Frage: Schwanger werden mit Lyrica?

Sehr geehrter Dr. Paulus, mein Anliegen betrifft eher das schwanger werden mit Medikameten, nur indirekt die Schwangerschaft. Seit Mitte Dezember 2016 nehme ich Cortison (aktuell runterdosiert auf 5mg) und Lyrica (ebenfalls schon runterdosiert auf aktuell 50mg-75mg-75mg) bei diagnostizierter Armplexusneuritis. Gerne möchten wir schnellst möglich mit der "aktiven" Babyplanung starten. Die Meinungen der bisher gefragten Ärzte gehen bzgl. der Medikamenteneinnahme, insbesondere des Lyricas, weit auseinander. Mein Neurologe sagt, ich soll einen Zyklus, nach vollständiger Lyricaabsetzung, abwarten bis ich mit der Babyplanung beginne. Mein Gynäkologe ist sich nicht ganz sicher und meint mindestens 3 Monate, besser 6 Monate. Die Cortisoneinnahme stellt bei der Babyplanung, wie auch in der Schwangerschaft, nach Aussage meines Gynäkologen kein Problem dar!? Auch hier bin ich mir unsicher. Ziel des Neurologen ist eine vollständige Medikamentenfreiheit. Aktuell bin ich dabei das Cortison langsam auszuschleichen. Ebenfalls versuchen wir eine Runterdosierung des Lyrikas in 25mg-Schritten alle 4 Tage. Wie lange muss ich sozusagen "lyrikafrei" sein um bedenkenlos schwanger werden zu können? Wie sieht es mit der Lyrikaeinnahme während der Schwangerschaft aus, falls (ich hoffe nicht!) mich ein Rezidiv meiner Erkrankung ereilt? Das Thema beschäftigt mich sehr, da ich mit 37 Jahren auch nicht mehr allzu viel Zeit habe um mir /uns meinen/unseren Kinderwunsch zu erfüllen. Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Zeit und Hilfe. Viele Grüße

von Katha1006 am 24.02.2017, 16:13



Antwort auf: Schwanger werden mit Lyrica?

Der Wirkstoff Pregabalin ist ein Gamma-Aminobuttersäure-Analogon, das zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen, Epilepsie und Angststörungen eingesetzt wird. Es existieren bislang keine hinreichenden Daten für die Verwendung von Pregabalin bei Schwangeren. Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 2006 und 2013 65 Schwangerschaftsausgänge nach mütterlicher Therapie mit Pregabalin in der Frühschwangerschaft dokumentiert. Davon setzten 29 Patientinnen die Behandlung mit Pregabalin auch nach Feststellung der Schwangerschaft langfristig fort. Ein erhöhtes Risiko für kindliche Anomalien zeigte sich in diesem kleinen Kollektiv nicht. Ein norwegisches Geburtenregister dokumentierte eine Fehlbildung unter 30 Kindern nach mütterlicher Monotherapie mit Pregabalin in der Schwangerschaft (Veiby et al 2014). Bislang sind die Erfahrungen mit Pregabalin noch zu begrenzt, um einen Einsatz in der Schwangerschaft empfehlen zu können. Bei einer Halbwertszeit von ca. 6 Stunden ist der Wirkstoff etwa 30 Stunden nach letzter Anwendung weitgehend aus dem Körper eliminiert. Ein monatelanges therapiefreies Intervall ist also bei Kinderwunsch keinesfalls nötig. Eine Metaanalyse berücksichtigte 123.175 Schwangere unter oraler Glukokortikoidtherapie im ersten Schwangerschaftsdrittel. Dabei zeigte sich ein geringer Anstieg von Gesichtsspaltbildungen (Park-Wyllie et al 2000). Eine kontrollierte Kohortenstudie mit 311 Schwangeren unter oraler Glukokortikoidtherapie ergab keine Zunahme angeborener Anomalien (Gur et al 2004). Das erhöhte Risiko für ein niedrigeres Geburtsgewicht und Aborte unter systemischer Glukokortikoidtherapie lässt sich auch häufig durch die zugrundeliegenden Erkrankungen der Mutter erklären (Park-Wyllie et al 2000). Bei zahlreichen Erkrankungen ist eine Fortsetzung der Therapie mit Glukokortikoiden auch in der Schwangerschaft erforderlich. Wegen eines geringeren Übergangs über die Plazenta sind unter den Glukortikoiden Prednisolon und Prednison den halogenierten Glukokortikoiden vorzuziehen. Grundsätzlich bestehen bei moderater Dosis (z. B. Prednisolon 5 mg pro Tag) keine schwerwiegenden Bedenken im Hinblick auf eine Schwangerschaft.

von Dr. Wolfgang Paulus am 26.02.2017