Frage: 4-jähriger isst nur Ausgewähltes

Hallo, mein Sohn ist 4 Jahre alt, 111 cm groß und wiegt 19 kg (laut Kinderärztin völlig normal). Er isst wirklich nur ausgewählte Dinge. Es ist überschaubar, was er überhaupt noch isst. Dies umfasst Spätzle, Nudeln, Tomatensoße, Fischstäbchen, Pfannkuchen, Pizza, Brezel, Weißbrot, Lyoner und Goudakäse. Bis vor kurzem aß er noch Joghurt, das verweigert er nun aber auch und sagt, es schmeckt ihm nicht mehr. Obst isst er gar nicht. Ab und an isst er mal gekochten Brokkoli, Rohkost isst er aber gar nicht. Er trinkt nur Wasser und Apfelschorle. Süßigkeiten liebt er natürlich und wenn er könnte, würde er sich nur von Eis, Kuchen, Schokolade und Gummibärchen ernähren. Was soll ich tun? Ich kann doch nicht immer nur das kochen, was er isst. Und ich will ihn auch nicht "Hungern" lassen, in dem ich sage "Ich koche jetzt einfach und irgendwann, wenn er richtig hungrig ist, wird er schon essen." Ich versuche manchmal Abwandlungen seiner Lieblingsgerichte zu kochen (beispielsweise Spätzleauflauf anstatt Spätzle mit Soße), aber die verweigert er auch. Im Kindergarten kann er gar nicht mitessen, er rührt das Essen dort nicht an, weil er sagt, er mag es nicht. Es sind ja nun wirklich keine gesunden Dinge, die er isst, und ich habe Angst, dass er krank wird, weil er kaum Calcium oder Vitamine abbekommt. Können Sie mir einen Tipp geben? Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Vielen herzlichen Dank.

von paroliansa am 20.07.2017, 09:34



Antwort auf: 4-jähriger isst nur Ausgewähltes

Hallo paroliansa die Ernährungsgewohnheiten deines Kindes sind in diesem Alter durchaus gewöhnlich. Viele Kinder haben ausgewählte Speisen, die sie am liebsten wochenlang essen möchten und zeigen sich dabei wenig interessiert an Neuem. Für die Nährstoffbilanz wäre dieses picky-Essverhalten nicht weiter dramatisch, so lange dein Kind isst und er aus einem angemessenen Angebot wählen kann. Gesunde Kinder werden bei einem ausreichenden Nahrungsangebot, das gewöhnliche Lebensmittel (bspw Brot, Erdbeeren, Käse, Würstchen, Gurken, etc = alle Lebensmittelgruppen beinhaltend)) enthält, i.d.R. ausreichend mit allen Nährstoffen versorgt, so dass man als Eltern i.d.R. keinen Nährstoffmangel bei seinem Kind befürchten muss. Es gibt hierzu Studien, die bestätigen, dass Kinder bei einem ausreichenden Nahrungsangebot, sich durchaus, in der Wochenbilanz, ausgewogen ernähren. Allgemein wird hier eher dazu geraten, Kindern einen gelassenen Blick auf das Thema Ernährung zuteil zu kommen zu lassen. Der Erziehungsauftrag sollte mehr in der Rolle des Vorbildes gelebt werden und weniger durch Worte geschehen. Essen sollte zur Selbstverständlichkeit werden. Essen sollte weder als Belohnung noch als Bestrafung und auch nicht gegen Langeweile eingesetzt werden. Du brauchst und solltest dennoch nicht den bequemsten Weg gehen und deinem Kind nur seine Leibpeisen zu kochen. Es ist viel sinnvoller, wenn nicht du dich an die Wünsche und Vorlieben deines Kindes anpasst. Die Anpassung sollte umgekehrt erfolgen und dein Kind sollte sich an eure familiären Essvorlieben gewöhnen. An diese typischen Familienspeisen kann sich dein Sohn wiederum nur gewöhnen, wenn er die Chance dazu erhält, diese ausgiebig kennen zu lernen. Das Kennen lernen und Gewöhnen an neue Speisen klappt meist sehr gut, wenn dein Kind sich langfristig an Neues heranwagen kann, wenn er immer und immer sieht wie andere Esser bei Tisch genussvoll essen. Wenn er immer und immer wieder die Speisen sieht, Neues wieder erkennt und die Speisen riecht. Wiederholungen sind dazu wichtig. Als Eltern darf und sollte man die individuellen Bedürfnisse des Kindes achten, diese im familiären Kontext beim Essensangebot berücksichtigen, jedoch möglichst keine Extrawürste servieren, sondern besser ein umfangreiches Angebot bieten, und zwar verfügbar für alle. Nehmt euch genügend Zeit zum Essen und richte die Portionen, die Speisen hübsch an. Der erste Eindruck ist durchaus wichtig. Statt einem Berg Nudeln mit Sosse auf dem Teller, durcheinander gemischt, anzubieten, hilft es bspw, wenn sich dein Kind eine Portion Nudeln selbst nimmt, und ein teeöffelgroßer Klecks Sosse daneben platziert wird. So kann sich dein Kind langsam mit der Sosse oder (dem Spätzleauflauf, vertraut machen. Wenn etwas direkt auf dem Teller liegt, und das jedes Mal wenn es dieses Gericht gibt, dann wächst die Chance, dass dein Kind aus Neugier probieren wird. Und wenn es schmeckt, isst er mehr. Vielleicht erst beim nächsten Mal - aber der Anfang ist gemacht, die Scheu ist überwunden. Lies dazu auch einmal diesen Beitrag: http://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm? id=44735&suche1=miaandme&seite=1 Und ich "zitiere" an dieser Stelle immer wieder gerne Herrn Jesper Juul (sehr bekannter und populärer Familientherapeut): Er bezeichnet Erziehung als "Osmose", Erziehung ginge vielmehr durch die Haut. Mehr als durch Worte gesprochen zähle die Haltung, die innere Einstellung - all das nähmen die Kleinen viel stärker wahr als Worte. Das Vorleben steht bei ihm an erster Stelle - persönliche Maßstäbe und Überzeugungen - unausgesprochen - prägten seiner Ansicht nach, die Kinder am meisten. Noch mehr Tipps: Achte darauf, dass ihr nur am Tisch und nur zu den Mahlzeiten esst, damit Hunger entstehen kann. Essen sollte immer freiwillig geschehen und darum sollte Essen Spaß machen. Spaß macht das Essen dann, wenn es lustig am Tisch zugeht und trotzdem eine liebevolle Strenge dafür sorgt, dass Tischmanieren und andere familieninterne Gebote befolgt werden. Eines dieser Gebote kann/sollte sein, dass kind etwas probieren sollte, bevor die Speise kategorisch mit "Nein" abgelehnt wird. Denn manch neuer Geschmack kann nur beurteilt werden, wenn tatsächlich (mit mehreren Sinnen wahrgenommen) probiert wurde. Zum Probieren reicht es schon aus, wenn es bspw nur mit den Lippen berührt wurde. Das Probiergebot gibt Kindern eine Chance aus einer kategorisch ablehnenden Haltung herauszufinden. Es gibt ihnen die Chance Neues zu entdecken. Und das klappt umso besser, je selbstverständlicher das Probieren neuer Speisen ist. Die Probiermenge darf dein Kind selbst bestimmen. Und es darf auch ablehnen, falls etwas optisch nicht zusagt. Als Eltern solltet ihr das wiederum kommentarlos akzeptieren. Ich habe neulich erst ein Buch (French kids eat everything + Getting to YUM, von Karen LeBillon) zu diesem Thema gelesen. Die Autorin beschreibt hierin sehr detailliert eine Methode, wie alle Kinder mittels Probieren neue Speisen lieben lernen. Deine Sohn isst doch durchaus gerne - nämlich dann, wenn es ihm schmeckt. Ich hoffe, dass ich dir mit diesen allgemeinen Tipps weiter helfen und Impulse setzen kann. Auch im Hinblick auf die Nährstoffversorgung kann ich dich hoffentlich beruhigen. Die allgemeinen Ratschläge zum Thema legen den Fokus auf "Gelassenheit" seitens der elterlichen Erziehung. Du darfst das Angebot bestimmen und dein Sohn darf die Menge bestimmen, die er isst. Bei den meisten Kindern funktioniert das Einhalten von Regeln, nach einer kurzen Weile, meist ganz gut. Damit es funktioniert, müsstest ihr als Eltern allerdings tatsächlich konsequent sein und es immer mal wieder aushalten, wenn euer Sohn manchmal nichts essen möchte. Langfristig, wird er sich an euer Essensangebot anpassen und eben doch das ein oder andere mitessen - einfach weil er Hunger hat. Hunger ist der wichtigste Antrieb. Darf ich noch einmal kurz nachhaken.... Also - eigentlich sollte Kind mittags im KiGa essen. Das Essen dort mag er nicht und isst i.d.R. nichts. Die Erzieherinnen akzeptieren das? Erhält er damit Aufmerksamkeit? Und was isst dein Sohn stattdessen bis er nach Hause geht und was isst er dort zum Frühstück? Gib deinem Sohn einfach Zeit bei Tisch, damit er sich immer und immer wieder mit den Essensangeboten auseinandersetzen kann. Gib ihm die Chance, sich langsam und mir kleinen Mengen an Neues zu gewöhnen. Sitze auch nicht voller (negativer) Erwartungen dabei. Diese negative beladenen, non-verbalen Botschaften finden sonst Resonanz und es entsteht Stress, wodurch sich dein Kind unter Druck gesetzt fühlt und ihm der Appetit vergeht.... Beginne ganz neu. Vertraue auf dein Kind und vertraue darauf, dass dein gesundes Kind nicht vor vollen Tellern verhungern wird. Das ist natürlich kein Freibrief für Gummibärchen, Chips, Schokolade und Co. Das Angebot sollte aus gesunden, schmackhaften, leckeren Gerichten, Basics bestehen. Als ZMZ oder Nachtisch darfst du durchaus auch Kuchen und Kekse, ggf Pudding und Schokolade anbieten, dabei die Menge reglementieren, d.h. bei solchen Leckereien darfst und solltest du die Menge bestimmen. Und wenn sich dein Sohn hierbei nicht zu satt isst, kann er sich bei den Hauptmahlzeiten mit den "gesunden" Speisen sättigen. Wie gestaltet sich denn der Ablauf eurer Mahlzeiten? Sitzt ihr gemeinsam am hübsch gedeckten Tisch und esst? Beginnt eure Mahlzeiten möglichst stets gleichbleibend - mit einer Art Ritual - bspw Hände waschen, ein Buch anschauen, ein Gebet sprechen, ein Liedchen singen. Was fällt dir spontan ein, was bei euch zu einer positiv, entspannten Grundstimmung bei Tisch überleiten kann? Also dann Grüße Birgit Neumann P.S. sieh auch noch hier: http://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm?id=42820&suche1=eigenheiten&seite=1

von Birgit Neumann am 21.07.2017