Einschlafen

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Einschlafen

Hallo Fr. Dr. Bentz, ich wende mich an Sie weil ich momentan wirklich nicht mehr weiter weiß. Meine Tochter 18 Monate hatte vom Anfang an Probleme beim Einschlafen, sie war bis ca. 5 Monate ein Schreikind. Bis ca. 1 Jahr hab ich sie meist in den Schlaf gestillt, dann haben wir sie getragen, geschaukelt, usw. Das ging eigentlich relativ gut, geschrien hat sie zwar trotzdem immer, mal mehr mal weniger, aber sie schlief dann relativ schnell ein. Seit gut 2 Monaten wehrt sich meine Tochter so gegen das Einschlafen, dass ich mir nicht mehr zu helfen weiß, sie beißt, zwickt und haut um sich, Lege ich sie dann in ihr Bett schreit sie so sehr, dass sie sich fast übergibt, bzw. hat sie sich auch schon manchmal übergeben. Ich bin jetzt wieder in der 26. Woche schwanger und einfach ratlos. Wenn es nicht gerade ums Schlafen geht ist sie komplett anders, sie ist fröhlich, überhaupt nicht aggressiv und wirkt sehr ausgeglichen. Mittlerweile sind meine Arme voll mit Bissspuren und mein Ausschnitt voll mit Kratzer und Blutergüssen. Ich habe auch schon probiert den Mittagsschlaf wegzulassen, nur dann ist sie am nachmittag so aufgedreht und weint bei jeder Kleinigkeit und spielt nicht mal mehr richtig weil sie nur getragen werden möchte. Ich hoffe sie können mir weiterhelfen, bzw. sagen wie ich mit dem aggressiven Verhalten umgehen soll, denn manchmal werde ich selber richtig wütend, sodass ich sie hinlegen muss und kurz aus dem Zimmer gehe. Liebe Grüße

von I-Hope-so-86 am 24.08.2016, 13:46


Antwort auf: Einschlafen

Liebe I-hope-so-86! Ach herrje, das hört sich ja wirklich nicht so schön an! Nun, da Ihre Schwangerschaft auch mit großen Schritten voranschreitet bekommt das Ganze natürlich auch einen bedrohlichen Charakter, denn es ist ja absehbar, dass demnächst ein anderes kleines Wesen ebenfalls sehr viel Aufmerksamkeit fordern wird. Was also tun? Zunächst einmal ist es vollkommen richtig, dass Sie den Raum verlassen, wenn Sie merken dass Sie wütend werden. Ohnehin würde ich dringend vorschlagen, dass Sie auf Abstand gehen. Ihre Tochter weiß nicht, was sie da tut. Es sind auch noch keine „echten“ Aggressionen, die immer auch eine Schädigungsabsicht beinhalten, sondern vielmehr ein Ausdruck von Spannungen, von diffuser Wut. Ihre Tochter möchte Ihnen nicht wehtun, oder Sie gar provozieren, Ihr ist noch nicht klar, dass das, was Sie da tut, Ihnen Schmerzen bereitet. Sie ist müde, erschöpft, und überfordert. Von daher ist es erforderlich, dass Sie die Verantwortung für die Situation übernehmen, und es ist klar, dass es keine Lösung ist, sich blutig beißen zu lassen. Dies hilft Ihrer Tochter nicht, und Ihnen erst recht nicht! Ich würde Ihnen raten, Ihre Tochter in Ihre Bett zu legen, noch kurz was vorzusingen oder vorzulesen und dann den Raum zu verlassen, um dann nach ca. 2-3 Minuten kurz wieder reinzukommen, ggf. kurz ein paar tröstende Worte zu sagen usw.usw. Ja, es handelt sich dabei um eine Form des sogen. Ferberns, und das ist sicher nicht unumstritten. Doch Ihre Tochter ist nun in einem Alter, wo ich angesichts der Umstände die Methode für vertretbar halte. Es wäre sicher schöner, wenn man drumherum käme, denn die erste Zeit wird sicher Stress für alle, und Ihre Tochter wird sich reinsteigern, doch Ihre innere Anspannung macht ja deutlich, dass es nun wirklich fünf vor zwölf ist. Zudem vermute ich, dass abgemilderter Formen (wie etwa einen Stuhl neben das Bett stellen und diesen jeden Tag näher zur Tür rücken, bis man als Eltern gar nicht mehr anwesend sein muss), nicht unbedingt sanfter sein werden, da sie natürlich auch spürt, wenn Sie wütend werden. Sie schauelen sich dann gegenseitig auf ein Erregungsniveau hoch. Was eventuell helfen kann, sind Ohrenstöpsel, um die schrillen Obertöne und die Lautstarke etwas abzupuffern. Keine Angst - Sie können Ihr Kind noch deutlich hören und bekommen alles mit! Es hilft aber vielen Eltern, das Schreien besser und ruhiger zu ertragen, um so dem Kind eine wirkliche Stütze zu sein. Wichtig ist aber bei alledem, das Sie auf feste Schlafenzeiten achten, d.h. abends immer um die gleiche Zeit ins Bett und morgens auch um die gleich Zeit hoch (selbst wenn die Nacht nicht so toll war). Dann brauchen Sie nicht gleich auf den Mittagsschlaf zu verzichten, sondern sollten ihn lieber limitieren, sprich nach einer bestimmten Zeit Ihre Tochter wecken. Es ist zwar verführerisch, die Zeit der Ruhe dann mal wirklich so lange es geht auszukosten, doch bringt dies den Rhythmus, der für Kinder mit Regulationsschwierigkeiten ja so wichtig ist, immer wieder durcheinander. Ansonsten nutzen Sie die restliche Zeit, um sich aktiv um größtmögliche Unterstützung und Entlastung für die Zeit nach der Geburt zu sorgen. Ich würde hier auch über eine tägliche stundenweise Betreuung bei einer Tagesmutter nachdenken. Nicht nur für Sie und das neue Baby kann dies sinnvoll sein, auch Ihre Ältere kann hiervon profitieren. Auf jeden Fall sollten Sie mit zwei so kleinen Kindern nicht den Ehrgeiz haben, alles allein zu schaffen. Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute und viel Kraft! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 29.08.2016