Nur eine Phase?

 Doris Plath Frage an Doris Plath Ernährungsberaterin

Frage: Nur eine Phase?

Hallo, ich hoffe ich darf meine Frage hier noch stellen, obwohl unsere Tochter bereits 20 Monate alt ist: Sie ist klein und zart (8 kg, 75 cm), aber fit und quietschfidel und von der Entwicklung gut dabei. Leider hapert es bei der Ernährung: Im Moment weiß ich gar nicht was ich ihr noch zu essen geben soll... Immer nur das Gleiche und immer nur Nudeln pur geht ja auch nicht. Brot/ Brötchen/ Baguette/ Käse/ Apfel/ (seltenst) Banane/ Nudeln (am Liebsten pur)/ Bratkartoffeln/ Dinkelstangen/ Reis/ Fisch/ Pommes - mehr isst sie im Moment nicht, auch kein Müsli und keinen Gemüsebrei mehr, was sie immer mochte. Sie weiß ganz genau was sie will und fordert es auch ein - wenn wir ihr bspw keinen Käse mehr geben bevor sie nicht erst noch Brot gegessen hat (sie würde Unmengen an purem Käse verdrücken), weint sie dicke Tränen und isst dann eben nichts mehr. Wenn es ihr schmeckt isst sie richtig gut, aber wenn es nichts gibt, was sie mag, isst sie eben nichts - dafür ist sie mir zu dünn und wir bieten Alternativen an, wenn das andere mehrfach angeboten und dann abgelehnt wurde. Heute morgen zum Frühstück hat sie bspw 1 Ei und 1 Scheibe Käse gegessen, Brot gänzlich liegen gelassen. Gemüse mag sie nicht mal probieren, obwohl sie lange gerne Gemüsebrei gegessen hatte. Ich würde mir wünschen sie würde mehr bei uns mitessen oder wenigstens probieren, aber wie bringt man sie dazu?

von MissyPink am 26.06.2017, 08:40



Antwort auf: Nur eine Phase?

Liebe „MissyPink“, Sie dürfen gerne noch bei uns dabei sein. Kleinkinder bis drei Jahre sind unser Fachgebiet. Am liebsten „hätten“ es Eltern, dass die Kleinen regelmäßig und abwechslungsreich essen, am besten noch Mengen wie kleine Schwerstarbeiter, besonders wenn die Kinder eher zart gestaltet sind. Bei einem gesunden, fitten Kind dürfen Sie voll und ganz darauf vertrauen, dass es sich holt, was es braucht. Bieten Sie einfach weiterhin von einem ausgewogenen und abwechslungsreichen Essen immer ausreichend an und lassen Sie Ihr Mädchen selbst entscheiden, wie viel es essen mag. Beherzigen Sie am besten immer den goldenen Grundsatz: Sie als Mama bestimmen das Speisenangebot, also das was auf den Tisch kommt, und Ihre Kleine bestimmt die Mengen, die sie essen mag. Wichtig ist, dass Ihr Mädchen fit und gesund ist. Und obendrein ist sie noch quietschfidel. Das zeigt Ihnen, sie ist gut versorgt. Soweit also alles gut. Und letztlich überwacht noch der Kinderarzt bei den Untersuchungen ob alles passt. Und solange dieser zufrieden ist, dürfen Sie das auch sein. Was die Speisenauswahl betrifft kann ich Ihnen folgendes mit auf den Weg geben. Diese „ich-ess-jetzt-mal nix“ oder „ich-ess-nur-was-mir-schmeckt“ Phasen kommen häufiger vor als man denkt. Fast jedes Kleinkind zeigt mal diese Marotten. Das Essverhalten der Kleinkinder ist nur in den wenigsten Fällen so wie es „sein sollte“. Kinder in diesem Alter haben ihren eigenen Kopf und entwickeln spezielle Vorlieben. Die Kinder werden wählerischer, haben keine Zeit zum Essen und schaffen oftmals nur Spatzenportionen. Und Neues probieren wollen sie auch nicht (mehr). Während dieser Phase werden Kinder sich auch mehr darüber bewusst wie ein Speisenteller auszusehen hat, sie weigern sich, wenn das Essen nicht "richtig" aussieht oder der Teller bzw. das Brettchen nicht richtig platziert sind usw. Auch bestimmte äußere Einschnitte (Kita, Kiga, neues Geschwisterchen, Umzug, familiäre Ereignisse….) können das (Ess)verhalten beeinflussen. Kinder - wie auch wir Erwachsene - entwickeln Vorlieben und es gibt Kinder, die sich - zumindest phasenweise - nicht viel aus täglicher Abwechslung machen. Haben sie eine bestimmte Vorliebe (häufig Nudeln, nackt oder mit Soße) entwickelt, bleiben sie dabei, da dies ihnen auch eine gewisse Sicherheit gibt: "Dies schmeckt mir und ist mir gut bekommen, das merke ich mir und dabei bleibe ich (erst mal)". Aber ich weiß aus Erfahrung, das wird wieder besser werden. Irgendwann platzt immer der Knoten. Bis dahin ist Ihr Mädchen eben mit „so wenig“ zufrieden. Lassen Sie sich da nicht entmutigen. Ich bin mir ganz sicher, die Speisenauswahl wird wieder umfangreicher werden. Kinder loten beim Essen ihre Grenzen aus und schauen wie weit sie gehen können. Sie merken sehr schnell, wie wichtig den Müttern/Eltern das Essen ist. Schnell steht hier die Befürchtung im Raum, die Kleinen könnten zu wenig bekommen oder einen Mangel erleiden. Oder abends hungrig ins Bett gehen oder nicht durchschlafen. Mit „Theater beim Essen“ können die Kleinen die Eltern am meisten „treffen“. Ein paar lieb gemeinte Anregung meinerseits: Fragen Sie nicht Ihre Tochter, was sie haben will. Versuchen Sie nicht angestrengt Mahlzeiten zu „finden“, die ihr schmecken könnten. Das ist überhaupt nicht angebracht und notwendig. Nein, Sie als Mama geben vor was es zu essen gibt. Es kann eine gewisse Auswahl geben, bei der Ihre Tochter wählen kann. Ist nichts dabei, gibt es auch ansonsten nichts. Wenn der Kleine wenig oder gar nichts isst, bekommt sie nichts Beliebteres, sondern bis zur nächsten Mahlzeit nichts. Das ist nicht so schlimm. Also ruhig ab und zu mal den Hunger zum Gehilfen machen. Auch wenn es schwer fällt. Ich weiß, es ist nicht so leicht, aber versuchen Sie es aus: bieten Sie Ihrem Mädchen eine Auswahl an Speisen an, die Portion auf ihrem Teller dabei eher klein halten. Und dann lassen Sie sie einfach mal in Ruhe!!!! Schauen Sie nicht auf ihren Teller hin, maßregeln Sie sie nicht dauernd, motivieren Sie sie nicht, interessieren Sie sich nicht für ihr Essverhalten. Sie möchten doch auch nicht, dass Ihr Essen dauernd kommentiert wird, oder? Essen Sie und die Familie selbst mit Genuss, unterhalten Sie sich am Tisch über angenehme Dinge. Mein Tipp: Leben Sie Ihrer Tochter als Vorbild abwechslungsreiches Essen vor. Zeigen Sie ihr wie viel Freude das Essen macht, und dass es so viele schmackhafte Gerichte gibt. Besetzen Sie das Essen positiv. Vermeiden Sie Tadel, Zwang und zu große Aufmerksamkeit gegenüber ihrem Verhalten. Je weniger Sie dem Verhalten Ihres Kindes Bedeutung beimessen und je weniger Sie erzwingen, umso mehr wird sich Ihre Tochter am Essen interessieren. Versuchen Sie die Mahlzeiten auf drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten zu begrenzen. Snacks zwischendurch mindern den Appetit bei den wichtigen Hauptmahlzeiten. Also keine kleinen Happen zwischendurch, damit sich ordentlich Hunger aufbauen kann. Ziehen Sie Mahlzeiten nicht in die Länge. Nach etwa 30 Minuten sollte das Essen beendet sein, egal ob aufgegessen oder nicht. Dann ist wieder Spielzeit etc. Eine angenehme Atmosphäre, kein Zeitdruck, ein hübsch gedeckter Tisch sind einladend und regen den Appetit an. Nach Möglichkeit die Kleine ins Einkaufen, Zubereiten, Tisch decken…einbeziehen. Ich bin mir ganz sicher, die Speisenauswahl wird umfangreicher werden. Versteifen Sie sich auch nicht so sehr auf die Mahlzeiten, freuen Sie sich mehr darüber, dass es Ihre Tochter gibt und es Ihrem Mädchen gut geht! Herzlicher Gruß Doris Plath

von Doris Plath am 27.06.2017