Frage: Medikamente

Hallo Könnte ich falls ich schwanger bin folgende Medikamente schaden? Venlaflaxin 75 mg 1 mal tgl L-Thyroxin 112 mg 1 mal tgl Dulcolax 1 mal 5 Stück 1 mal Woche oder b.B Furiosamid 40 mg 1 mal Woche Vielen Dank

von Cena am 03.06.2016, 21:23



Antwort auf: Medikamente

Grundsätzlich sollte man in der Schwangerschaft nur so viele Medikamente einnehmen, wie gesundheitlich unbedingt nötig sind. Wichtig wäre z. B. die Fortsetzung der Behandlung mit L-Thyroxin, um eine Unterfunktion der Schilddrüse auszugleichen. Dulcolax sollte nicht als Mittel der Stuhlregulation dienen. Wozu benötigen Sie einmal wöchentlich Furosemid? Eine prospektiv kontrollierte Multicenterstudie berichtet von 150 Schwangerschaften unter Medikation mit Venlafaxin im I.Trimenon: Neben 7 Schwangerschaftsabbrüchen und 18 Fehlgeburten wurden 125 Neugeborene registriert. Darunter befanden sich zwei Kinder mit einer schwereren Anomalie: 1 x Hypospadie (Harnröhrenfehlmündung), 1 x Neuralrohrdefekt mit Klumpfuß. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe fanden sich keine signifikanten Unterschiede im Schwangerschaftsausgang (Einarson et al 2001). Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1997 und 2007 100 Schwangerschaftsausgänge nach Anwendung von Venlafaxin in der Frühgravidität dokumentiert. Die Befunde wurden mit den Daten eines Kontrollkollektives (n=439) aus demselben Zeitraum verglichen, das nicht oder unproblematisch exponiert war. Unsere prospektive, kontrollierte Followup-Studie konnte kein fruchtschädigendes Potential von Venlafaxin nachweisen. Nach mütterlicher Behandlung mit Venlafaxin in der sensiblen Phase der Organdifferenzierung (I.Trimenon) beobachtete man im schwedischen Schwangerschaftsregister unter 505 Neugeborenen keine Zunahme angeborener Anomalien (Lennestål & Källén 2007). Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko aufgrund der Medikation ist angesichts der aktuellen Datenlage nicht zu erwarten. Eine Fortsetzung der aktuellen Medikation mit Venlafaxin ist auch in der Schwangerschaft durchaus möglich. Nach Anwendung von Antidepressiva wie Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Mirtazapin, Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin im letzten Schwangerschaftsdrittel wurden Atem- und Ernährungsstörungen, Krampfanfälle, Unruhe und anhaltendes Schreien bei den Neugeborenen beobachtet. Diese Beschwerden (max. 2 Wochen nach Geburt) können verlängerten Krankenhausaufenthalt, Beatmung bzw. Ernährung per Sonde erfordern. Es kann sich dabei um direkte unerwünschte Wirkungen der Antidepressiva auf das Neugeborene oder um Zeichen eines Entzugssyndroms handeln. Um diese Anpassungsstörungen zu vermeiden, sollte eine möglichst moderate Dosis von Venlafaxin bis zum Schwangerschaftsende angestrebt werden (z. B. 75 mg pro Tag).

von Dr. Wolfgang Paulus am 07.06.2016