Liebe Ernährungsexperten,
mein Sohn ist jetzt fast 9 Monate alt und wird fast noch voll gestillt. Mit 6 Monaten habe ich -nachdem er sich für Essen interessierte- versucht, mit Brei zu beginnen. Er mochte es nicht. Nachdem er sämtliches Gemüse egal ob Gläschen oder selbst gekocht verweigert hat, habe ich in Absprache mit der Kinderärztin Obst angeboten, das ging etwas besser. Ich bin eigentlich ganz entspannt: wenn ihn etwas interessiert bekommt er es zum Probieren. Spaßeshalber sage ich immer "er gewöhnt sich in homöopathischen Dosen ans Essen". Durchaus bekommt er auch ungewürzte Speisen vom Familientisch (Im Sinne BLW) weil er sich nicht so gern füttern lässt. All das hat bisher nicht dazu geführt, dass er wirklich isst. Vor einer Woche fand ich heraus, dass er eine Suppe aus Kartoffel-Zuccini oder Kartoffel-Broccoli ganz lecker fand, aber auch da war nach ein paar Löffelchen Schluss. Muss ich mir Sorgen machen? Letzte Woche hatten wir alle ein Magen-Darm-Virus, seitdem will er gar nicht mehr essen. Aber ich denk das ist ok, ich bin ja froh, dass er unkompliziert stillt.
Das Ganze ist ziemlich aufwändig und beunruhigt mich doch etwas. Er probiert sehr vieles, aber nach dem Probieren ist meist Schluss. Und Probieren meint in den Mund nehmen, einspeicheln und wieder raus schieben.
Haben Sie noch Ideen?
Herzliche Grüße
Nadja Rurainski-Fischer
von
Litha
am 21.12.2016, 21:25
Antwort auf:
Baby interessiert sich kaum für feste Nahrung
Liebe Frau Rurainski-Fischer,
das kann ich nur bestätigen. Druck und Zwang sind keine guten Helfer, um Freude beim Essen zu entwickeln. Toll, dass Sie es so locker sehen und ihm täglich wieder das Angebot zu beißen und zu kauen machen.
Da kommen nun zwei Dinge zusammen. Bei oder auch noch nach Krankheiten ist es ganz klar, dass sich das auf den Appetit auswirkt. Das kennen wir Erwachsene doch auch. Bei einem Magen-Darm-Infekt, steht es mit dem Hunger nicht so gut.
Das bleibt in Erinnerung. Sicher denkt Ihr Kleiner an dieses unangenehme Bauchgefühl, wenn er den Löffel sieht.
Meist dauert es eine gewisse Zeit bis sich alles wieder normalisiert hat und das Kind merkt, jetzt tut nichts mehr weh, es ist wie früher. Geben Sie Ihrem Sohn diese Zeit, drängen Sie ihn zu nichts und geben Sie ihm durch das Stillen Geborgenheit und Vertrauen.
Aber ich will ganz offen sein (die Zeit des Infektes selbstverständlich ausgeklammert), wenn Ihr Sohn mehrmals täglich Milch trinkt, mindert das den Appetit auf die „festen Mahlzeiten“ und Ihr Kleiner trinkt sich satt und „snackt“ sich durch den Tag.
An dieser Schraube sollten Sie drehen, wenn der Magen-Darm-Spuck vorbei ist.
Da Ihr Sohn nun schon zu den größeren Kindern gehört, hat er auch einen entsprechend höheren Energiebedarf. Solange er fast ausschließlich Milch bekommt, wird sich die Milchmenge uns sicher auch das nächtliche Einfordern eher noch erhöhen. Ihm reichen in seinem Alter aber 400-500mL Milch inkl g Milchbrei.
Feste Nahrung macht nun nach und nach einfach satter als das Trinken von Milch. Auch benötigt Ihr Sohn neben der Milch auch andere Lebensmittel für ein gesundes Wachstum.
Sie können Ihr Mädchen selbstverständlich solange stillen, wie Sie und Ihre Kleine das wünschen. Aber die „feste Nahrung“ sollte nicht zu kurz kommen.
Es gibt hier keine einfache, schnelle Lösung und es wird vermutlich für beide Seiten zunächst nicht leicht werden. Es wird Protest und Geschrei geben.
Wirklich „sanft“ wird es nicht gehen.
Wenn Sie aber eine Veränderung möchten, kommen Sie nicht drum herum.
Das Stillen ist für Ihren Sohn natürlich auch mehr als nur Nahrungsaufnahme. Es ist für ihn eine lieb gewonnene Gewohnheit, es gibt ihm Sicherheit und das wohlige Gefühl der Geborgenheit. Es ist verständlich, dass er dies nicht gerne aufgeben will.
Ich würde so vorgehen:
Bestimmen Sie zu welchen Mahlzeiten es was geben soll.
Morgens und abends (abends nach dem Milchbrei oder Brot) könnten Sie gerne weiter stillen, aber tagsüber würde ich nur feste Nahrung reichen, das wäre eine Möglichkeit.
Sie als Eltern bestimmen das Angebot aus gesunder Kost, nicht Ihr Kind. Ihr Sohn darf lediglich daraus auswählen und entscheiden, wie viel er davon essen mag.
Wenn Sie nicht mehr möchten, dass Ihr Kleiner so häufig seinen Hunger über die Milch stillt, dann bieten Sie die Milch nicht mehr so regelmäßig an.
Bieten Sie also ein richtiges Mittagessen (gerne ein Menü oder Selbstgekochtes), eine Vor- und Nachmittagsmahlzeit (Obst, Gemüse, Knabberartikeln usw.) und einen Abendbrei an.
Gehen Sie einfach konsequent alle festen Mahlzeiten an.
Ihr Kleiner kann essen, kauen und schlucken – behalten Sie das im Hinterkopf.
Ziehen Sie Mahlzeiten nicht in die Länge. Nach etwa 30 Minuten sollte das Essen beendet sein. Mehr gibt’s dann nicht. Nehmen Sie ihn aus seinem Stühlchen und gehen Sie zur üblichen Tagesordnung über. Dann gibt es auch nichts Beliebteres und bis zur nächsten Mahlzeit gar nichts, auch keine Milch!
Das ist nicht so schlimm. Haben Sie keine Angst, dass Sie was falsch machen, oder dass Ihr Kleiner gar verhungern könnte. Das wird nicht passieren! Ihr Sohn ist da viel zu schlau, er wird etwas nehmen, wenn er es braucht. Das ist ganz wichtig, dass Sie das verinnerlichen!!! Ruhig ab und zu mal den Hunger zum Gehilfen machen. Der Hunger ist auf Ihrer Seite.
Bedenken Sie auch der Speiseplan Ihres Kleinen ist derzeit auch "sehr bequem": meistens nur trinken und oft milchig-süß. Er muss jetzt erst vom Herzhaften und von den Breien und von Fingerfood und vom Selbstgekochtem überzeugt werden und dazu braucht er Ihre Hilfe!
Eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung ist eine wichtige Voraussetzung für ein gesundes Wachstum. Auch ist das regelmäßige Kauen wichtig für die Kieferbildung, Mundmotorik und somit für den Spracherwerb sehr wichtig.
Es kann natürlich dauern bis sich ein Erfolg einstellt.
Ich bin mir aber sicher, wenn Sie mit Ruhe und einer gewissen Selbstverständlichkeit dran bleiben, wird Ihr Kleiner es schaffen sich auch an „festen“ Mahlzeiten richtig satt zu essen.
Da ist jetzt ganz schön viel und vielleicht überrumpeln Sie meine Informationen auch ein bisschen, starten Sie nicht mehr vor Weihnachten, auf ein paar Tage mehr oder weniger kommt es jetzt nicht an.
Aber nehmen Sie es sich für den Start ins neue Jahr fest vor. Ihr Kleiner braucht Ihre Hilfe, um ein gesundes Essverhalten zu erlernen.
Und noch was…
Freuen Sie sich bitte weiter wie bisher über die schöne Zeit mit Ihrem Kleinen und darüber, dass er so ein aktiver, agiler, gesunder, glücklicher kleiner süßer Junge ist. Das meine ich ehrlich! Das ist wirklich das Wichtigste!
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Söhnchen ein frohes Weihnachtsfest,
Annelie Last
von
Annelie Last
am 22.12.2016