Frage: Vagimid 500 FTA

Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, gestern sah mein FA in der Urinprobe 2 schwimmende Einzeller und sagte, das seien Trichomonaden. Das ist erstaunlich, denn Geschlechtsverkehr hatte ich seit Ewigkeiten nicht (bzw. liegen seit dem letzten Geschlechtsverkehr und heute mindestens 5 Urinprobenuntersuchungen der Art wie heute) und alle anderen Befunde waren auch OK -- gar keine weiteren Symptome. Ich bin jetzt in SSW 35. Scheiden-PH war die ganze Schwangerschaft über bis heute 4,0. Fremde Badehandtücher habe ich auch nicht benutzt und in der Sauna war ich auch nicht und auch nicht im Pool oder Schwimmbad (allerhöchstens mal im See). Der FA hat mir eine heftige Metronidazol-Keule verordnet, in der oral hochdosiert einzunehmenden Version, Vagimid 500 FTA (soll 1g/d nehmen für 3 Tage, d.h. 500mg à 1-0-1, der Partner auch). Ist das jetzt wirklich nötig? Kann man die Behandlung nicht ggf. auf nach der Schwangerschaft verschieben (ist ja so lang auch nicht mehr hin?). Ich habe mir die anderen Metronidazol-Threads durchgelesen und auch was Embryotox dazu schreibt und finde, dass mir schon allein die experimentellen Ergebnisse (mutagen & karzinogen) hässlich genug klingen, um mein Ungeborenes nicht unnötigerweise damit belasten zu wollen. Auch bin ich grundsätzlich sehr vorsichtig mit Antibiotika. Schon allein wegen der Resistenzen. Und in so einem zarten Alter muss man doch erst recht noch nicht unbedingt damit konfrontiert werden? Beste Grüße, MT

von mamatanne am 05.08.2016, 07:14



Antwort auf: Vagimid 500 FTA

Bei etwa 80 Prozent der Frauen führt der Befall mit dem Einzeller Trichomonas vaginalis nach einer längeren Phase ohne Symptome zu Entzündungen der Scheide und dünnflüssigem gelblichem, übelriechendem Ausfluss (Fluor vaginalis), in dem sich neben den Trichomonaden auch Bakterien und Leukozyten finden. Damit ist oft ein Juckreiz in der Scheide verbunden. Bei drei Vierteln der Patientinnen ist die Harnröhre befallen. Bei üblichen Urinuntersuchungen in der Schwangerschaft mit Teststreifen fällt der Befall meist nicht auf. Nur unter dem Mikroskop entdeckt man den Einzeller. Eine Übertragung erfolgt üblicherweise durch Geschlechtsverkehr, nicht durch Handtücher, Sauna oder Schwimmbad. Zur Vermeidung des „Ping-Pong-Effektes“ ist eine medikamentöse Therapie der Sexualpartner notwendig. In einigen bakteriellen Testsystemen verhielt sich Metronidazol mutagen. Zwar liegt kein Nachweis einer Entwicklungsstörung durch Metronidazol vor, jedoch wird nach wie vor häufig die Meinung vertreten, dass die Anwendung von Metronidazol im ersten Trimenon vermieden werden sollte. Eine retrospektive Kohortenstudie mit annähernd 1400 Schwangerschaften ergab keinen Anhalt für eine Fruchtschädigung beim Menschen (Piper et al 1993). Eine Auswertung von 266 oralen Therapien im ersten Trimenon (1980-1991) zeigte ebenfalls keine Häufung von Fehlbildungen (Czeizel & Rockenbauer 1998). Bei bakterieller Vaginalinfektion wird Metronidazol zur Vermeidung von Fehlgeburten bzw. vorzeitigen Wehen inzwischen empfohlen. Da Sie sich bereits im letzten Schwangerschaftsdrittel befinden, wäre die von Ihrem FA vorgeschlagene Behandlung mit Vagimid durchaus vertretbar.

von Dr. Wolfgang Paulus am 07.08.2016