Was haben wir falsch gemacht?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Was haben wir falsch gemacht?

Wir haben eine Tochter. Sie heißt Lisa und ist 3,6 Jahre alt. Mit 2 Jahren fing alles an. Sie hört einfach nicht mehr auf mich. Sie macht, was Sie will. Wenn Sie morgens aufsteht, als erstes frühstücken. Ich erkläre ihr, bitte zuerst anziehen, damit wir die alte Windel( nur Nachts), entsorgen können. Die Windel riecht, ist voll und bäh. Nein, Sie möchte erst frühstücken und dann anziehen. Egal was ich zu ihr sage, ich bin mit meinen Nerven am Ende. Ich habe mir Ratschläge eingeholt von anderen Müttern. Manchmal frage ich mich, wie die das schaffen. Mein Mann arbeitet voll. Von 06:30 Uhr - 16:30 Uhr. Er kommt Mittags heim zum Essen und fährt wieder ins Geschäft. Nach der Arbeit beschäftigt er sich mit seiner Tochter, 1 Std.lang. Lisa, magst du mir helfen? Bsp.: Wäsche waschen oder aufhängen, Tisch decken, .... Nein! Sie hat ihren eigenen Kopf. Ich versuche immer ruhig zu bleiben und es ihr zu erklären. Ich stoße immer auf Widerstand. Wenn Papa heim kommt, freue Sie sich. Mama hat mit mir geschimpft, aber Sie solle nicht immer schimpfen. Seit 1,5 Jahren geht das so, dass ich immer jeden Tag schimpfen muss( 365 Tage). Morgens im Kindergarten, ich auf Arbeit, hole Sie mittags ab. Zur Zeit macht der Kindergarten mittags immer für 1 Std. zu. Deshalb mittags abholen und könnte Sie wieder ab 13:30 Uhr hinbringen für 2 Std. Andere Mütter meinen, ich solle mich mehr mit ihr beschäftigen und nicht so streng sein. Aber das geht nicht. Wenn ich morgens arbeiten gehe ( TZ) und dann Mittags in den Kindergarten, dann nach Hause, Mittagessen vorbereite, beschäftige ich mich mit ihr, nachdem Essen. Nebenbei habe ich auch einen Haushalt zu führen. Da mir alles zu viel wird mit Lisa, gehe ich auch zum Psychologen mit den ich reden kann. Lisa ist unser wunschkind. Beschlossen habe ich, ich möchte kein zweites Kind mehr, mein Mann schon. Jeden Tag die Trotzphasen. Das schaffe ich nicht, deshalb auch die Beratung. Mir tut es gut, mich von der Seele zu reden. Der Psychologie meinte:, 1. Sie sind eine strenge Mutter. 2. Sie wissen, was Sie wollen( Lisa soll lernen, auch selbständig zu sein/ sich auch mal alleine beschäftigen). 3. Kinder Grenzen setzen. Denn wenn man vieles durchlässt, haben Mütter verloren. Man kann nicht immer ja sagen zu Lisa, man sollte auch Nein sagen können. Im Kindergarten, wenn die Erzieherinnen sagen bitte aufräumen, funktioniert es, nur zu Hause nicht! Manchmal bereue ich es, ein Kind zu haben. Meine Entscheidung steht fest, ein zweites wird es nicht mehr geben. Lisa bleibt ein Einzelkind. Hätten Sie für mich einen Rat? Was könnte ich anders machen? Katrin1079

Mitglied inaktiv - 09.08.2017, 07:53



Antwort auf: Was haben wir falsch gemacht?

Liebe Katrin1079, wie der Psychologe Ihnen schon ganz richtig erklärt hat, ist es wichtig, den Kindern Grenzen zu setzen. Auf der einen Seite sollte Ihre Tochter Entscheidungen treffen dürfen, wie z.B. was sie auf Ihrem Brot essen möchte, welches T-Shirt sie anziehen möchte (2 zur Auswahl). Bei den Ihnen wichtigen Dingen, wie dem Windel ausziehen vor dem Frühstück, sollte es aber keine Diskussionsmöglichkeit geben. Sie geben vor, dass nach dem Aufstehen die Windel ausgezogen und sich angezogen wird, natürlich mit Ihrer Unterstützung und dann erst wird gefrühstückt. Gibt es Protest, dann halten Sie diesen aus. Sie sind die Mutter, Sie treffen die Entscheidung. So auch in den anderen, Ihnen wichtigen Dingen. Spielen Sie mit Ihrer Tochter, lesen Sie ihr etwas vor, gehen Sie mit ihr auf den Spielplatz usw. Schenken Sie ihr Ihre Aufmerksamkeit. Zeigen Sie ihr, dass sie auch schöne Sachen gemeinsam machen können, ohne Geschimpfe. Den Haushalt können Sie erledigen, wenn der Papa sich um Lisa kümmert. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 11.08.2017



Antwort auf: Was haben wir falsch gemacht?

Hi. Also das mit der Windel ist bei uns auch so. Wobei meiner erst zwei ist. Läuft sie aus bestehe ich aufs wechseln. Wenn nicht dann erst nach dem Frühstück. Ich biete ihm auch an zu helfen. Wenn er nicht möchte ist es aber auch gut. Dann soll er mit seinen Sachen spielen. Wenn er beides nicht möchte kann ich da manchmal nichts dran ändern ( der Haushalt muss gemacht werden da ich mit zwei Kindern von morgen bis abends alleine bin). Protestiert er dann müssen er knd ich den Protest auch mal aushalten. Ansonsten gehen wir viel raus und spielen. Als mein Sohn ein Jahr alt war musste ich auch halbtags arbeiten und wenn meine Tochter ein Jahr alt ist muss ich das auch wieder. Natürlich ist das für Mütter dann noch schwieriger alles unter einen Hut zu bekommen und man hat eventuell auch ein schlechtes Gewissen den Kindern gegenüber (so ist das bei mir). Aber man darf sich nicht stressen lassen. Versuch sie in den Alltag einzubinden aber wenn sie nicht möchte dann lass sie spielen (Protest muss dann mal ausgehalten werden der geht irgendwann dann auch zurück). Wichtig ist auch mal nur Zeit für deine Tochter zum spielen. Vielleicht kannst du in der Zeit putzen in der dein Mann mit ihr spielt? Ich glaube wirklich das das Problem nicht deine Tochter ist sondern deine Ansprüche an dich und sie. Und dies hast du schon erkannt und dir Hilfe geholt. Der erste und wichtigste Schritt. Finde ich toll. Versuche einfach ein Bischen gelassener zu werden. Überlege welche Regeln dir wirklich wichtig sind damit du nicht ständig nein sagen musst. Vielleicht würde euchcein Familien Urlaub gut tun damit ich einmal den Alltag durchbrechen könnt. Und ansonsten. Mach weiter deine Therapie. Du bist damit auf einen guten Weg. Und wenn du kein zweites Kind möchtet ist das auch ok. Lg und alles gute

von Myfairlady11 am 09.08.2017, 08:59



Antwort auf: Was haben wir falsch gemacht?

Hallo, So ein bisschen ist in dem Alter die Strenge auch kontraproduktiv. Desto strenger man ist, mehr schimpft, mehr verbietet, desto stärker trotzen die Kinder! Sie sollten daher grundsätzlich in einer ja Umgebung aufwachsen. Man muss ab und an Unordnung hinnehmen. Mehr Beschäftigung und weniger Haushalt. Dann siehts halt mal eine Weile unordentlich aus. Besser als der belastende Stress mit Kind. Kochen ist natürlich ein Muss. Die Küche mache ich dann abends mit meinem Mann sauber wenn sie schlafen. Fenster sind zwar etwas schmutzig aber das sind sie in einem halben Jahr immer noch... läuft ja nicht weg. Die Zeit mit deinem Kind schon. Strafen und Ähnliches führen ebenfalls zu mehr Trotzgebahren. Die Kinder trotzen und bauen Selbstbewusstsein auf. Wird es determiniert, müssen sie immer mehr aufbegehren. Allein spielen können die wenigsten in dem Alter. Muss ich in der Küche etwas machen, lasse ich meine Kleine (2,5) meist ihr Spielzeug in der Spüle waschen. (Klar is dann alles nass, wird abgetrocknet hinterher - besser als Dauergeschimpfe und Genörgel) Manchmal lass ich sie Seife auflösen oder andere Experimente machen (sie liebt Wasser, wäre es nicht so würde ich was anderes suchen - auf irgend was lustiges springt dein Kind ganz bestimmt an!) Die Windel darf sie einfach selber ausziehen. Wenn sie so absolut gar nicht will hole ich den Arztkoffer raus. Dabei muss sie natürlich entkleidet werden! So ist das beim Arzt. Wenn sie sich nicht anziehen mag, dann eben nicht. Wenn wir aber los müssen, zieh ich sie vor der Haustür an, denn da vergisst sie ihren Widerstand (ist bei vielen Kindern übrigens so). Meist läuft sie Barfuß, das ist den Krieg einfach nicht wert. Ist ihre Sache. Ich achte immer nur auf 1. Gefährlich, 2. Ist mir absolut superwichtig (ernsthaft drüber nachdenken) oder 3. Mehrarbeit die ich nicht zu leisten bereit bin. (Z.b. alle frisch gewaschene Wäsche über den Boden im Haus schleifen.. macht sie nämlich gerne) Ansonsten sag ich fast immer ja. Kinder helfen gerne wenn man es nicht aberzieht. Mein Kind macht gern die Toilette mit der Klobürste "sauber". Sie wischt gerne den Boden. Wischt staub. Räumt den Geschirspüler aus und ein. NICHTS davon ist hinterher ordentlich, schön oder einfach. Aber es wird besser! Früher musste ich alles nochmal machen, mittlerweile wird sie nützlich. Wenn sie Besteck sortiert entspricht das weitgehend dem was ich am ende will. Das Klo ist nicht mehr nass. Man sollte nie das Helfen verbieten, nur weil es dann mehr Arbeit bedeutet. Denn irgendwann machen sie es dann einfach nicht mehr! Wir aberziehen es ihnen. Zu Arbeit zwingen macht ebenfalls keinen Sinn, dann sperren sie sich innerlich. Gejammer muss man einfach aushalten. Das gibt es jeden Tag. Dagegen hilft nur viel raus gehen oder viel Beschäftigung mit Kind. Beim putzen eine Geschichte draus machen ist immer gut. Da kommt der Saugrüssel vom Alienelefant, er will die Krümel vom Teppich lutschen, jarr mhhh wo sind denn nur die Krümel hin? Meist will sie dann unbedingt saugen und sucht Krümelfutter. Mit "Spiel" geht das meiste ganz gut. Das allerwichtigste um in stetiger Verbundenheit mit seinem Kind zu bleiben ist aber, es ernst zu nehmen und sich ei zufühlen. Dazu gehört erstmal immer zu trösten und in Worten wieder zu geben, das man weiß was es eigentlich möchte. Trotzt das Kind und weint, dann sage ich dass ich sie verstanden habe. "Du willst jetzt unbedingt xy machen! Das ist dir superwichtig! Du sagst "blöde Mama" zu mir, weil du so wütend bist, dass ich es verbiete. As kann ich gut verstehen. Trotzdem bleibe ich bei meinem nein, weil..." Und wenn sie weinen, trösten. Mehr kann man nicht tun. Das vergeht und übrig blei bt beim Kind das Gefühl auch geliebt zu werden, wenn es wütend ist und verstanden zu werden. Das Trotzen wird dann weniger. Rücksicht und Achtung deiner Arbeit kannst du in dem Alter noch nicht erwarten, da die kognitive Reife fehlt. Ab 4 Jahren wird es langsam empathischer und damit auch rücksichtsvoller. Ganz Langsam. Lg

von Avraa am 09.08.2017, 10:57



Antwort auf: Was haben wir falsch gemacht?

Eventuell hilfreiche Buchempfehlungen: "Das gewünschteste Wunschkind treibt mich in den Wahnsinn - der Entspannte Weg durch Trotzphasen" von Danielle Graf (Gibt auch einen sehr guten Blog von ihr mit vielen Hilfen) "Ich will verstehen was du wirklich brauchst - gewaltfreie Kommunikation mit Kindern" von Frank und Gundi Gaschler Und wenn man so gar nicht weiß wo der Weg hinführen soll halte ich "Liebe und Eigenständigkeit" von Alfie Kohn für das beste Buch überhaupt. Vielleicht findest du ja eines das dich anspricht und deinem Stil so entspricht, dass es dir hilft. :) Lg

von Avraa am 09.08.2017, 11:28



Antwort auf: Was haben wir falsch gemacht?

Liebe avraa, ganz toll geschrieben. Und Hut ab vor dem erziehungsstil, bin begeistert. Liebe Grüße

von Kornblume2016 am 09.08.2017, 17:02