Frage: Grippeschutz

Guten Tag Herr Dr. Paulus, bislang habe ich immer gehört, dass sich Patienten mit geschwächtem Immunsystem gegen Grippe impfen lassen sollten. Da ja auch Schwangere dazu gehören, sprach ich meine Frauenärztin darauf an und sie meinte, im 2. und 3. Trimenon bestehen keine Bedenken. Im Internet kursieren ja die wildesten Artikel von Befürwortern und Gegnern. Die Gegner meinen ja, das Virus gehe nicht auf den Fötus über, daher sei die Impfung sinnlos, sogar gefährlich, weil nicht 100 %ig klar ist, welche Inhaltsstoffe im Impfstoff enthalten sind. Wie sehen Sie das und wozu raten Sie? Vielen Dank und freundliche Grüße

von Missy31 am 09.10.2015, 08:47



Antwort auf: Grippeschutz

Aktualisierte Daten zur saisonalen Influenza sowie während der Influenzapandemie 2009 gewonnene Erfahrungen zeigen, dass Schwangere bei einer Influenzainfektion ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben. Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) seit 2010 die saisonale Influenzaimpfung für alle Frauen, die während der Influenzasaison schwanger sind. Das erhöhte Komplikationsrisiko von Schwangeren hängt mit verschiedenen Veränderungen zusammen, die während einer Schwangerschaft im Körper ablaufen. Diese Veränderungen können schwangere Frauen für virale Erreger wie das Influenzavirus empfänglicher machen und schwere Krankheitsverläufe begünstigen. Neugeborene profitieren von der Impfung ihrer Mütter dadurch, dass über die Plazenta Antikörper von der Mutter an das Kind weitergegeben werden, die dem Neugeborenen einen gewissen Schutz in den ersten Monaten nach der Geburt verleihen. Bei der Impfung von Schwangeren spielt auch die Überlegung eine Rolle, das Neugeborene vor einer Infektion durch die Mutter zu schützen, da Influenzaimpfstoffe nicht für Kinder unter 6 Monaten zugelassen sind. Da es sich bei den in Deutschland zugelassenen Influenzaimpfstoffen für Erwachsene um Totimpfstoffe handelt, ist eine Impfung grundsätzlich in jedem Stadium der Schwangerschaft unbedenklich. Für gesunde Schwangere empfiehlt die STIKO die Impfung dennoch erst ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel. Damit soll verhindert werden, dass die im 1. Schwangerschaftsdrittel häufiger auftretenden Spontanaborte fälschlicherweise mit der Impfung in Verbindung gebracht werden und so im Einzelfall für die Betroffenen zu einer besonderen psychischen Belastung werden. Schwangere Frauen, bei denen auch aufgrund einer chronischen Grunderkrankung eine zu­sätzliche Indikation zur Influenzaimpfung besteht, sollten unabhängig vom Schwangerschaftsstadium geimpft werden. Die Sicherheit der Impfstoffe wurde sowohl für Schwangere als auch für Ungeborene bestätigt. Es wurde in Studien keine erhöhte Zahl von schweren Reaktionen auf Grund einer Impfung festgestellt. Weder war die Anzahl der Frühgeburten oder Kaiserschnitte erhöht, noch gab es Unterschiede im Gesundheitszustand der Säuglinge nach der Geburt. Für den Effekt des Impfstoffes ist die Bildung mütterlicher Antikörper durch das Immunsystem entscheidend, nicht der Übergang der abgetöteten Impfviren über die Plazenta auf das Ungeborene.

von Dr. Wolfgang Paulus am 12.10.2015