Sehr geehrter Herr Dr. Paulus,
wir wünschen uns ein 2. Kind. Da ich in diesem Jahr leider starke Allergien habe nehme ich zur Zeit 2 mal täglich Cetirizin Tabletten (10mg pro Tablette). Momentan sieht es leider so aus, als ob ich zusätzlich täglich noch 1-2 Inhalationsdosen Budes Easyhaler 0,2 mg/Dosis (Wirkstoff Budesonid) und 2 Inhalationen Symbicort Turbohaler 160/4,5 Mikrogramm (Wirkstoffe Budesonid und Formoterolhemifumarat 1 H2O) nehmen müsste. So war die Dosierung dieser Medikamente zumindest immer in den Jahren in denen mir die Allergie auch auf die Atemwege geschlagen ist.
Hierzu habe ich jetzt folgende Fragen:
1) Wie lange sollte man nach der Einnahme von Cetirizin mit der Schwangerschaft warten bzw. wie lange bleibt der Wirkstoff im Körper?
2) Könnte ich als Alternative zu Cetirizin bedenkenlos auf das Heuschnupfmittel DHU umsteigen?
3) Kann ich die Medikamente Budes Easyhaler und Symbicort Turbolader bei Kinderwunsch inhalieren? Wie lange bleiben die Wirkstoffe dieser beiden Medikamente im Körper?
4) Gibt es zu diesen 2 Atemwegsmedikamenten bessere Alternativen, die bei Kinderwunsch und dann auch in der Schwangerschaft ohne Risiken eingenommen werden können?
Für die Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
von
suf1412
am 19.02.2016, 11:42
Antwort auf:
Allergiemedikamente bei Kinderwunsch
Eine Auswertung des Swedish Medical Birth Registry ergab keinen Anstieg von Fehlbildungen unter 903 Kindern, deren Mütter Cetirizin im ersten Trimenon eingenommen hatten (Kallen 2002). Die Fehlbildungsrate lag mit 2,99% nicht signifikant über den Werten der Allgemeinbevölkerung (2,02%).
Drei Studien von teratologischen Beratungsstellen konnten unter 177, 123 bzw. 33 Kindern keine Häufung von Fehlbildungen erkennen, nachdem die Mütter im ersten Trimenon Cetirizin bzw. Levocetirizin eingenommen hatten (Einarson et al 1997, Paulus et al 2004, Weber-Schoendorfer & Schaefer 2008).
Bei einer Halbwertszeit von maximal 10 Stunden ist der Wirkstoff Cetirizin zwei Tage nach letzter Einnahme weitgehend aus dem Organismus eliminiert.
Natürlich können Sie jederzeit auch auf ein homöopathisches Präparat (z. B. Heuschnupfenmittel DHU) umstellen, da aufgrund der Verdünnung beim Ungeborenen ohnehin nichts ankommt. Ob Ihnen ein solches Präparat ausreichen wird, ist jedoch fraglich.
Bei einer Halbwertszeit von weniger als 3 Stunden ist Budesonid bereits weniger als 1 Tag nach letzter Anwendung aus dem Organismus eliminiert, bei Formoterol dauert es drei bis vier Tage.
Wirkstoffe, die speziell die ß2-Rezeptoren stimulieren, führen zu einer Erweiterung der Bronchien, aber auch zu einer Erschlaffung der Gebärmuttermuskulatur (Tokolyse). Am besten verträglich sind Substanzen mit einer nur geringen Restwirkung auf die ß1-Rezeptoren, die sich in einer Steigerung der Herzaktivität manifestiert. Aus der Klasse der Betasympathomimetika haben sich in der Schwangerschaft die Substanzen Fenoterol, Salbutamol, Reproterol und Terbutalin bewährt.
Während ihre Wirkung auf 4 bis 6 Stunden begrenzt ist, zeichnen sich die neueren Vertreter Formoterol und Salmeterol durch eine deutlich längere Wirkdauer (über 12 Stunden) aus.
Zur inhalativen Glukokortikoidtherapie bei Asthma bronchiale werden vor allem Beclometason, Budesonid, Flunisolid, Fluticason, Mometason und Triamcinolon eingesetzt. Eine insuffiziente Behandlung von chronischem Asthma bronchiale in der Schwangerschaft kann gesundheitliche Schäden für Mutter und Kind (z. B. Hypoxie, niedriges Geburtsgewicht) mit sich bringen (Witlin 1997; Dombrowski 1997; Jana et al 1995).
Epidemiologische Studien zur inhalativen Glukokortikoidtherapie in der Schwangerschaft zeigten keine Zunahme angeborener Anomalien. Eine retrospektive Studie zur Medikation mit Triamcinolon, Beclometason bzw. Theophyllin bei Asthma in der Schwangerschaft ergab für keinen Wirkstoff einen Zusammenhang mit Fehlbildungen (Blais et al 1998).
Die multizentrische, prospektive Doppelblindstudie START (Inhaled Steroid Treatment As Regular Therapy) bestätigte, dass die Inhalation von 400 µg Budesonid in der Schwangerschaft sicher ist (Silverman et al 2002). Das Swedish Medical Birth Registry konnte keinen Anstieg der Inzidenz angeborener Anomalien unter ca. 3000 Kindern feststellen, deren Mütter in der Frühschwangerschaft Budesonid (inhalativ) angewandt hatten (Norjavaara & De Verdier 2003, Kallen et al 1999). Inhalative Kortikoide werden daher bei mäßigem bis schwerem Asthma bronchiale als Standardtherapie in der Schwangerschaft empfohlen (Oren et al 2004).
Sie könnten die Anwendung der inhalativen Präparate (Budes Easyhaler, Symbicort Turbohaler) auch in der Schwangerschaft in den allgemein empfohlenen Dosen fortsetzen.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 22.02.2016