Lactam Antibiotika liegen keine ausreichenden Daten vor. Bisher gibt es keinen Anhalt für toxische Effekte beim gestillten Kind.
Empfehlung für die Praxis: Penicillinderivate und Cephalosporine gehören zu den Antibiotika der Wahl in der Stillzeit. Soweit möglich, sollten länger eingeführte Substanzen bevorzugt werden, d. h. im Fall der Cephalosporine solche der 2. Generation. Wenn erforderlich, können auch andere ß Lactam Antibiotika und Clavulansäure verwendet werden."
LIeben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 16.09.2016