Sehr geehrter Herr Dr. Paulus,
wenn ich aufgeregt bin wg. wichtigen Terminen, bekomme ich oft Durchfall und nehme dann einmalig zwei Durchfalltabletten wie Loperamid oder Tannin-Eiweiß. Das reicht für den ganzen Tag.
Wenn es schlimmer wird auch 1-2 Tavor.
Ich bin nicht schwanger, habe aber Kinderwunsch. Ich könnte nicht ohne Tabletten zum Schwangerschaftstest oder zu weiteren Untersuchungen.
Wie schädlich sind diese Mittel, wenn man sie wirklich nur für Notfälle verwendet?
Wie schädlich sind pflanzliche Mittel wie Uzara oder Iberogast?
Vielen Dank im Voraus.
von
ChristianeFW
am 19.02.2016, 08:21
Antwort auf:
Durchfall-/ Beruhigungsmittel bei psych. Stress
Tannin (Tannalbin) wirkt nur lokal im Darm und erzeugt keine messbaren Spiegel in der Blutbahn. Daher ist auch nicht von einer Gefährdung der Schwangerschaft auszugehen.
Bei Loperamid handelt es sich zwar um ein Derivat der Opiate, doch gelangt nur sehr wenig Wirkstoff in das zentrale Nervensystem, so dass keine Gefahr von Abhängigkeit besteht. Nach oraler Gabe werden nur ca. 0,3% der Substanz absorbiert.
Eine Erfassung von 105 Schwangerschaften aus verschiedenen Beratungsstellen ergab gegenüber einer Kontrollgruppe keinen Anstieg der Fehlbildungsrate, wobei 89 Anwendungen in der sensiblen Phase des ersten Schwangerschaftsdrittels erfolgten (Einarson et al 2000).
Benzodiazepine werden als Tranquilizer, Schlafmittel und Antikonvulsiva eingesetzt. Im Laufe der letzten 30 Jahre wurden von der Muttersubstanz Diazepam zahlreiche Derivate (z. B. Lorazepam) entwickelt, die sich in ihren pharmakokinetischen Eigenschaften unterscheiden.
Bei Einnahme in höheren Dosen über längere Zeiträume (z. B. Diazepam 15-20 mg pro Tag) bis zur Geburt muss man mit einer Atemdepression beim Neugeborenen rechnen. Im Rahmen einer Entzugssymptomatik werden Unruhe, Zittern, Muskelhypertonie, Erbrechen, Durchfall und zerebrale Krampfanfälle beim Neugeborenen beschrieben. Ein weiteres Problem stellt die als „Floppy-infant-Syndrom“ bekannte Symptomatik dar, die mit Muskelhypotonie, Lethargie, Temperaturregulationsstörungen und Trinkschwäche über Wochen bis Monate anhalten kann.
Gegen eine sporadische Anwendung von Lorazepam bestehen keine Einwände.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 21.02.2016