Sehr geehrte Frau Plath,
mein Sohn (2 Jahre) hat ein ganz schlechtes Essverhalten. Er isst generell kein Fleisch, Wurst oder ähnliches, auch Gemüse kann ich ihm in keiner Weise schmackhaft machen.
Das einzige was er isst sind Nudeln mit Tomatensoße, Butterbrot, Kindermüsli, Milchreis, Grießbrei, Eierkuchen, Joghurt und diverses Obst. Bei allen anderen Lebensmitteln sagt er sofort "bäh" - ohne diese auch nur zu kosten.
Auch ist er am Esstisch sehr zappelig und will nicht sitzen bleiben. Ich kann ihn doch nicht festketten. Ins Kinderstühlchen geht er nicht mehr und vom "normalen" Stuhl klettert er natürlich hoch und runter wie er lustig ist.
Was kann ich nur tun, um ihn an ordentliches, halbwegs gesundes Essen gewöhnen und ihn auch zu einem vernünftigen Tischverhalten erziehen?
von
Hertzchen
am 30.08.2016, 10:39
Antwort auf:
Kind isst fast nichts
Liebe „Hertzchen“,
diese „ich-ess-nur-was-mir-schmeckt“ Phasen - am liebsten süß - kommen sehr häufig vor. Fast jedes Kleinkind zeigt diese Marotten. Meiner Erfahrung nach ist das was Sie schildern eine ganz übliche Entwicklungsphase bei Kleinkindern. Hinzukommt, dass es gerade so viel zu entdecken gibt, da ist jedes Sitzfleisch überflüssig. Viele Eltern kennen diese Situation und können ein Lied davon singen.
Das Essverhalten der Kleinkinder ist nur in den wenigsten Fällen so wie es „sein sollte“. Kinder in diesem Alter haben ihren eigenen Kopf und entwickeln spezielle Vorlieben. Die Kinder werden wählerischer, haben keine Zeit zum Essen und schaffen oftmals nur Spatzenportionen. Und Neues probieren wollen sie auch nicht (mehr). Während dieser Phase werden Kinder sich auch mehr darüber bewusst wie ein Speisenteller auszusehen hat, sie weigern sich, wenn das Essen nicht "richtig" aussieht oder der Teller bzw. das Brettchen nicht richtig platziert sind usw.
Kinder - wie auch wir Erwachsene - entwickeln Vorlieben und es gibt Kinder, die sich - zumindest phasenweise - nicht viel aus täglicher Abwechslung machen. Haben sie eine bestimmte Vorliebe (häufig Nudeln, nackt oder mit Soße oder gerne auch Pfannkuchen) entwickelt, bleiben sie dabei, da dies ihnen auch eine gewisse Sicherheit gibt: "Dies schmeckt mir und ist mir gut bekommen, das merke ich mir und dabei bleibe ich (erst mal)". Auch eine bequeme - man muss nicht viel kauen – Brei-Joghurt-Pudding-Phase ist sehr beliebt.
Aber ich weiß aus Erfahrung, das wird besser werden. Irgendwann platzt immer der Knoten. Bis dahin ist Ihr Junge eben mit so wenig zufrieden. Lassen Sie sich da nicht entmutigen. Ich bin mir ganz sicher, die Speisenauswahl wird wieder umfangreicher werden. Irgendwann kommt es zu einer so genannten spezifisch-sensorischen Sättigung, auch bei Ihrem Sohn. Er hat sich dann an den wenigen Dingen „satt gegessen“ und will endlich was anderes. Diese Sättigung entwickelt sich bei Kindern wesentlicher langsamer und lässt Eltern bis dahin oftmals verzweifeln, wenn Kinder über einen längeres Zeitintervall immer nur ein bevorzugtes Essen wünschen.
Wichtig für Sie: Ihr Schatz ist weiter gut versorgt. Diese Phasen hat die Natur schon mit einberechnet.
Am besten ist es wohl, wenn Sie weiter keine allzu „große Sache“ daraus machen. Sonst lernt Ihr Kleiner weiter nur, dass er mit seiner Verhaltensweise viel Aufmerksamkeit bekommt. Und das gefällt den Kleinen besonders: Mama tut alles, damit ich mehr und gesund esse. „Das ist so toll, dass sie sich mir so intensiv zuwendet.“
Kinder loten beim Essen ihre Grenzen aus und schauen wie weit sie gehen können. Sie merken sehr schnell, wie wichtig den Müttern/Eltern das Essen ist. Schnell steht hier die Befürchtung im Raum, die Kleinen könnten zu wenig bekommen oder einen Mangel erleiden. Oder abends hungrig ins Bett gehen oder nicht durchschlafen. Mit „Theater beim Essen“ können die Kleinen die Eltern am meisten „treffen“.
Mein Tipp: Leben Sie Ihrem Jungen als Vorbild abwechslungsreiches Essen vor. Zeigen Sie Ihrem Kleinen wie viel Freude das Essen macht, und dass es so viele schmackhafte Gerichte gibt. Besetzen Sie das Essen positiv. Vermeiden Sie Tadel, Zwang und zu große Aufmerksamkeit gegenüber seinem Verhalten.
Ein paar lieb gemeinte, allgemeine Anregungen meinerseits:
Setzen Sie sich gemeinsam, ohne Zeitdruck und Ablenkungen an den Tisch. Greifen auch Sie selbst mit Genuss zu. Sie sind das Vorbild, Ihr Kleiner wird Sie nachahmen. Zeigen Sie Ihrem Kind wie viel Spaß das Essen macht. Freude am Essen ist mit der beste Appetitbringer.
Das wichtigste Gebot: Sie bestimmen das Speisenangebot, Ihr Junge die Menge, die er essen mag!
Fragen Sie nicht Ihren Sohn, was er haben will. Versuchen Sie nicht angestrengt Mahlzeiten zu „finden“, die ihm schmecken könnten. Das ist überhaupt nicht angebracht und notwendig. Nein, Sie als Mama geben vor was es zu essen gibt. Es kann eine gewisse Auswahl geben, bei der Ihr Junge wählen kann. Ist nichts dabei, gibt es auch ansonsten nichts.
Wenn der Kleine wenig oder gar nichts isst, bekommt er nichts Beliebteres, sondern bis zur nächsten Mahlzeit nichts. Das ist nicht so schlimm. Also ruhig ab und zu mal den Hunger zum Gehilfen machen.
Auch wenn es schwer fällt. Ich weiß, es ist nicht so leicht, aber versuchen Sie es aus: bieten Sie Ihrem Sohn eine Auswahl an Speisen an, die Portion auf seinem Teller dabei eher klein halten. Und dann lassen Sie ihn einfach mal in Ruhe!!!!
Schauen Sie nicht auf seinen Teller hin, maßregeln Sie ihn nicht dauernd, motivieren Sie ihn nicht, interessieren Sie sich nicht für sein Essverhalten. Sie möchten doch auch nicht, dass Ihr Essen dauernd kommentiert wird, oder? Essen Sie und die Familie selbst mit Genuss, unterhalten Sie sich am Tisch über angenehme Dinge.
Stellen Sie das Essen nicht zu sehr in den Mittelpunkt. Je weniger Sie dem Verhalten Ihres Kindes Bedeutung beimessen und je weniger Sie erzwingen, umso mehr wird sich Ihr Junge am Essen interessieren.
Versuchen Sie die Mahlzeiten auf drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten zu begrenzen. Snacks zwischendurch mindern den Appetit bei den wichtigen Hauptmahlzeiten.
Also keine kleinen Happen zwischendurch, damit sich ordentlich Hunger aufbauen kann.
Noch ein Tipp: nicht mitten aus dem Spiel reißen, sondern das Essen rechtzeitig ankünden und allgemein zur Ruhe zu kommen.
Ziehen Sie Mahlzeiten nicht in die Länge. Nach etwa 30 Minuten sollte das Essen beendet sein, egal ob aufgegessen oder nicht. Dann ist wieder Spielzeit etc.
Ich bin mir ganz sicher, die Speisenauswahl wird umfangreicher werden. Versteifen Sie sich auch nicht so sehr auf die Mahlzeiten, freuen Sie sich mehr darüber, dass es Ihren Sohn gibt und es Ihrem Jungen gut geht!
Herzlicher Gruß
Doris Plath
von
Doris Plath
am 31.08.2016