Tochter (5 Jahre) soziale Probleme

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Tochter (5 Jahre) soziale Probleme

Liebe Experten, wir haben ein Problem, das immer stärker wird. Unsere Tochter ist gerade 5 geworden. Im letzten halben Jahr ist sie wohl zweimal von einem Jungen im Kindergarten ausgelacht worden. Seitdem haben wir jeden Tag vor dem Kindergarten Theater bis hin zu hysterischem Weinen. Sie zieht nur noch ein einzigen Shirt an, von dem sie denkt, dass sie darin niemand auslacht. Wenn sie was Neues bekommt, sagt sie, dass sie das ja nachmittags und am Wochenende anziehen kann. Da trägt sie die Sachen dann auch mit Freude. Das Problem wurde mit den Erziehern besprochen und ein Erzieher hat auch mit dem Jungen und Matilda ein Gespräch geführt. Es wurde erklärt, dass man niemanden auslacht und seitdem ist auch nichts mehr gewesen. Unsere Tochter hat aber einen totalen Knacks weg. Nun sind wir im Urlaub an der Nordsee und die ersten Wochen war eine Freundin von ihr mit hier. Mit ihr ist sie hier in die Schwimmschule gegangen. Die Freundin Pia hat rasend schnell schwimmen gelernt, Matilda ist eher ängstlich und braucht länger, was ja vollkommen in Ordnung ist. Nun hat sich die Gruppenzusammensetzung geändert, weil eben immer mal Urlaubskinder kommen und gehen, einige ihr Seepferdchen machen usw. Heute waren nun nur Jungen in der Gruppe, von denen sie nur einen kannte. Es war wieder mal ein einziges Geheule. Alle Kinder hatten Spaß, nur Matilda stand heulend im Wasser und schrie nach Mami. Sie kam dann raus und war durch nichts mehr zu bewegen, zurück zu gehen. Den Schwimmlehrer kennt und mag sie total gerne. Er hat sich auch toll um sie gekümmert, aber es war nichts zu machen. Ich muss gestehen, dass ich inzwischen ziemlich fertig mit den Nerven bin und auch sauer war. Wahrscheinlich ist es pädagogisch völlig falsch, aber ich habe ihr gesagt, dass sie sich nicht wundern muss, wenn andere lachen, wenn sie sich wie ein Baby benimmt. Vorher habe ich natürlich versucht, mit ihr zu reden, zu fragen, woran es liegt... Wir haben Matilda immer sehr behütet. Sie hat einen ein Jahr jüngeren Bruder, der total forsch ist, mit jedem Freundschaft schließt und Matilda natürlich oft mitzieht. Und sonst treffen wir uns oft mit ihren Freundinnen. Ich selbst habe, als ich drei war, meine Schwester an Krebs verloren und bin nirgends mehr allein geblieben. Die Zeit habe ich heute noch im Kopf, die Panik, wenn meine Eltern weg waren. Nun will ich bei Matilda nichts verkehrt machen. Ihr nicht diese Panik zumuten, die ich damals hatte. Andererseits hat sie ja nun kein vergleichbares Trauma erlebt. Und vielleicht verpäppel ich sie vor meinem Hintergrund auch einfach zu viel? Heute jedenfalls war sie nicht mehr ins Wasser zu bekommen und ich bin stocksauer mit ihr abgezogen. Als wir das dann hier in der Ferienwohnung noch mal mit ihr besprechen wollten, fragte sie plötzlich nur, ob sie IPad darf!!! Ich dachte, ich höre nicht richtig! Ich fürchte auch, dass dieses Erlebnis heute sie in ihrer Angst(?) bestärkt, aber ich kann sie ja auch nicht ins Wasser prügeln. Aber sie immer flüchten zu lassen, kann doch auch nicht richtig sein, oder? Hätte ich einfach sagen sollen, hey, nicht schlimm, dann gehen wir eben wieder....? Wie soll das denn in der Schule werden? Da wird sie kein Kind kennen! Hilfe! Julia

von Julia1971 am 22.07.2015, 11:34



Antwort auf: Tochter (5 Jahre) soziale Probleme

Liebe Julia, kann der Papa Ihre Tochter zum Schwimmkurs begleiten? Oftmals klammern die Kinder an Mama und verhalten sich beim Papa ganz anders. Sprechen Sie nach der Rückkehr aus dem Urlaub nicht über das T-Shirt-"Problem". Fragen Sie Ihre Tochter, ob sie das eine oder das andere T-Shirt anziehen möchte. Vielleicht hat sie die Phase des besagten Shirts bis dahin abgelegt. Ansonsten können Sie ihr mit einer Notlüge auf die Sprünge helfen, dass das Shirt noch dreckig ist und erst gewaschen werden muss o.ä. Warten Sie ab, wie Ihre Tochter nach den Sommerferien reagiert. Auf der einen Seite war es sicherlich nicht schön, ausgelacht zu werden, dennoch hat sie schnell gelernt, dass sie viel Aufmerksamkeit dadurch erlangt hat. Und viele Wochen später bemühen Sie sich noch darum, dass das eine Shirt am Morgen immer parat liegt. Matilda bekommt dadurch viel Aufmerksamkeit bzw. hat dadurch das Gefühl, Mama tut etwas nur für mich. Hat sich die Situation nach den Ferien nicht entspannt, sprechen Sie mit den Erziehern, wie diese damit umgehen würden, wenn sie Matilda morgens in einem anderen Shirt bringen, diese aber deshalb weint und Sie dann gehen? Ihre Tochter wird lernen müssen, dass es nicht immer nach ihren Wünschen gehen kann. Selten haben Kinder in dem Alter wirklich einen "Knacks" bekommen, "nur" weil sie mal ausgelacht wurden. Ändert sich grundsätzlich nichts und Ihre Tochter verhält sich auch entsprechend, wenn Sie als Mutter nicht dabei sind, sollten Sie mit Ihrem Kinderarzt darüber sprechen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 23.07.2015