7 Monate altes Baby wird Nachts oft wach

 Kristina Wrede Frage an Kristina Wrede Stillberaterin

Frage: 7 Monate altes Baby wird Nachts oft wach

Hallo Frau Welter, mein Sohn ist jetzt 7 1/2 Monate. Er hat in seinem Leben noch nie durchgeschlagen. Ich habe ihn 5 1/2 Monate voll gestillt, dann langsam mit Beikost angefangen. Als er schließlich abends eine komplette Portion Brei von über 200 g verputzt hat, hoffte ich auf ruhigere Nächte. Leider war dem nicht so, er wollte weiterhin alle 2 - 3 Stunden an die Brust, in schlimmen Nächten jede Stunde. Also dachte ich mir nun, dass kann doch kein Hunger sein, er nutzt das Stillen nur als Einschlafhilfe. Ich habe versucht ihm dies abzugewöhnen. Statt zu stillen habe ich ihm Tee angeboten, seinen Schnuller gegeben und meine Hand auf seinen Bauch gelegt, bis er wieder eingeschlafen ist. Dies dauerte am Anfang ca. eine Stunde, bis er wieder schlief, aber die Beruhigungszeiten wurden kürzer, er schlief schneller wieder ein, bis er es nach ca. 1 Woche schaffte, bis ca. 3 Uhr durchzuschlagen. Um diese Zeit habe ich ihm weiterhin die Brust gegönnt, ich wollte ihn ja nicht gleich das Stillen komplett weg nehmen. Etwa zwei Wochen nachdem es sich so gut eingespielt hat machte er plötzlich wieder einen Rückschritt. Er wird schon gegen 23 Uhr das erste Mal wieder wach und lässt sich nicht beruhigen. Selbst nach 2 Stunden schläft er immer noch nicht wieder. Dann gebe ich mvöllig übermüdet auf und stille ihn doch wieder. Nach dem Stillen braucht er aber trotzdem noch eine Weile, bis er wieder schläft. Dann schafft er ca. 3 Stunden und das ganze geht von vorn los. Warum schläft er plötzlich wieder so schlecht? Was mache ich verkehrt?

von Hertzchen am 17.04.2015, 10:25



Antwort auf: 7 Monate altes Baby wird Nachts oft wach

Liebe Herztchen, ich kann dir leider nicht genau sagen, warum dein Kind sich verhält, wie es sich verhält, doch wir beobachten immer wieder, dass genau dies passiert, wenn einem Kind das alleine Einschlafen antrainiert wird, bevor es von selbst soweit ist. Vermutlich verkaufen sich deshalb die entsprechenden Ratgeber auch in Millionenhöhe! So anstrengend es ist: Bei manchen Kindern IST es so, dass sie ein erhöhtes Nähebedürfnis haben, dass sie häufiger Stillen und "schlechter" schlafen als andere im gleichen Alter, und das lässt sich nicht ändern, ohne dass andere Störungen auftreten. Wir vergleichen das gern mit einem Grashalm, der auch nicht schneller wächst, wenn wir an ihm ziehen - auch nicht, wenn es ein ganz ganz sanftes Ziehen ist! Ich empfehle dir gern das Buch von Sibylle Lüpold: "Ich will bei euch schlafen - Ruhige Nächte für Eltern und Kinder." Von ihr ist auch die Broschüre "Kinder brauchen uns auch nachts", in der 20 namhafte Experten wie Dr. William Sears, Prof. Dr. Gerald Hüther und Prof. Dr. Remo Largo gute Argumente liefern , weshalb von der Anwendung eines Schlaftrainings, wie zum Beispiel der Ferber-Methode (dem "Schreien lassen"), abzuraten ist. http://www.fuerkinder.org/files/broschre_kinder_brauchen_uns_auch_nachts_de.pdf Ich vermute also, dein Kleiner war einfach noch nicht soweit. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Leider geht der Trend zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Babys, die sich nicht dieser „Norm" anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten. Ein Baby schläft ohne Brust ein, sobald es reif genug dazu ist. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass Du noch die nächsten Jahre damit verbringen musst, dein Baby in den Schlaf zu stillen, wahrscheinlich wird es sogar schneller vorbei sein, als Du es dir jetzt vorstellen kannst. Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen. Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Aber das ist es gar nicht! Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch! Die unruhigen Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst. Überlege dir auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren, dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC). Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter. Lieben Gruß, Kristina

von Kristina Wrede am 17.04.2015