Liebe Frau Klingenberg, Liebe Frau Plath
Ich bin bzgl. des Mittagessens - Einführung Familienkost - bei meinem 1 jährigen Sohn ein wenig am Verzweifeln. Gestillt habe ich ihn bis zum 7 Monat. Ab 6 Monat führte ich langsam die Beikost ein. Fruchtbrei war nie ein Problem, aber beim Gemüse war es schwierig. Trotz Behaarlichkeit meinerseits und vielen Versuchen ass er nur 4 Gemüsesorten: Süsskkartoffeln, Karotten, Zucchini und Pastinake. Alles andere war ihm nicht "zu verkaufen". Seit 7 Wochen hat er 4 Zähne (vorne oben und unten) und ist auch seitdem sehr mit dem Zahnen beschäftigt. Sehr unausgeglichen, greift sich ständig in den Mund etc. Ich verstehe absolut, dass dies ebenfalls zum gegenwärtigen "Problem" beiträgt.... Er ist noch nicht daran interessiert das Essen mit Besteck auszuprobieren. Einen Löffel bekommt er aber zu jedem Essen in sein Händchen gedrückt. Einen Teller hinzustellen mit weich gekochtem Gemüse schmiss er jedes Mal sofort runter ohne auch nur zu probieren, weshalb der Teller jetzt bei mir steht – also ausser seiner Reichweite. Wenn ich ihm etwas in die Hand gebe, probiert er es manchmal. Nachdem wir ihm immer wieder Kleinigkeiten vom Familientisch zum Probieren gegeben haben, wie z.B. weiches Brot, Brötchen, Frischkäse, Nüdelchen, Reis, Hühnchen dachte ich mir ich könnte versuchen langsam zur Familienkost überzugehen. Zunächst habe ich ihm zum kindgerechten Familienkostessen immer noch eine Portion seines "lieblings-gemüse-breis" gekocht. Anfangs liess er sich noch auf das Neue ein, probierte 4-5 Löffelchen. Das fand ich ganz grossartig. Danach fing er alledings an den nächsten Löffel auszuspucken und das Essen überall herumzuschmieren. Wenn ich ihm dann noch "seinen* Gemüsebrei gab, ass er noch relativ viel davon. Als Nachtisch gibt es dann immer noch ein paar Löffelchen Apfelmus. Seit rund 2.5 Wochen allerdings spukt er die Familienkost bereits nach 1 Löffel wieder aus, schmeisst alles herunter und ist überhaupt nicht offen für etwas Neues. Jedes Fingerfood (z.B. Gurke, Kartoffeln oder vielleicht auch ein Stück sehr weiche Frucht) wird sofort ausgespukt und er schüttelt sich dann regelrecht) als ob es ihn ekeln würde. Weiter komme ich dann nicht. Ich versuche bisher ganz ruhig zu bleiben, nicht zu massregeln, genüsslich weiterzuessen um ihn zu zeigen, dass es der Mama aber ganz toll schmeckt, aber das scheint ihn nicht gross zu interessieren.
Was kann ich tun? Überfordere ich ihn? Muss ich zurück zum Brei? Wie verhalte ich mich richtig, wenn er das Essen ausspukt und überall verteilt? Im Augenblick gebe ich zu bin ich sehr aufgewühlt, weil ich das Gefühl habe, etwas falsch gemacht zu haben.... Herzlichen Dank für ihre Hilfe!!!
von
corazon09
am 19.03.2014, 10:03
Antwort auf:
Überfodere ich meinen Sohn mit der Einführung der Familienkost?
Liebe „corazon09“,
zunächst einmal sollten Sie einen Gedanken gleich wieder vergessen, nämlich, dass Sie etwas falsch machen!
Sehen Sie das alles weiterhin nicht so eng. Das ist eine ganz übliche Entwicklungsphase.
Und im Moment werden auch noch die kommenden Zähne für Unruhe gesorgt haben. Insbesondere die Backenzähne können nochmal arg schlauchen. Bleiben Sie da nachsichtig mit Ihrem kleinen Schatz, essen oder trinken können jetzt schmerzhaft sein. Gut möglich, dass er deshalb ausspuckt, weil es unangenehm ist.
Geben Sie ihm jetzt das was er mag. Wenn das mal weniger ist, oder nicht so ausgewogen, ist das nicht schlimm. Diese Phasen hat die Natur schon mit mitgerechnet, und die Kinder sind dennoch gut versorgt.
Ansonsten geht Ihr Sohn nun großen Schrittes Richtung Kleinkind und zeigt wie viele Kinder in diesem Alter recht deutlich, welche Vorlieben er hat und was gerade nicht so der Hit ist.
Dieses ablehnende und wählerische Essverhalten kommt sehr häufig vor und bringt die Eltern zum Verzweifeln. Viele Eltern kennen diese Situation und können ein Lied davon singen.
Das Essverhalten der Kleinkinder ist nur in den wenigsten Fällen so wie es „sein sollte“. Kinder in diesem Alter haben ihren eigenen Kopf und entwickeln spezielle Vorlieben. Die Kinder werden wählerischer, haben keine Zeit zum Essen und schaffen oftmals nur Spatzenportionen. Und Neues probieren wollen sie auch nicht.
Am besten ist es wohl, wenn man keine allzu „große Sache“ daraus macht, genau wie Sie es schon versuchen,. Sonst lernt Ihr Kleiner weiter nur, dass er mit seiner Verhaltensweise viel Aufmerksamkeit bekommt. Und das gefällt den Kleinen besonders: Mama tut alles, damit ich mehr und gesund esse. „Das ist so toll, dass sie sich mir so intensiv zuwendet.“
Kinder loten beim Essen ihre Grenzen aus und schauen wie weit sie gehen können. Sie merken sehr schnell, wie wichtig den Müttern/Eltern das Essen ist. Schnell steht hier die Befürchtung im Raum, die Kleinen könnten zu wenig bekommen oder einen Mangel erleiden. Oder abends hungrig ins Bett gehen oder nicht durchschlafen. Mit „Theater beim Essen“ können die Kleinen die Eltern am meisten „treffen“. Ich weiß, diesen Satz haben Sie bestimmt schon öfter gehört. Dennoch ist eines sicher, ein gesundes Kind wird nicht vor einem vollen Teller verhungern.
Mein Tipp: Leben Sie Ihrem Jungen weiterhin als Vorbild abwechslungsreiches Essen vor. Zeigen Sie Ihrem Kleinen wie viel Freude das Essen macht, und dass es so viele schmackhafte Gerichte gibt. Besetzen Sie das Essen positiv. Vermeiden Sie Tadel, Zwang und zu große Aufmerksamkeit gegenüber seinem Verhalten.
Sie sind in vielem schon auf dem richtigen Weg. Ich gebe Ihnen mal ein paar allgemeine Hilfestellungen zur Hand, die oft viel bewirken und von denen Sie einige schon umsetzen.
* Einfach immer wieder geduldig das Essen anbieten, aber nicht aufzwingen. Nehmen Sie sich viel Zeit für die gemeinsamen Mahlzeiten, setzen Sie sich gemeinsam mit dem Kind an den Tisch, ohne Fernseher oder andere Ablenkungen. Versuchen Sie die Mahlzeiten auf drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten zu begrenzen. Also keine kleinen Happen zwischendurch, damit sich ordentlich Hunger aufbauen kann.
* Bieten Sie Ihrem Kleinen eine begrenzte Auswahl an Speisen an, die er seiner Kaureife nach gut essen kann und halten Sie die Portion auf seinem Teller dabei eher klein. Fragen Sie nicht Ihren Sohn, was er haben will. Versuchen Sie nicht angestrengt Mahlzeiten zu „finden“, die ihm schmecken könnten. Das ist überhaupt nicht notwendig. Nein, Sie als Eltern geben vor was es zu essen gibt. Es kann eine gewisse Auswahl geben, bei der Ihr Junge wählen kann. Ist nichts dabei, gibt es auch ansonsten nichts. Wenn der Kleine wenig oder gar nichts isst, bekommt er auch nichts Beliebteres, sondern bis zur nächsten Mahlzeit nichts.
* Ihr Sohn kann vom Alter her schon allein essen. Er muss nicht mehr nur gefüttert werden. Fördern Sie das mit fingerfood. Lassen Sie Ihren Kleinen „experimentieren“. Geben Sie ihm ein Schälchen mit Essen. Mit einem Löffel oder seinen Händen kann er sich dann bedienen und das Essen so erforschen. Auch wenn das am Anfang noch nicht so gut klappt und dauert und Zeit in Anspruch nimmt. Ein großer Latz verhindert "Schlimmeres".
Das Runterwerfen von Essen ist keine böse Absicht von Ihrem Kleinen und er will Sie damit auch nicht ärgern. Sie können ja kurz kommentieren, dass das Essen nicht auf den Boden gehört. Aber machen Sie keine große „Geschichte „ draus.
Das ist die Art wie Kinder lernen. Durch Üben, Ausprobieren, Essen anfassen/oder mit dem Löffel aufnehmen und manchmal Rummatschen, Fehler machen, daraus lernen, es beim nächsten Mal besser machen.
Ziehen Sie Mahlzeiten nicht in die Länge. Nach etwa 30 Minuten sollte das Essen beendet sein, egal ob aufgegessen oder nicht. Dann ist wieder Spielzeit etc.
Mehr gibt’s dann nicht. Das ist nicht so schlimm.
Stellen Sie das Essen nicht zu sehr in den Mittelpunkt. Je weniger Sie dem Verhalten Ihres Kindes Bedeutung beimessen und je weniger Sie erzwingen, umso mehr wird sich Ihr Kleiner am Essen interessieren. Sehen Sie das Essen weniger als „Ihre Aufgabe“, sondern mehr als Freude und Genuss und sehen Sie vieles - gerade beim Essen - oft einfach nur mit einem Augenzwinkern.
Greifen auch Sie selbst mit Genuss zu. Sie sind das Vorbild, Ihr Kleiner wird Sie nachahmen. Und wenn der Zahnspuk vorbei ist, dann wird sich sowieso vieles normalisieren.
Es grüßt Sie herzlichst
Doris Plath
von
Doris Plath
am 19.03.2014