Hallo Herr Dr. Paulus,
ich befinde mich derzeit in einer Kinderwunschbehandlung, heute ist Kryotransfer +13, Bluttest ist am Montag.
Ich muss derzeit 4 mal tgl. 1 Progynova nehmen und 3 mal 2 Utrogest. Diese soll ich auch nach erfolgreicher SS noch bis zur 12. Woche einnehmen. In den BPZ steht aber, dass man diese Medis bei SS auf keinen Fall nehmen soll. Muss ich Schädigungen beim Kind befürchten?
Zusätzlich nehme ich seit ca. 10 Jahren 20 mg Citalopram gegen Angststörungen ein. Mein Therapeut meinte, dass diese Dosis unschädlich für das Kind sei. Ist das richtig?
Vielen Dank.
von
Nicky2011
am 04.12.2015, 13:10
Antwort auf:
Citalopram + Medikamente zur Kinderwunschbehandlung
Bis Dezember 2004 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 6.555 Kinder nach intrauteriner Exposition mit SSRI in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 4,1%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster beobachtet. In diesem Kollektiv sind 2.701 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Citalopram enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 4,4% keinen Anlass zur Beunruhigung (Kallen & Otterblad Olausson 2007). Nach vorgeburtlicher SSRI-Medikation wurden bei Neugeborenen in einigen Fällen vorübergehende Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet. Daher sollte in den ersten Lebenstagen auf entsprechende Symptome geachtet werden.
Bei Bedarf wäre die Fortsetzung der Medikation mit Citalopram in der Schwangerschaft durchaus vertretbar. Bei moderater Tagesdosis (z. B. 10 – 20 mg) wären auch keine Anpassungsstörungen beim Kind nach Geburt zu befürchten.
Eine neuere Übersichtsarbeit sieht – wenn überhaupt – allenfalls ein geringes Risiko von weniger als 1% für die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie des Feten bei mütterlicher Therapie mit SSRI in der zweiten Schwangerschaftshälfte. Ein Verzicht auf eine erforderliche Behandlung der Mutter in der Spätschwangerschaft erscheint daher nicht sinnvoll ('t Jong et al 2012).
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 07.12.2015