Sollte ich mein Kind auf Nahrungsmittelunverträglichkeit untersuchen?

 Annelie Last Frage an Annelie Last Diplom Ökotrophologin

Frage: Sollte ich mein Kind auf Nahrungsmittelunverträglichkeit untersuchen?

Liebes Team, unsere inzwischen 5,5 Jährige Tochter hat noch nie (wirklich!) rohes Obst oder Gemüse gegessen, die Zeiten, in denen man sie mit Früchtegläschen oder Obstpüree locken konnte, sind leider auch vorbei. Sie isst - selbst im Kindergarten - mal zwei Erbsen oder ein Scheibchen gedämpfte Karotte. Sie lehnt jedes Obst ab. Sie isst keine Fruchtriegel oder Apfelringe/ -chips und nichts, womit man ein Kind zum gesunden Essen verlocken könnte. Ausnahmen: Sie trinkt eine besondere Sorte Smoothie, auch mal ein Glas Orangensaft. Sie mag eine bestimmte Alnatura Fruchtsoße. Aber das war es auch schon. Auch als Baby hat sie Gemüsebrei nur ungern gegessen. Jetzt sind wir an einem Punkt, an dem sie sogar wegen Kartoffeln anfängt zu maulen. Suppen sind ihr ein Graus. Sie liebt alles "pampige", wie Milchreis, Griesbrei, Polenta (mit Butter!). Süßigkeiten sind nicht so ihres, eher Wurst als Fleisch, gerne viel Milch. Ab und zu Jogurt (Natur mit Zimt oder Zitronensaft und Honig). Sie würde sich von Milch und Brot mit Butter ernähren, wenn sie die Wahl hätte. Oder von Nudeln (ohne Soße, mit Butter). Sie ist nicht schlapp oder sieht ungesund aus, war immer schon eher rundlich als schlank (aber nicht dick). Bei uns gibt es eigentlich immer Gemüse und Obst, sie bekommt es weiterhin immer angeboten, sie hilft beim Schnippeln mit -aber essen würde sie es nie. Langsam bin ich ratloser als ratlos. Die Kinderärztin wundert sich jedes Mal, sieht aber keinen Anlass zur Sorge. Meinen Sie, dass es sinnvoll sein könnte, das Kind mal auf Nahrungsmittelunverträglichekeiten checken zu lassen? Vielleicht lehnt sie ja alles intuitiv ab, weil ihr Körper es nicht angemessen verarbeiten kann? Ein Spleen kann es eigentlich nicht sein, denn es war ja nie anders, auch, als sie noch nicht bewusst entscheiden konnte, was sie zu essen bekommt... Danke für Ihre Einschätzung Sis

von Sis am 28.01.2015, 11:31



Antwort auf: Sollte ich mein Kind auf Nahrungsmittelunverträglichkeit untersuchen?

Liebe „Sis“, da fange ich gleich mal mit den vielen positiven Dingen an. Ihr Kleine kann essen! Sie isst Milchprodukte und –speisen, Wurst, Joghurt, Brot, Nudeln usw. Das ist doch sehr erfreulich. Dann ist Ihr Mädchen munter und aktiv. Auch das beweist, es geht ihr gut! Das müssen Sie sich immer wieder vor Augen halten. Allerdings ist Milch (Grießbrei, Joghurt usw.) auch ein Lebensmittel, das in diesem Alter in Maßen gereicht werden sollte. Milch enthält relativ viel Eiweiß und Mineralstoffe, welche im Übermaß die Nieren des Kindes belasten können. Dazu kommt, dass Studien darauf hin deuten, dass eine zu hohe Eiweißzufuhr in der frühen Lebensphase das Risiko für späteres Übergewicht erhöhen kann. Im Alter Ihrer Tochter reichen etwa 350 ml Milch oder g Milchprodukte aus. Verstehen kann ich, wenn Sie als Mama möchten, dass Ihre Tochter abwechslungsreicher isst. Auch wenn Sie diesen Satz wahrscheinlich schon hundertmal gehört habe. Ein gesundes Kind verhungert nicht vor einem vollen Teller. Klar es könnte auch eine mögliche Nahrungsmittelunverträglichkeit hinter der selektiven Speisenauswahl stecken. Stellen Sie dies zunächst sicher! Wenn Sie aber Smoothie, Obstsaft und Fruchtsoße trinkt/isst, jedoch frisches Obst nicht mag, verträgt Sie z.B. Fruchtzucker, der eine häufigere Unverträglichkeit darstellt. Eine sonst übergreifende Allergie gegen sämtliche Obstsorten ist mir nicht bekannt! Ich empfehle Ihnen aber in jedem Fall einen Besuch bei Ihrem Kinderarzt. Es ist wichtig, dass hinter der Ablehnung kein gesundheitlicher Grund steckt. Bitte klären Sie dies zunächst ab! Das gibt nicht nur Ihnen Sicherheit, sondern stellt auch sicher, dass nichts übersehen wird. Und Sie können dem wählerischen Essverhalten gelassener begegnen. Meiner Meinung nach ist das Essverhalten Ihrer Tochter eine Sache der Gewohnheit und Bequemlichkeit. Ihr Mädchen hat es bis jetzt schlicht und einfach nicht anders gelernt bzw. erlernen müssen. Sie ist einfach alles so gewohnt. Mein lieber Rat an Sie. Versteifen Sie sich nicht so sehr auf die Mahlzeiten Ihrer Kleinen, freuen Sie sich vielmehr darüber, dass es sie gibt. Ihre Jüngste ist sich natürlich ihrer Wirkung auf andere bewusst ist. Sie hat bemerkt, dass sie mit dieser ablehnenden und wählerischen Verhaltensweise die Mama und die Familie berühren kann und viel Aufmerksamkeit bekommt. Mama tut alles, damit ich was esse. „Das ist so toll, dass sich mir alle so intensiv zuwenden.“ Ich gebe Ihnen mal ein paar allgemeine Hilfestellungen zur Hand, die oft viel bewirken. * Einfach immer wieder geduldig das Essen anbieten, aber nicht aufzwingen. Nehmen Sie sich viel Zeit für die gemeinsamen Mahlzeiten, setzen Sie sich gemeinsam mit dem Kind an den Tisch, ohne Fernseher oder andere Ablenkungen. * Bieten Sie Ihrer Kleinen eine begrenzte Auswahl an Speisen an, und halten Sie die Portion auf ihrem Teller dabei eher klein. Fragen Sie nicht Ihre Tochter, was sie haben will. Versuchen Sie nicht angestrengt Mahlzeiten zu „finden“, die ihr schmecken könnten. Das ist überhaupt nicht angebracht und notwendig. Nein, Sie als Mama geben vor was es zu essen gibt! Es kann eine gewisse Auswahl geben, bei der Ihr Mädel wählen kann. Wenn die Kleine wenig oder gar nichts isst, bekommt sie auch nichts Beliebteres, sondern bis zur nächsten Mahlzeit nichts. Das ist nicht so schlimm. Also ruhig ab und zu mal den Hunger zum Gehilfen machen. Und haben Sie keine Angst, dass Sie was falsch machen, oder dass Ihre Kleine gar verhungern könnte. Das wird nicht passieren! Ihre Tochter ist da viel zu schlau, sie wird das nehmen was sie braucht. * Jetzt kommts: Dann lassen Sie sie einfach mal in Ruhe!!! Auch wenn es schwer fällt. Ich weiß, es ist nicht so leicht, aber versuchen Sie es aus. Schauen Sie nicht auf ihren Teller hin, maßregeln Sie sie nicht, motivieren Sie sie nicht, interessieren Sie sich nicht für ihr Essverhalten... Sie möchten doch auch nicht, dass Ihr Essen dauernd kommentiert wird, oder? Essen Sie selbst mit weiter Genuss, unterhalten Sie sich am Tisch über angenehme Ding. * Versuchen Sie die Mahlzeiten auf drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten zu begrenzen. Snacks zwischendurch mindern den Appetit bei den wichtigen Hauptmahlzeiten. Also keine kleinen Happen zwischendurch, damit sich ordentlich Hunger aufbauen kann. * Ziehen Sie Mahlzeiten nicht in die Länge. Nach etwa 30 Minuten sollte das Essen beendet sein, egal ob aufgegessen oder nicht. Mehr gibt’s nicht. Dann geht sie halt mal hungrig ins Bett etc. Beenden Sie ohne großen Kommentar oder Tadel die Mahlzeit und gehen Sie zur üblichen Tagesordnung über. * Nach Möglichkeit weiter Ihre Kleine ins Einkaufen, Zubereiten, Tisch decken…einbeziehen. * Stellen Sie das Essen nicht zu sehr in den Mittelpunkt. Je weniger Sie dem Verhalten des Kindes Bedeutung beimessen und je weniger Sie erzwingen, umso mehr wird sich Ihre Keine am Essen interessieren. Ein ganz wichtiger Punkt: Leben Sie Ihrem Mädchen weiterhin als Vorbild abwechslungsreiches Essen vor. Zeigen Sie Ihre Kleinen wie viel Freude das Essen macht. Besetzen Sie das Essen positiv. Vermeiden Sie Tadel, Zwang und zu große Aufmerksamkeit gegenüber ihrem Verhalten. Wenn sie sieht wie viel Spaß die anderen am Essen haben, motiviert sie das mit am besten. Aber eben alles ohne diese bisher gewohnte große Aufmerksamkeit. Je weniger Aufheben Sie darum machen, ob etwas gegessen wird oder nicht, umso weniger interessant wird es für die Kleinen etwas abzulehnen. Kommt keine Reaktion von den Eltern, ist es für die Kleinen auf Dauer nur halb so toll. Ich weiß, das hört sich alles so einfach und plausibel an. Und im Grunde ist es das doch auch. Auch wenn das nicht gleich von heute auf morgen klappen wird. Viele Grüße aus Pfaffenhofen und eine Extraportion Geduld und Gelassenheit für Sie, Annelie Last PS: Da es sich hier weniger ums Essen dreht als vielmehr um Erziehung, empfehle ich Ihnen Ihre Situation auch einmal im Nachbarforum bei Frau Sylvia Ubbens zu beschreiben. Vielleicht kann diese aus einem anderen Blickwinkel noch Ratschläge erteilen

von Annelie Last am 29.01.2015



Antwort auf: Sollte ich mein Kind auf Nahrungsmittelunverträglichkeit untersuchen?

Liebe Frau Last, Danke für Ihre ausführliche Antwort! Eigentlich befolge ich Ihre Ratschläge bereits weitgehend. Annelie bekommt keine "Extrawurst", darf aber aus dem vorbereiteten Essen wählen, was sie haben möchte. Möchte sie nichts, bekommt sie höchstens als Alternative Müsli (5-Korn-Basismüsli) angeboten. Möchte sie das auch nicht, isst sie nichts. Sie zieht das durch, ich auch. Mittags isst sie in der Kita. Wenn es ihr dort nicht schmeckt, isst sie auch nichts. Sie ist sehr konsequent und isst lieber nichts, als zum Beispiel Brokkoli oder Maissuppe zu essen... Da wir alle (zuhause + in der Kita) ihr Verhalten ja inzwischen gewohnt sind, messen wir ihm (zumindest während der Mahlzeiten) keine große Bedeutung bei. Was ich auf jeden Fall probieren werde, ist die Zwischenmahlzeiten zu begrenzen. Wobei ich bezweifel, dass das dazuführen wird, dass sie plötzlich doch Obst und Gemüse isst ;-) DEnnoch bin ich sehr dankbar für Ihre Antwort! Viele Grüße Sis

von Sis am 02.02.2015, 09:40



Antwort auf: Sollte ich mein Kind auf Nahrungsmittelunverträglichkeit untersuchen?

Liebe „Sis“, Sie sind auf dem richtigen Weg. Bleiben Sie dabei. Ihre Geduld, Hartnäckigkeit und Konsequenz werden sich auszahlen. Irgendwann wird meine Namensvetterin „Annelie“ keine Lust mehr haben auf ihren Konfrontationskurs. Es wird irgendwann immer langweiliger werden, Essen abzulehnen, weil es keine Reaktion mehr bei Ihnen oder dem Papa auslöst. Ich verstehe gut, dass Sie sich zwischen dem Mahlzeiten Sorgen machen, wenn Ihre Kleine derzeit nicht wirklich (viel) essen mag. Die Natur hat es aber so eingerichtet, dass es auch wenn die Ernährung für eine bestimmte Phase nicht optimal läuft nicht gleich zu Mangelerscheinungen kommt. Auch sorgt die Natur dafür, dass der gesunde, kindliche Körper über kurz oder lang wieder in ein ausgeglicheneres Essverhalten zurückfindet. Viele Grüße aus Pfaffenhofen, Annelie Last PS.: Klären Sie auch mit Ihrem Kinderarzt ab, ob hinter der Ablehnung ein gesundheitlicher Grund stecken könnte!

von Annelie Last am 02.02.2015



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