3 Monate altes Baby schreit zunehmend und schläft schlecht

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: 3 Monate altes Baby schreit zunehmend und schläft schlecht

Sehr geehrte Frau Dr. Bentz Eine Freundin hatte mir den Vorschlag gegeben mich mit meinem Problem einmal an sie zu wenden. Ich habe mich dafür extra in diesem Forum angemeldet und hoffe, dass sie mir und meiner Tochter vielleicht helfen können. Die Kleine ist nun genau 13 Wochen alt. Zu Beginn war sie ein unheimlich "pflegeleichtes" Baby, dass tags wie auch nachts fast nur geschlafen hat. Ich war sehr erleichtert, denn mit meiner älteren Tochter habe ich eine ganz andere Erfahrung machen dürfen (Schreien vom 1. Lebenstag an über mehrere Stunden am Tag und in der Nacht) Mit den Wochen ist die Kleine natürlich deutlich wacher und aktiver. Ich lege sie regelmäßig, wenn sie müde wird zum Schlafen in ihr Bett oder den Kinderwagen. Sie hat mit der Zeit auch zunehmend angefangen vor dem Schlafen zu schreien. Auch das brachte mich bisher kaum aus der Ruhe, da ich es für normal und noch im Rahmen hielt. Ich habe sie weiterhin zum Schlafen hingelegt und sie im Weinen begleitet. (Einschlafstillen hat bei ihr von Anfang an nicht geklappt. Im Arm schlief sie auch nur sehr unruhig) Ich habe nun langsam das Gefühl, dass die Kleine endlich das Bett bzw die Horizontale mit Schlaf verbindet. Sie weint selten länger als 5 min bis sie einschläft. Jetzt zum unserem Problem: Die Kleine wird fast immer nach ca 30 min wieder wach. Anschließend ist sie nur kurzzeitig guter Laune (ca 20 min) um dann wieder knatschig zu werden oder gar zu brüllen. Lege ich sie wieder hin, schläft sie erneut nur kurz und wird wieder wach. So zieht sich das über den ganzen Tag. Es gibt damit viele kleine Minischläfchen und viel Gebrüll und Gequengel dazwischen. Selten gelingt es mir sie nach der halben Stunde zum weiterschlafen zu animieren. Sollte das geschafft sein schläft sie gut 2 Stunden weiter und ist anschließen auch viel besser gelaunt. Das ganze war zuerst nur tagsüber so. Nun geht es Nachts fast genauso weiter, dabei hatte sie schon Zeiten in denen sie 6 Stunden geschlafen hat bis sie sich meldete. So muss es ja nicht sein, aber ich werde gerade alle 20-30 min von ihr geweckt weil sie wach wird und anfängt zu weinen. Ich bin ziemlich müde von den durchwachten Nächten und im wahrsten Sinne des Wortes "holprigen" Tagen. Alle Minischläfchen zusammengerechnet kommt sie aktuell auf 14 Stunden Schlaf. Allerding ist sie nicht gerade ausgeglichen damit. Manchmal fürchte ich, dass ich zu sehr darauf fixiert bin sie länger schlafen zu lassen. Bei unserer Großen war das allerdings neben einem regelmäßigen Tagesrhythmus (den auch die Kleine nun genauso hat) der Schlüssel zum Erfolg gegen die Schreierei. Sie hatte in dem Alter ca 3 x 1,5 -2 Stunden geschlafen und war dadurch ein völlig anderes ausgeglicheneres Baby. Sollte ich sie einfach ihre Minischläfchen machen lassen, oder ist es sinnvoll weiterhin zu versuchen sie länger am Stück schlafen zu lassen? Wie sollte sich ihr Schlafbedarf von ca 15 Stunden über die 24 Stunden am besten verteilen. Vielleicht lasse ich sie ja einfach zu oft schlafen ?(aber sie schreit ja zwischen den Schläfchen rasch wieder vor Müdigkeit, ich kann sie dann ja nicht zwingen wach zu bleiben) Sollte ich vielleicht feste Zeiten zum Schlafen einführen? Ich wüsste aktuell nicht wie das gehen soll, denn diese kurzen Schläfchen lassen das gar nicht zu..... Ich hoffe das alles klingt nicht zu chaotisch und sie haben ein paar Anregungen für uns! Vielen Dank! Lottali

von lottali82 am 24.02.2016, 20:02


Antwort auf: 3 Monate altes Baby schreit zunehmend und schläft schlecht

Liebe Lottali82, ich kann gut verstehen, dass Sie nach der Erfahrung mit Ihrer ersten Tochter nun langsam etwas panisch werden. Doch es ist wirklich sehr unwahrscheinlich, dass Ihre Tochter urplötzlich ein Schreibaby wird. Rein statistisch haben viele Babys in diesem Alter ihren Schreigipfel, was nicht verwunderlich ist, wenn man berücksichtigt, was gerade beim Thema Schlaf für gewaltige Anpassungsprozesse bewältigt werden müssen. Vieles ist im diesem Alter noch reifebedingt. Das heißt, dass wir Eltern leider auch nicht alles in der Hand haben, es also völlig überflüssig ist, sich Vorwürfe zu machen, wenn es trotz allen Bemühens mit dem Schlafen Schwierigkeiten gibt. Den Druck rauszunehmen und eben nicht alles Mögliche auszuprobieren ist daher oft ein wichtiger Schritt zur Besserung. Sie sagen es ja selbst, Sie sind sehr fixiert auf das längere Schlafen am Stück. Doch gerade die sogenannte Schlafhomöostase (= die Fähigkeit eine angesammelte Schlafschuld durch Schlaf auszugleichen, um so durch längeren zusammenhängenden Schlaf auch länger am Stück wachbleiben zu können) durch ist bei den Kleinen einfach noch nicht voll ausgereift. Gesetze wie "länger schlafen am Stück = länger wach am Stück" oder "lange geschlafen = länger ausgeruht" gelten eben (noch) nicht so ganz. Ich würde daher raten, dass Sie Ihre Versuche, die Kleine länger am Stück schlafen zu lassen, nicht ausarten lassen. In diesem Alter sind ca. drei kürzere Tagesschläfchen völlig normal. Gleichsam bedeutet all dies keineswegs, dass Sie als Eltern keinerlei Möglichkeiten haben, Ihr Kind beim Thema Schlaf zu unterstützen. Ein fester Rhythmus (wenngleich nicht zwanghaft) bietet Orientierung und fördert die zweite wichtige Säule des Schlaf, die sehr wohl stark von außen beeinflußbar ist, nämlich die Entwicklung eines stabilen Tag-/ Nachtrhythmus Am besten gelingt das zunächst mit großen Ankern wie etwa eine relativ feste Einschlafzeit und feste Mittagszeiten. Auch der Tagesablauf sollte klar gegliedert sein. So alle 1,5 bis 2 Stunden sollte die Gelegenkeit zu einer Ruhepause gegeben werden. Sehen Sie dabei das ganze nicht als Gesetz, sondern als Angebot an Ihr Kind. Wenn es dann nicht schläft oder zu kurz schläft ist es eben so, Bleiben Sie dann aber bei der Routine, d.h. versuchen Sie beim nächsten Mal wieder und wieder. Hier ist Durchhaltevermögen gefordert. Wenn es nicht gleicht klappt, ist es kein Zeichen, dass Sie etwas falsch machen, sondern bedeutet nur, dass Ihre Kleine eben etwas mehr braucht. Schlaf ist ein träges Gewohnheitstier! Mir ist bewusst, dass Sie als Mutter eines ehemaligen Schreibaby natürlich weitaus gespannter und sensibler auf dieses Thema reagieren, doch versuchen Sie sich zu stoppen, wenn Sie anfangen zu katastrophisieren. Bleiben Sie gedanklich im Hier und Jetzt! Auch wenn Ihre Kleine nun sehr anstregend ist, es ist eine neue Situation, ein anderes Kind! Sie haben viel gemeistert und werden es auch jetzt schaffen. Sinnvollerweise für alle Beteiligten allerdings nicht allein, sondern mit tatkräftiger Unterstützung. Das muss nicht immer eine Schreiambulanz sein (wobei ich mir vorstellen könnte, dass nur ein Gespräch Ihnen vermutlich schon guttun würde), sondern kann auch Unterstützung im Haushalt, ein Babysitter für die Große etc. sein. Ressourcenschonendes, pragmatische Denken hilft Ihnen jetzt viel mehr als Perfektionismus. Wenn Sie dann etwas machen, was so nicht im Lehrbuch steht, aber funktioniert und Ihre Nerven schont, dann tun Sie es! Ich drücke Ihnen auf jeden Fall die Daumen und wünsche viel Kraft! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 28.02.2016