Tochter (3,5J) treibt uns in den Wahnsinn....

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Tochter (3,5J) treibt uns in den Wahnsinn....

Liebe Frau Ubbens, anders kann ich es momentan nicht sagen, als dass unsere Kleine uns in den Wahnsinn treibt. Alles will sie bestimmen, lässt sich nichts sagen und ist auch völlig unbeirrbar. Sie war noch nie so richtig pflegeleicht, hat auch sehr stark getrotzt, aber eigentlich war es in den letzten Monaten deutlich besser geworden. Jetzt geht es umso stärker weiter. Sie darf viel mitentscheiden, wo es möglich ist, und ich richte mich auch teilweise schon nach ihren teils seltsamen Wünschen (z.B. Ablauf des Zähneputzens oder Frühstück herrichtens, weil es mir im Grunde egal ist, in welcher Reihenfolge was gemacht wird). Aber einige Grenzen gibt es halt doch und dann flippt sie völlig aus, schreit, als würde man sie abschlachten. Oder meckert ständig rum. Beispiel: Die Kellnerin bringt ihr einen roten Strohhalm. Sie will dann aber einen blauen. Im Cafe gibt es nur Tische mit Bänken, sie verlangt nach Tischen mit Stühlen dazu. Sie behauptet, ihr Becher sei voll, obwohl gar nichts drin ist. Halt lauter so irrationale Dinge, für die ich wirklich kein Verständnis habe. Dazu kommt, dass sie gar nicht davon beeindruckt ist, wenn Mama und Papa traurig sind, sich aufregen... das lässt sie völlig kalt. Mir ist klar, dass sie mit 3,5 J. noch nicht die Empathiefähigkeit hat, die man sich wünschen würde. Aber ich habe schon das Gefühl, dass andere Kinder zumindest merken, oh, jetzt stimmt was nicht, ich bin vielleicht zu weit gegangen... Das vermisse ich bei unserer Tochter. Traurig sein, sachlich erklären, anschreien (ja, das passiert leider manchmal).... alles ohne Effekt. Was kann man im Bezug auf Mitgefühl, sich in andere hinein versetzen denn von einer 3,5 jährigen erwarten? Ich will sie auch nicht mit Liebesentzug strafen und in ihr Zimmer schicken und dort weinen lassen, aber manchmal fällt mir nichts anderes ein. Habe mal gelesen, das sei noch schlimmer für das Kind als Schlagen. Irgendwann weiß sie vermutlich auch gar nicht mehr, warum sie sich ursprünglich aufgeregt hat... Jedenfalls weiß ich momentan nicht, wie ich mit ihrem Verhalten umgehen soll. Mit anderen Kindern spielt sie übrigens ganz "normal" und Freunde bestätigten mir, sie sei ein angenehmes Kind. Aber daheim "lässt sie dann die Sau raus"..... Sorry, ich hoffe, das war nicht zu wirr jetzt. Viele Grüße Lela

von Lela77 am 19.05.2015, 10:24



Antwort auf: Tochter (3,5J) treibt uns in den Wahnsinn....

Liebe Lela, manchmal sind zuviele Entscheidungen treffen zu dürfen für kleine Kinder noch nicht so sinnvoll. Ihre Tochter kennt die Grenzen dessen, wann sie ein Mitspracherecht hat und wann nicht, noch nicht. Sie ist noch überfordert mit der Situation. Bei bestimmten Abläufen ist es sinnvoll, eine gewisse Kontinuität zu wahren. Das Zähneputzen sollte immer vor oder nach dem Frühstück stattfinden, am Tisch sitzen immer alle am gleichen Platz, die Gute-Nacht-Geschichte wird immer im Bett vorgelesen usw. Dies waren nur Beispiele und müssen nicht entsprechend eingehalten werden. Durch entsprechende Strukturen und Rituale wird Ihre Tochter lernen, dass es Dinge gibt, die sie nicht beeinflussen kann. Verlassen Sie auch gerne für einen Moment die Situation. Beispiel: Ihre Tochter möchte unbedingt auf einem Stuhl sitzen, es gibt aber nur Bänke, dann kündigen Sie an, dass Sie mit ihr nach draußen gehen. Hört das Gemecker nicht auf, dann gehen Sie auch für einen Moment mit ihr nach draußen. Hat sie sich dort beruhigt, können Sie einen neuen "Versuch" starten. Mama und Papa sind traurig, regen sich auf, usw. das passiert ohne Ihre Tochter. Sie sieht und hört Sie zwar, dennoch passiert mit ihr nichts. Wenn Sie das Cafe verlassen, hat ihr Handeln eine direkte Konsequenz, die zum Überlegen und Einlenken auffordert. Ihre Tochter ist eine starke Persönlichkeit, die die Grenzen von Mama und Papa immer wieder austestet und damit für sich unter Beweis stellen möchte, wie groß sie doch ist und wie gut sie ihren eigenen Willen durchsetzen kann. Sie ist sich dabei sicher, dass Sie immer für sie da sind und sie lieben, darum testet sie bei Ihnen. Gerne ein regelmäßiges NEIN und eine festgelegte Reihenfolge sowie ein erlebtes Handeln, wie z.B. das Cafe verlassen, lehren mehr als ein ins Zimmer schicken. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 20.05.2015