Hallo Frau Neumann,
meine Tochter ist 10 Monate alt und isst sehr gut ihren Brei. Ich möchte sie langsam auf die Familienkost umstellen, weiß aber nicht so recht wie ich es machen soll. Zunächst unser Essensplan:
7-8 Uhr aufstehen
9 Uhr Frühstück, da sie Brot mit wenig Begeisterung isst, bekommt sie es alle 2-3 Tage, ansonsten im Wechsel Brot mit Butter oder Frischkäse + frisches Obst (Pfirsich, Birne, Melone, Mango, Kiwi, Banane) + 1 Tasse Kuhmilch; Bircher Müsli mit geriebenem Obst (kann ich hierzu ebenfalls eine Tasse Milch reichen?); Kindermüsli mit Kuhmilch
12-12:30 Uhr Milchbrei (Grieß, Hafer, Buchweizen)
Danach Mittagsschlaf 1-2 h
14:30-15:00 Obst + Knäckebrot oder Hirsekringel oder Reiswaffeln oder etwas Brot/Brötchen, oder Joghurt von Hipp
17:30 Fleisch/Fischmenü (bei uns wird Abends gemeinsam warm gegessen)
18:30-19:00 Schlafenszeit, vorher 1 Flasche Milch so viel sie möchte (100ml-200ml)
Nachts bekommt sie zwischen 23 und 24 Uhr 1 Flasche 220-230ml Milch.
Ich hoffe es ist nicht zu viel Milch. Als Flaschenmilch bekommt sie die 1er Milch.
Nun meine eigentliche Frage. Wie gestalte ich den Übergang zur Familienkost? Wenn ich Abends koche, dann schaue ich immer, dass ich aus diesen Zutaten extra ein Essen für sie koche. Schmecke es auch mit Kräutern ab. Aber letzlich kommt dabei immer der übliche Babybrei heraus. Zwar jetzt zerstampft und nicht püriert (sie hat schon 8 Zähne), aber trotzdem keine wirkliche Veränderung. Irgendwie bin da echt unsicher, ob ich ihr unser Essen geben kann/darf. Entweder ist was Gebratenes dabei oder irgendwelche Zutaten, die sie nicht darf. Das Einzige was ich ihr bis jetzt als Familienkost gegeben habe, war Kartoffelbrei mit gedünstetem Fisch.
Vielleicht bin ich einfach zu zögerlich. Aber ich tue mich echt schwer damit, obwohl ich ihr die Vielfalt an Essen gerne zeigen würde. Ich weiß einfach nicht wo und wie ich anfangen soll?
So als Beispiel: Gestern gab es Lasagne: ich könnte es weniger salzen und pfeffern, aber da ist z.B. Sahne und Käse drin. Und das soll sie ja nicht essen. Und wenn ich diese Zutaten weglasse, dann wäre es keine Lasagne mehr. Habe dan extra für sie Nudeln mit Hackfleisch, Karotten und etwas Tomate gekocht. Wenn ich alles babygerecht (damit meine ich nicht das Nachwürzen von Speisen, das wäre kein Problem. Ich meine damit, Zutaten weglassen, die normalerweise rein kommem) koche, dann lernt sie ja nicht unsere typische Familienkost kennen. Damit ist doch nicht die Umstellung auf Familienkost gemeint, oder? Wo liegt mein Denkfehler?
Und noch eine Frage: kann ich morgens zum Brot ab und zu Käse (Edamer, Gouda) und/oder Kinderleberwurst anbieten? Vielleicht kann ich dadurch das Brot für sie interessanter machen. Wenn es gut läuft, isst sie mal 1/2 Scheibe.
Sorry, das Sie so viel lesen mussten.
LG, Anna
von
nnhartmann
am 30.06.2017, 13:26
Antwort auf:
Umstellung auf Familienkost - aber wie?
Hallo mhartmann
insgesamt braucht dein Kind jetzt noch etwa 400-500 ml Säuglingsmilch am Tag. Tageweise kann der Bedarf deines Kindes an Milch auch mal steigen und der tatsächlich benötigte Bedarf ist immer individuell. Die 400-500 ml dienen als Orientierungswert. Bei einer größeren Abweichung, solltest du versuchen, die Milch zu reduzieren. Statt einer Portion von 200 ml Säuglingsmilch, wäre es auch möglich, einen Milchbrei mit Kuhmilch (200 ml) zu geben.
Die Milchmenge kannst du darum, nach meiner Rechnung, etwas reduzieren. Zur besseren Eisenresorption sollten 1 - 2 Mahlzeiten weitestgehend milchfrei bleiben. Soweit ich deine Schilderung überblicke, hast du bei jeder Mahlzeit eine Portion Milch (Kuhmilch, Säuglingsmilch) dabei. Den Jogurt bspw kannst du weg lassen.
Du kannst im Rahmen des Heranführens an Familienkost dennoch Gerichte anbieten, die als Zutat Milch, Sahne o.ä. beinhalten. Du brauchst, wenn du Lasagne kochst, deinem Kind nichts extra zu kochen. Deine Tochter kann ihren gewohnten Brei weiterhin bekommen und zusätzlich von dem gekochten Familiengericht. Für die Übergangszeit kannst du vorübergehend ggf etwas weniger salzen und würzen. Du kannst zum Brei und zur Familienkost zusätzlich auch gekochte Kartoffel-Gemüsestückchen, Nudeln etc anbieten. Denn jetzt geht es bei der Ernährung vor allem um das Erlebnis, um Geschmack, um das Erleben der Gemeinsamkeit bei Tisch, um Esskultur. Je mehr eure Tochter bei euch Eltern sieht, was und wie ihr esst, desto mehr möchte sie dem nacheifern. Das prägt nachhaltig. Ihr seid das beste Vorbild für euer Kind. Essen ist doch viel mehr als nur das Stillen von Hunger. Es sind auch und besonders, kulturelle Erfahrungen, die sich am Esstisch manifestieren.
Lasst eure Tochter vermehrt selbständig essen, lasst sie kauen, schmecken, fühlen. Unterstützt sie in ihrer Entwicklung und bietet ihr Brei, und dazu immer mehr stückige Kost, Vielfalt und Geschmack, Erlebnis bei Tisch, Familienkost eben.
Es ist jetzt fast alles erlaubt, was eure Tochter gut essen, kauen, schlucken kann. Es gibt nur ein paar wenige Einschränkungen*.
Ab dem 10. Lm beginnt eine neue Ära. Babys wachsen in den ersten Monaten sehr schnell. Sie wachsen in die Länge und nehmen viel Gewicht zu, wozu auch das Anlegen von "Fettreserven" zählt. Und das alles erfordert die Aufnahme großer Kalorienmengen = was sich in "Hunger" äußert. Sie brauchen und trinken viel "Milch". Mit etwa 10 Lm ist diese schnelle Wachstumsphase in der Regel nun weitestgehend abgeschlossen, auch das Saugbedürfnis lässt nach, das Gebiss will benutzt werden. Es reichen kleinere Nahrungsmengen, um trotzdem optimal versorgt zu sein.
Die Größen und Gewichtszunahme stagniert nun eine ganze Weile. Fimngerfood, Familienkost sowie Milch und etwas Brei reichen aus.
Nutze die Neugier und das Interesse deines Kindes aus und lass sie viel probieren und im Rahmen ihrer Möglichkeiten (mit)essen.
Ab dem 10. Lm können Babies langsam, wenn diese auch möchten, an ein normales Frühstück herangeführt werden. Zusätzlich zur üblichen Morgenmilch gibt es dann ca eine halbe Scheibe Butterbrot, ohne Rinde, in kleine Stückchen geschnitten. Mischbrot oder ein sehr feinvermahlenes Vollkornbrot ohne grobe Körner ist geeignet.
Zu Anfang reicht schlicht Butter. Auch Frischkäse oder Mandelmus oder Avocado, etvtl pflanzliche Brotaufstriche kannst du aufgeben.
Wegen der Verschluckunsggefahr solltest du ihr keine zu harten Lebensmittel geben. Das Essen sollte möglichst sparsam gesalzen und gewürzt sein. Fertiggerichte sollten tabu sein.
Vorsichtig solltet ihr noch mit stark blähenden Gemüsesorten wie Rotkohl, Bohnen o.ä. sein. Auch stark gebratene Speisen sind noch nicht so sehr geeignet.
Was du im Weiteren kochen kannst, hängt davon ab, wie deine üblichen Kochgewohnheiten sind. Am besten würzst du einfach weniger oder kochst kritische Speisen nochmal separat. Du kannst auch im Baukastenprinzip kochen. Alle Zutaten separat.
Als grobe Orientierung für die künftigen Mahlzeiten kann folgende Aufstellung evtl hilfreich sein:
morgens: Brot und Milch
oder Kindermüsli
oder nur Milch
neu ist jetzt, dass der Start in den Tag mit einer Beilage zur Milch begonnen werden kann/sollte. Ideal ist dazu ein kohlenhydrathaltiger Zusatz in Form von Getreide im Brot oder Getreide als Müsli.
Es geht auch darum, dass du dein Kind langsam an eine 1. Mahlzeit am Tag, an ein Frühstück, am Tisch sitzend, gewöhnst. Morgens ist die Bereitschaft zum Kauen noch hoch. Kauen ist wichtig für die Ausbildung einer kräftigen Kaumuskulatur.
ZMZ: Brot oder Obst
je nach dem wie lange die Zeitspanne bis zum Mittagessen ist, kann eine Zwischenmahlzeit sinnvoll sein. Hier gibt es entweder etwas Obst oder je nach dem evtl auch noch einmal etwas Brot. Die Mahlzeit sollte milchfrei sein.
Mittag: **
Mittagessen entweder sehr basic in Anlehnung an die üblichen Breie oder bereits bekannte einfache Gerichte wie Nudeln mit Sosse, Pizza etc und/oder Familienkost
neu ist jetzt, dass neben dem üblichen Brei und bekanntem Fingerfood auch schon Familienkost, vermehrt stückige Nahrung und das selbständige Essen, das Erlebnis ganz besonders im Vordergrund der Mahlzeit stehen.
Nachmittag/ZMZ:
Obst oder Getreidestängelchen o.ä., ggf Kuchen, Babykekse, Muffins, Waffeln etc
nachmittags ist ein Energienachschub durch Kohlenhydrate (Obst und/oder Getreide) erwünscht und auch diese Mahlzeit sollte milchfrei sein.
Milch als Bestandteil von Kuchen und Co ist o.k.
Abends:
Brot und Milch oder Milchbrei (Grießbrei, Haferbrei/müsli), Nudeln und Milch etc
die Kombination aus Getreide mit Milch fördert den guten Nachtschlaf.
dazu Obst/Gemüse ggf Rohkost
nachts ggf Milch
tagsüber zwischendurch bzw nach den Mahlzeiten:
Getränk (Wasser/Tee) anbieten, Dauernuckeln vermeiden
Die Familienkostphase ergänzt die übliche Beikost. Es geht um Genuß und Gewöhnung, Entdecken, Geschmack, Neugier, Kauen üben und vieles mehr.
Seid eurer Tochter ein gutes Vorbild und esst zusammen, esst vielfältig, routiniert, abwechslungsreich und gesund. Macht das Essen lecker und erlebnisreich, dann klappt das mit der Umstellung langfristig gut.
Also dann, ich hoffe, du kannst die Familienkost jetzt kreativer und freier handhaben.
Viel Spaß
Grüße
Birgit Neumann
*siehe hier:
http://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm?id=44551&suche1=kernchen&seite=1
**du kannst Mittag-und Abendessen tauschen, wenn es besser in euren Plan passt.
von
Birgit Neumann
am 01.07.2017