Abgestillt wegen Medikamenten, seitdem läuft alles aus dem Ruder

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Abgestillt wegen Medikamenten, seitdem läuft alles aus dem Ruder

Hallo, Ich brauche einen Rat. Vor drei Wochen habe ich zwei Bandscheibenvorfälle erlitten, vor zwei Wochen habe ich dann meinen 28 Monate alten Sohn abrupt abgestillt, da ich unter anderem Novalgin und Ortoton nehmen musste, letzten Samstag musste ich dann stationär ins Krankenhaus, da mein Bein plötzlich gelähmt war. Dank großer Mengen Cortison (Dexamethason, anfangs als Infusion, später oral) und sehr viel Glück bin ich um eine Operation herumgekommen aber mein Sohn kommt mit der neuen Situation nicht zurecht. Die Kombination aus Abstillen und ihn nicht auf den Arm nehmen dürfen (verbunden mit 3 Tagen Trennung wegen Krankenhausaufenthalt) haben dazu geführt, dass ich ihn nicht mehr richtig beruhigen kann, geschweige denn friedlich in den Schlaf helfen. Er schläft nur noch ein, wenn er völlig am Ende ist (also halb 1 nachts in der Regel) und dann auf Papas Arm, meist weinend. Besser klappt es inzwischen im Auto aber auch da bekomme ich ihn nicht alleine rein und vor allem schlafend wieder heraus, weshalb ich oft nicht darauf zurückgreifen kann. Da ich heute das letzte Mal Cortison nehmen musste, überlege ich mir natürlich, ihn wieder zu stillen, sobald es abgebaut ist (genaue Angaben findet man jedoch schwer, habe etwas von einer Halbwertszeit von 36h gelesen für Dexamethason). Milch habe ich definitiv noch, ich habe immer noch genauso schmerzhafte und große Milchstaus in den Brüsten wie gleich zu Beginn. Wäre es sinnvoll, wieder zu beginnen oder wäre das eher verwirrend für ihn oder gar eine "Krücke" bei einem Prozess, der nun zwingend notwendig ist? Er fragt inzwischen fast gar nicht mehr nach der "Uppala", heute nur einmal als er ins Bad geplatzt ist, als ich gerade geduscht habe. Da hat er gefragt, ob es ihr besser ginge und als ich es verneinte, kam auch nichts mehr. In 1,5 Wochen wären die Prüfungen vorbei bei meinem Mann, er könnte dann auch jederzeit helfen mit Autofahren etc. Ich bin einfach verzweifelt, weil ich ihn nicht wiedererkenne, er kommt nicht richtig zur Ruhe, er klammert deutlich mehr als sonst (er ist noch nicht fremdbetreut, die Nächte ohne mich waren vermutlich das Schlimmste) und er möchte ständig auf den Arm aber ich kann und darf nicht. So unausgeglichen und unzufrieden habe ich ihn noch nie erlebt, er ist die meiste Zeit des Tages weinerlich oder trotzig (er provoziert auch absichtlich, macht verbotene Dinge, die nie ein Thema waren zuvor). Normalerweise ist er ein Energiebündel, das die ganze Welt umarmen möchte. Er zahnt allerdings auch ordentlich und ist erkältet. Ich hatte in letzter Zeit auch so öfter mit dem Gedanken gespielt, abzustillen, da es für mich zur Belastung wurde und er auch bald 2,5 Jahre alt ist - aber wenn das der Preis ist, dann fange ich lieber wieder an und stehe es durch bis er selbst nicht mehr möchte. Hätte ich die Wahl gehabt, hätte ich ihm das nicht angetan. Deshalb nach sehr viel Text meine Fragen - macht es denn nun Sinn, einfach wieder anzufangen oder wird er so oder so noch eine Weile aus dem Konzept sein weil alles zusammengekommen ist (nicht mehr Stillen, nicht mehr Tragen, nicht mehr rund um die Uhr da sein)? Liege ich mit der Theorie richtig, dass ich nach 2x36h "saubere" Muttermilch hätte? Und habt ihr mir noch irgend einen weiteren Tipp oder Erfahrungswert, wie ich auch ohne Tragen und auf den Arm nehmen richtig trösten kann? Schoß ist für ihn leider eine sehr schlechte Notlösung, die er meistens unter Gebrüll ausschlägt. Normalerweise würde ich einfach nach meinem Gefühl gehen, aber das Fortecortin hat mich schon ab der ersten Infusion derart depressiv und stimmungslabil gemacht, dass ich selbigem im Moment einfach nicht ganz traue. Ich fühle mich wirklich schrecklich schuldig, dass er es so schwer hat im Moment und ich fühle mich, als könnte ich gerade deshalb gerade keine sinnvolle Lösung der Situation erarbeiten. Vielen Dank schon einmal im Voraus! Anna

von Aennchen316 am 10.02.2017, 22:24



Antwort auf: Abgestillt wegen Medikamenten, seitdem läuft alles aus dem Ruder

Liebe Anna, Kortison ist in der Stillzeit nicht generell kontraindiziert. Ich zitiere dir dazu mal, was in "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Spielmann, Schaefer, 7. Auflage 2006, dazu steht. "4.11.7 Cortcosteroide Erfahrungen. Praktische Bedeutung für die Stillzeit haben vor allem die Glucocorticoide. Therapeutisch verwendet werden die nicht fluorierten Corticoide Prednison (z.B. Decortin®), Prednisolon (z.B. Solu Decor tin®), Methylprednisolon (z.B. Urbason®) sowie Deflazacort (Calcort®), Hydrocortison (z.B. Hydrocortison Hoechst®), Prednyliden und die fluorierten Derivate Amcinonid (Amciderm®), Beclometason (z.B. Sanasthmyl®), Betamethason (z.B. Celestamine®), Budesonid (Pulmicort®), Cloprednol (Syntestan®), Dexamethason (z.B. Fortecortin®), Flunisolid (Syntaris®), Flumetason (z.B. Cerson®), Fluocortolon (Ultralan®), Fluticason (z.B. Flutide®, Flutivate®), Mometason (z.B. Ecural®), Triamcinolon (z.B. Volon®). Einige Präparate werden ausschließlich inhalativ zur Behandlung obstruktiver Atemwegserkrankungen verwendet. Die M/P Quotienten von Prednison und Prednisolon liegen zwischen 0,05 und 0,25. Eine Stunde nach parenteraler Verabreichung einer Einzeldosis von 110 mg Prednisolon wurden 760 µg/l Milch gemessen. Vier Stunden später waren es 260 µg/l und etwa 9 Stunden nach Applikation noch 60 µg/l. Nach intravenöser Injektion von 1 g Prednisolon wurden entsprechend der 9fach höheren Dosis etwa 9fach höhere Werte in der Milch gemessen, 24 Stunden nach der Applikation war das Corticoid nicht mehr nachweisbar (eigene Beobachtungen). Andere Autoren haben unter niedrigeren Tagesdosen (10 80 mg) einen entsprechend geringeren Übergang für den Säugling ermittelt (Übersicht in Bennett 1996, Greenberger 1993). Zusammenfassend ist mit einem Anteil von durchschnittlich 1 2% der mütterlichen gewichtsbezogenen Dosis für den Säugling zu rechnen. Im Fall der oben beschriebenen 1 g Dosis hätte der Säugling mit der ersten Mahlzeit eine Stunde nach Injektion 0,2 mg Prednisolon/kg Körpergewicht erhalten, über 24 Stunden wären es 0,32 mg/kg. Das ist selbst bei dieser mütterlichen Höchstdosis nur etwa ein Sechstel einer üblicherweise gut verträglichen therapeutischen Kinderdosis (2 mg/kg/Tag). Für den Säugling ergibt sich kein Risiko durch eine kurz dauernde Hochdosisbehandlung, selbst dann nicht, wenn gleich nach der Injektion gestillt wird. Auch unter länger dauernder Behandlung mit 80 mg/Tag wird mit der Muttermilch nur eine Prednisolonmenge übertragen, die weniger als 10 % der körpereigenen Cortisol Produktion entspricht. Zu den übrigen Corticoiden liegen keine ausreichend dokumentierten Transferdaten vor. Empfehlung für die Praxis: Prednisolon, Prednison und Methylprednisolon sind Corticoide der Wahl für eine systemische Behandlung in der Stillzeit. Auch hohe Dosen bis 1 g, einmalig oder wenige Tage nacheinander verabreicht, z. B. beim Asthmaanfall oder bei multipler Sklerose, erfordern keine Einschränkung des Stillens. Bei wiederholter Gabe solch hoher Dosen sollte, wenn es sich einrichten lässt, 3 4 Stunden mit dem Stillen gewartet werden. Wirkungsgleiche Mengen der anderen Corticoide sind wahrscheinlich auch verträglich. Die regelmäßige inhalative Anwendung eines Corticoids bei Asthma ist ebenso unbedenklich wie andere lokale Corticoidanwendungen." Am besten wendet sich deine behandelnde Ärztin/Arzt an die Beratungsstelle für Embryotoxikologie in Berlin Tel.: 030 30308111. Das Team um Dr. Ch. Schaefer hat dort einen speziellen Beratungsdienst für Ärzte zu Medikamentenfragen und Fragen zu Diagnoseverfahren in Schwangerschaft und Stillzeit eingerichtet. Und sobald Du das OK vom Arzt hast, nimm dein Kind und stille es! Ihr leidet beide sehr und auch DU hattest keinen Abschied. Klar könntest Du jetzt komplett abstillen und vielleicht ist es auch ein Rückschritt, aber Ihr braucht erstmal Ruhe, dein Kind muss wieder vertrauen können und auch Du musst erst einmal wieder klar kommen. Es kann auch sein, dass dein Kind gar nicht mehr an die Brust will, aber probiere es aus und schenke deinem Kind die so vermisste Nähe. Und erkläre deinem Kind, dass Du es gerade nicht tragen kannst, dich aber gerne zu ihm setzen magst, so lange es nicht um sich schlägt. Ich wünsche dir so sehr, dass es Euch bald besser geht und dein Sohn wieder Vertrauen fasst. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 10.02.2017



Antwort auf: Abgestillt wegen Medikamenten, seitdem läuft alles aus dem Ruder

Vielen vielen Dank für deine einfühlsame Antwort! Und das trotz Wochenende.... Ich weiß das sehr zu schätzen und werde es definitiv so machen.

von Aennchen316 am 11.02.2017, 21:08



Antwort auf: Abgestillt wegen Medikamenten, seitdem läuft alles aus dem Ruder

Hallo Anna, Irgendwie kommt mir das so bekannt vor. Außer, dass bei uns die Abgewöhnung vom Schnulli genau die gleichen Auswirkungen hatte. Mein ausgeglichenes, fröhliches, lustiges, liebes und gern schlafendes Kind (2,5Jahre) war von einem Tag auf den anderen unausgeglichen, traurig und konnte nicht mehr schlafen. Nach gut einer Woche bekam er seinen Schnulli zum Schlafen zurück, weil es einfach nicht mehr ging. Und was soll ich sagen, ich hatte mein altes Kind wieder. Wenn ich an seine freudestrahlenden Augen zurück denke, kommen mir fast die Tränen... Und das wichtigste: ich hab jetzt zwar ein Kind mit Schnulli, aber ohne seelischen Schaden. Viele Grüße, das wird schon wieder

Mitglied inaktiv - 13.02.2017, 12:57



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