Sehr geehrter Herr Dr. Kniesburges, erst einmal wünsche ich Ihnen ein frohes neues Jahr! Toll, dass es hier die Möglichkeit gibt, Fragen zu stellen und Sie um Ihre Einschätzung als Experte zu bitten, herzlichen Dank dafür! Ich habe eine Frage zu einem sehr schlechten Nabelschnur-ph-Wert nach der Gebur (sorry für die Länge, aber ich vermute, dass der Gesamtzusammenhang wichtig ist...): Meine Tochter Marie wurde nach weitgehend unauffälliger Schwangerschaft am 4.11.14 bei SSW 40+5 nach Einleitung mit Cytotec spontan (keine Glocke, keine Zange, kein Kristellern) mit 4400 gr. und einem Kopfumfang von 39 cm geboren. Die Geburt dauerte rund 8 Stunden, die Austreibungsphase ist im Geburtsbericht mit 17 Minuten angegeben. Unter der Geburt bekam ich mehrfach Buscopan und hing zuletzt am Wehentropf (Oxytocin), sonst keine Medikation, keine PDA. Die Einleitung erfolgte bei 40+4 nach einer Krankenhauseinweisung durch meine Frauenärztin aufgrund eines pathologischen CTG (Tachykardie beim Kind). Das CTG besserte sich in der Klinik, mir wurde jedoch dennoch zur Einleitung geraten, da Verdacht auf Makrosomie (Schätzgewicht im Klinikultraschall bei zwei Schalls auf 4500 gr.) und zudem auf wenig Fruchtwasser (bewahrheitete sich später nicht) bestand. Im Geburtsverlauf kam es in der Übergangs- und Austreibungsphase immer mal wieder zu Dezelerationen beim Kind, die allerdings klinisch wohl keine große Bedeutung hatten (schnelle Erholung). Marie hatte die Nabelschnur einmal straff um den Hals gewickelt (der Abdruck war noch nach der Geburt ziemlich lange am Hals zu sehen; der Bauchnabel war durch den wohl starken Zug sehr in die Länge gedehnt). Es wurde vermutet, dass diese straffe NSU Ursache des auffälligen CTGs war (vermehrter Zug an der Nabelschnur durch ungünstige Kindslage = erhöhter Herzschlag). Mir hat sich ein Anblick sehr eingeprägt: als Marie hochgehoben und mir auf den Bauch gelegt wurde, sah sie für mich grau-weiß aus. Nicht rot, nicht blau, sondern sehr blass. Die Hautfarbe hat sich schnell normalisiert. Sie war zunächst auch ein wenig schlaff, hat nicht gleich geschrien und auch danach erst nur sehr leise, fast zaghaft. Nach wenigen Minuten (mein Zeitgefühl ist allerdings sehr unzuverlässig, ich hatte im Grunde nach der sehr anstrengenden Geburt keines....) jedoch machte Marie einen fitten Eindruck, Augen offen, wacher, aufmerksamer Blick, sofortiges gutes Saugen an der Brust, sie wirkte sehr „präsent“. Soweit zum Hintergrund meiner Frage, die sich ja auf den Nabelschnur-PH bezieht. Hier nun die Werte: Apgar: 8/9/10 Nabelschnur-PH: 6.99 und 7.31 (der zweite Wert ist vielleicht der nach 1. Stunde erhobene Kontrollwert?) PH-Wert-Kontrolle aus der Ferse: 7,18. Base Excess (steht im Bericht hinter dem PH-Wert von 6.99): -15 Uns wurde zunächst nur gesagt, dass der PH-Wert nicht so gut sei und nach einer Stunde noch mal kontrolliert werden solle. Danach hieß es: Wert wieder gut, dennoch sollten wir noch zur Überwachung in der Klinik bleiben. Die Überwachung erfolgte dann noch zwei Tage alle vier Stunden durch jeweils kurze Messung von Herzfrequenz und Sättigung. Meine Tochter war die ganze Zeit mit mir auf der Wöchnerinnen-Station, eine Verlegung musste nicht erfolgen. In der Klinik (Charité-Virchow-Klinikum) konnte man sich Maries Werte nicht erklären. Der miese erste ph-Wert passe nicht so recht zu den Kontrollwerten und dem Apgar und auch zum Gesamteindruck des Kindes. Eine Vermutung war, dass der erste ph-Wert durch mein noch in der Nabelschnur befindliches Blut verfälscht war und ich diejenige war, die so „sauer“ war, weniger das Baby („mütterliche Leihgabe“). Ich war nach der Geburt in der Tat ziemlich mitgenommen. Wir wurden entlassen mit dem Rat, den schlechten Wert einfach abzuhaken und uns keine Sorgen zu machen. Bisher hat weder die Kinderärztin noch meine Frauenärztin sich zu den Werten geäußert – und ich habe die Sache zunächst auch „abgehakt“, merke nun aber doch, dass da doch noch (machmal große) Sorgen schlummern. Die Kombination aus ph-Wert 6,99 und BE -15 ist ja nun wirklich ziemlich mies, oder? Marie wirkt mit Ausnahme der wenigen schlappen Startminuten seit Geburt sehr fit, ist wach sehr aufmerksam, trinkt gut, nimmt sehr gut zu, hat keine motorischen Auffälligkeiten, „kommuniziert“ viel mit einer wachsenden Palette von Geräuschen und Lauten, schreit nicht übermäßig und ist laut U3 und eigenem Eindruck zeitgerecht entwickelt (KiÄ fand sie sehr weit). Einzige Auffälligkeit: zunächst schaute sie nur nach rechts und hatte eine ausgeprägte C-Haltung, wohl aufgrund von Blockaden durch die auch für Marie nicht einfache Geburt. Seit osteopathischer Behandlung schaut sie gleichmäßig zu beiden Seiten, auch die C-Haltung ist fast weg. Kurz: Wie sind die zunächst so schlechten Werte aus Ihrer Sicht zu beurteilen? Auch in Kombination mit den guten Kontrollwerten, den ordentlichen Apgar-Werten und dem sonst sehr guten Eindruck, den Marie bisher macht? Ist die Hypothese der „mütterlichen Leihgabe“ haltbar bzw. wahrscheinlich? Und: kann es trotz der bisher guten Entwicklung noch zu Problemen kommen, weil eben möglicherweise doch ein Sauerstoffmangel vorlag, der trotz der schnellen Erholung vielleicht doch Schäden verursacht hat? Sollten wir die Sache im Hinterkopf behalten, falls es zu noch zu irgendwelchen Auffälligkeiten kommt? Wäre weiterführende Diagnostik sinnvoll? Ich genieße mein wirklich tolles Kind und bin an sich entspannt, will aber auch kein Zeitfenster für sinnvolle Förderung und Behandlung verpassen, falls doch nötig...und da schlummert doch noch eine stille Angst in mir – könne Sie mir die nehmen? Ganz herzlichen Dank! Kleine Löwin
von kleine_Löwin am 08.01.2015, 16:42