Frage: Phytoöstrogene

Sehr geehrter Herr Dr Paulus, Ich habe Fragen zu der Wirkung von Phytoöstrogenen. Bis zur 18. Ssw habe ich täglich etwa 200 ml soja milch getrunken und etwa alle 10-14 Tage 150g tofu gegessen, denn ich ernähre mich vegetarisch. Zusätzlich habe ich auch Milchprodukte zu mir genommen. Prof. Costa äußerte sich ambivalent zum Thema Soja Konsum in der SS. Habe ich mit diesen Mengen meinem Sohn geschadet? Wenn ja, wie lässt sich eine Schädigung diagnostizieren? Bisher waren alle Untersuchungen inklusive fts unauffällig. Wie wirken Phytohormone? Die Mengen, die man durch die Nahrung aufnimmt, übersteigen ja deutlich die der synthetischen in Medikamenten. Gibt es Empfehlungswerte zum Konsum von soja in der Schwangerschaft? Ich habe von "absolut tabu" über "maximal 800ml Milch oder 300g Tofu pro Tag" (US ernährungsbehörde) bis hin zu "uneinheschränkt im Rahmen einer balancierten mischkost" (NHS, GB) gelesen. Bei Embryotox stand lediglich, dass Östrogene in Form der Antibabypille im ersten Trimenon nicht nachweisbar embryotoxisch wirken. In all meinen Büchern und Broschüren vom Frauenarzt (geschrieben von Prof. Bühling) stand nichts über soja, weshalb ich es weiter verzehrt habe. Über Ihre professionelle Einschätzung würde ich mich sehr freuen, denn ich mache mir große Sorgen um die Gesundheit, insbesondere um die urogenitale Entwicklung, meines Sohnes. Herzlichen DANK und eine schöne Adventszeit für Sie. Viele Grüße, Viviane

von vivy1003 am 09.12.2016, 10:43



Antwort auf: Phytoöstrogene

Die Sojabohne ist reich an sogenannten Phytoestrogenen - pflanzlichen Verbindungen, mit hormonähnlicher Wirkung. Phytoestrogene sind keine Estrogene im chemischen Sinne, sondern besitzen lediglich strukturelle Ähnlichkeit mit diesen. Diese Ähnlichkeit ermöglicht eine Bindung an Estrogenrezeptoren. Besonders reich an den Vorläufern der im menschlichen Organismus aktiven Isoflavone sind Sojabohnen und daraus hergestellte Produkte. Wie hoch der Phytoestrogengehalt eines Lebensmittels ist, wird von Sorte, Klima, Erntezeit und Fruchtreife beeinflusst. Fasst man die Ergebnisse von Tierversuchen und Studien in der menschlichen Schwangerschaft zusammen, scheint die Aufnahme von Isoflavonen mit der Nahrung das Fehlbildungsrisiko bei den Nachkommen nicht deutlich zu erhöhen. Eine Evaluation der Avon Longitudinal Study of Pregnancy and Childhood ergab eine Zunahme von Hypospadien bei den Nachkommen von Vegetarierinnen (North & Golding 2000). Die Autoren führen dies auf die in der pflanzlichen Diät enthaltenen Phytoestrogene zurück. Verbindliche Mengenangaben zum Konsum von Soja-Produkten in der Schwangerschaft gibt es nicht.

von Dr. Wolfgang Paulus am 09.12.2016