äußere Wende ratsam - wie lang könnte sich das Kind noch drehen?

Dr. med. Vincenzo Bluni Frage an Dr. med. Vincenzo Bluni Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Frage: äußere Wende ratsam - wie lang könnte sich das Kind noch drehen?

Sehr geehrter Dr. Bluni, da sich unser Kind (36. ssw) noch immer in Beckenendlage befindet wurde uns eine Kaiserschnittgeburt oder aber eine äußere Wende nahegelegt. Über beides haben wir uns inzwischen informiert, sind aber trotz allem noch unschlüssig, was wir tun sollten. Gibt es denn für beide Dinge, Gründe die mehr dafür oder mehr dagegen sprechen? In der Untersuchung stellte die Ärztin fest, dass es rein anatomisch und medizinisch keine Gründe gegen einen dieser Eingriffe gäbe. Wir würden unser Kind gern so natürlich wie möglich zur Welt bringen, haben aber die Befürchtung, dass die äußere Wende vielleicht aber doch nicht das richtige ist und fragen uns, ob der Kaiserschnitt dann vorzuziehen wäre (unsere Entbindungsklinik führt grundsätzlich bei BEL nur Kaiserschnitt durch). vielen Dank im Voraus

von pumiko am 21.04.2011, 13:42



Antwort auf: äußere Wende ratsam - wie lang könnte sich das Kind noch drehen?

Hallo, die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Kind aus Beckenendlage bis zur Geburt wieder in Schädellage dreht, liegt in der 30. SSW bei über 70%. Danach sinkt diese Wahrscheinlichkeit mit jeder weiteren Schwangerschaftswoche. Und so sinkt diese Chance auf eine spontane Wendung auf unter 15% nach der 36.SSW. Sofern das Kind sich in der 32. SSW also noch in Beckenendlage befindet, ist es sinnvoll, dass die Eltern mit der behandelnden Frauenärztin/Frauenarzt über die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und die Art der Entbindung sprechen. Welche Möglichkeiten bieten sich? 1.Indische Brücke 2.Moxibustion (33.-36.SSW) 3.Äußere Wendung Bei der Indischen Brücke nimmt die Schwangere, deren Kind in Beckenendlage liegt, selbst eine bestimmte Körperposition ein, bei der sich das Baby in ihrem Leib "unbequem" fühlt und es deshalb seine Position ändert. Hierbei wird versucht, dem Kind ausreichend Raum für eine Drehung zu schaffen. Die Schwangere liegt auf dem Rücken - Bauch und Becken werden für 10 Minuten hoch gelagert. Unter Moxibustion wird die Erwärmung von Akupunkturpunkten durch das Abbrennen von getrocknetem Beifußkraut in Form von glühenden Zigarren verstanden. Zur Anwendung kommt das Verfahren am Akupunkturpunkt Blase 67 (Bl67), der sich am kleinen Zeh befindet und laut einer aktuellen Studie (Vas J et al.) um 30% besser als Lagerungsmanöver als reines Zuwarten geeignet ist, das Kind von der Beckenendlage in die Schädellage zu bringen. Diese Metaanalyse der amerikanischen Fachzeitung kommt dabei zu einem positiveren Ergebnis als eine Cochrane-Analyse aus dem Jahr 2004. Bei Schwangeren in westlichen Kulturen konnte mit der Moxibustion in 50-60% der Fälle eine Drehung erreicht werden. Die schwangere Frau muss sich dabei im sog. Vierfüßlerstand befinden. Das Verfahren stammt aus der traditionellen chinesischen Medizin und wird von Hebammen vor Ort und in ausgewählten Kliniken, die auch die Akupunktur anwenden, durchgeführt. Sofern die ersten beiden Methoden nicht zum gewünschten Erfolg führen, kann mit der Entbindungsklinik über den Versuch einer äußeren Wendung nach der vollendeten 36. SSW gesprochen werden. Jedoch bieten dieses nicht alle Kliniken an. Wo es in Ihrer Nähe eine solche Klinik gibt, sollte Ihre Frauenärztin/Frauenarzt Ihnen sagen können. Für den Versuch einer äußeren Wendung müssen allerdings bestimmte Rahmenbedingungen beim Kind vorliegen. Der Versuch wird erfahrungsgemäß in Kaiserschnittbereitschaft in der Klinik durchgeführt. Das bedeutet, dass ein Operationsteam bereit steht für die Situation, dass es dem Kind akut schlecht geht oder Komplikationen an der Plazenta auftreten. Es gibt viele renommierte Fachvertreter die die Wendung aus Beckenendlage befürworten; es gibt jedoch mindestens genauso viele, die wegen möglicher Komplikationen diese Methode ablehnen. Wichtig ist, dass die Schwangere/das Paar über die Erfolgsaussichten (Die Angaben in der Literatur zum Wendungserfolg reichen von unter 40 % bis über 80 %: Flock E. et al. (1998), Ben Arie A. et al. (1995)) und die möglichen Risiken (vorzeitige Lösung des Mutterkuchens, Blutungen, vorzeitige Wehen, akute Zustandsverschlechterung des Kindes mit der Notwendigkeit zum eiligen Kaiserschnitt, aber auch das Versterben des Kindes) informiert werden. Diese Komplikationen sind zum Glück selten, aber sie können vorkommen. In der internationalen Literatur variieren die Häufigkeitsangaben zu einer vorzeitigen Plazentalösung. Sie liegen bei unter 1 % (Calhoun (1995). Veränderungen im CTG werden als Komplikation nach Wendung wiederholt beschrieben. (Vetter,1998, Phelan, 1984). Nach Studienlage muss in 1-2,9% der Fälle mit einem eiligen Kaiserschnitt wegen CTG-Auffälligkeiten (Flamm, 1991, Hellstroem 1990, Kainer 1994) und in 1-2 von 1.000 Fällen mit dem Versterben des Kindes noch in der Gebärmutter nach dem Wendungsversuch gerechnet werden. Zu letzterem Ereignis ist aber anzumerken, dass bereits das Hintergrundrisiko ohne Wendungsversuch für das Versterben des Kindes noch in der Gebärmutter nach der 37.SSW bei 0,6 – 1,7 pro tausend liegt. Auch nach erfolgreicher Wendung werden spontane Rückdrehungen der Feten wieder in Beckenendlage in 4 bis ca. 6 % angegeben. (Flamm, 1991, Pluta, 1981) Zusammenfassend kommt der ausführlichen Aufklärung über das Verfahren der äußeren Wendung mit seinen Vorteilen, aber auch seinen Risiken eine große Bedeutung zu. Wenn den Eltern die Spontangeburt sehr wichtig ist und sich der Erfolgsaussichten und möglichen Risiken bewusst sind, ist es sinnvoll, über eine äußere Wendung nachzudenken und sich dafür die passende Klinik auszusuchen. VB Quellen Ben-Arie A, Kogan S, Schachter M, Hagay ZJ, Insler V: The impact of external cephalic version on the rate of vaginal and caesarean breech deliveries: a 3-year cumulative experience. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 63 (1995) 125-129 Boos R., Hendrik H.J., Schmidt W., Das fetale Lageverhalten in der zweiten. Schwangerschaftshälfte bei Geburten aus Beckenendlage und Schädellage, Geburtsh Frauenheilk 1987; 47:341-345 Bung, P., Huch, R. und Huch, A. , Ist die Indische Wendung eine erfolgreiche Methode zur Senkung der Beckenendlagenfrequenz?, Archives of Gynecology and Obstetrics Volume 242, Numbers 1-4, 694 Calhoun BC, Edgeworth D, Brehm W. External cephalic version at a military teaching hospital: Predictors of success. 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No.: CD000083. DOI: 10.1002/14651858.CD000083 Hughey, M. J., Fetal position during pregnancy. Am J Obstet Gynecol 153 (1985), pp. 885-886 Kainer F, Pertl B, Netzbandt P, Fast C: Der Einfluss der Ultraschalluntersuchung bei der äußeren Wendung der Beckenendlage. Geburtshilfe Frauenheilkd 54 (1994): 108-110 Phelan JP, Stine LE, Mueller E, McCart D, Yeh S: Observations of fetal heart rate characteristics related to external cephalic version and tocolysis. Am J Obstet Gynecol 149 (1984): 658-661 Pluta M, Schmidt S., Giffei JM, Saling E.:Die äußere Wendung des Feten aus Beckenendlage in Schädellage in Terminnähe unter Tokolyse. Z Geburtshilfe Perinatol 185 (1981): 207-215 Schüngel, Petra, Die äußere Wendung bei Beckenendlage - eine differenzierte Auswertung von 1026 Fällen auf dem Hintergrund von 2026 Schwangerschaften, Dissertation Medizinische Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin, 2007 Vas J et al, Correction of nonvertex presentation with moxibustion: a systematic review and metaanalysis, Am J Obstet gynecol 2009, 201:241 Vetter K., Nierhaus M.: Die äußere Wendung des Kindes in Schädellage. In: Feige /Krause (Hrsg), Urban und Schwarzenberg, Kapitel 7 (1998)

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 21.04.2011



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