abendliches Schreien

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: abendliches Schreien

Guten Abend Frau Bentz, mein Sohn(13 Wochen) schreit abends ca. 1 Stunde und lässt sich dabei nicht beruhigen. Nur Stillen und herumtragen helfen etwas. Nach dieser Stunde ist alles wieder gut und er ist ein ausgeglichenes Baby. Damit kann ich auch umgehen. Aber meine 2 Jahre alte Tochter hat erst Angst, dann wird sie wütend und haut um sich, weil das Schreien nicht aufhört und Mama sich nicht wirklich um sie kümmern kann. Ich bin so ratlos, wie ich ihr helfen kann. Leider kann sie in dieser Zeit auch nicht von jemand anderem betreut werden und so aus der Situation entkommen. Was mache ich mit ihr in dieser Stunde und wie erkläre/tröste ich sie? Alleine spielen mag sie da natürlich auch nicht. Danke für ihre Hilfe.

von lisimi am 25.08.2016, 20:06


Antwort auf: abendliches Schreien

Liebe lisimi! zwei so kleine Kinder abends zur Ruhe zu bringen ist wirklich eine große Herausforderung. Ich kenne die Situation aus eigener Erfahrung und habe einige Eltern bei mir in der Praxis, denen es ähnlich geht. Einen wirklichen Goldstandard für den Umgang mit dieser Situation gibt es aus fachlicher Sicht nicht und manchmal ist es für eine Zeit eben wirklich alles andere als perfekt. Das muss sie aber auch nicht sein. Natürlich meldet sich da schnell das schlechte Gewissen, doch Sie können sich eben auch nicht vierteilen. Für das ältere Kind bedeutet das selbstredend eine Herausforderung, aber auch eine Möglichkeit zu wachsen. Verständnis kann man in diesem Alter zwar noch nicht erwarten, die Erfahrung, dass die Aufmerksamkeit und Verfügbarkeit nun nicht mehr rund um die Uhr ungeteilt ist, ist jedoch alles andere als schädlich. Ansonsten habe ich schon einige kreative Lösungsideen gehört: Manche Eltern fahren ganz gut mit Gehörschutz (nicht Kopfhörer) für die älteren Kinder. Die dämpfen nicht nur die Laustärke, sondern sehen auch ganz lustig aus, so dass Kinder es oft ganz spaßig finden, sie zu tragen. Ich hatte etwas Erleichterung mit Hörbüchern und einen eigenen Kinder-mp3 Player, den mein kleiner Großer allein bedienen konnte. Außerdem habe ich den Großen zuerst und schon recht früh ins Bett gebracht, denn war er erstmal eingeschlafen, hat es ihn nicht gestört, wenn sein Bruder unruhig war. Ich finde, hier muss man auch mal nicht nur in der Kategorie pädagogisch wertvoll denken. Erlaubt ist, was klappt und die Situation entspannt. In der Not hat mir auch schon mal der "Feuerwehrmann Sam" geholfen... (-; Weiterhin habe ich mir tatsächlich gerade abends oft auch noch Unterstützung durch unseren Babysitter geholt, die dann einfach schon mal das eine Kind mal fertig gemacht, vorgelesen oder gebadet und gewickelt hat, während ich mich um das andere Kind gekümmert habe. Sie schreiben, dass dies nicht bei Ihnen möglich ist, doch vielleicht haben Sie da gar nicht an Babysitter gedacht, sondern nur an Hilfe durch den Papa oder die Großeltern? Klar, es ist abgesehen von den Kosten nicht jedermanns Sache, gerade abends Fremde um sich zu haben, doch warum sollte man sich nicht extren Unterstützung sucher, wenn die Familie es nicht kann? Das ist natürlich echter Luxus, doch vielleicht gibt es bei Ihnen in der Nachbarschaft ja ein nettes Mädels oder ein netter Junge, der mal abends bei der kritischen Zeit helfen kann, sofern eben der Papa nicht ablösen kann. Es geht dabei ja nicht um echte eigenverantwortliche Fremdbetreuung, sondern um ein paar zusätzliche Hände. In vielen Orten gibt es auch sogen. Leihomas (babysitter 25+) oder Programme wie wellcome, die ehrenamtliche Unterstützung auf dem Prinzip der Nachbarschaftshilfe bieten. Vielleicht ja auch bei Ihnen. Darüber hinaus könnten Sie diese Frage mal in einem der Elternforen stellen. Vielleicht erhalten Sie dort ja weitere Anregungen. Ansonsten haben Sie bei dem geringen Altersunterschied schnell den Vorteil, dass Sie beide Kinder irgendwann gleichzeitig und mit dem gleichen Buch, Ritual etc. ins Bett bringen können. Das was jetzt noch sehr anstrengend ist, zahlt sich dann schnell wieder aus. In diesem Sinne weiterhin alles Gute! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 30.08.2016