Frage: Rotzfrech, wie reagieren?

Hallo Frau Ubbens, mein Sohn (3,5 Jahre) ist ein sehr lebendiges, aufgewecktes Kerlchen. Momentan ist er aber zwischendurch 'unausstehlich'. Nun macht er auch keinen Mittagsschlaf mehr und die Müdigkeit tut ihr übriges. Wenn ich was sage und es passt ihm nicht, kommt sofort: Nein! Das will ich aber nicht! In einem lauten, bestimmenden Ton. Oder wenn ich z.B. sage, dass er ganz schön frech ist, kommt dann von ihm: Nein Du bist frech! O.ä. Seine Uroma schreit er auch oft an oder haut nach ihr. Sie weiß dann gar nicht damit umzugehen und sagt dann gar nichts dazu. Mich hat er heute auch gebissen. Zwar gaaaanz vorsichtig, also mehr Provokation als wirklich zubeißen,aber auch das muss ja nicht sein. Wie reagiert man da am Besten? Letztens hat er sich Kuchen in den Mund gestopft und ist losgelaufen. Als ich dann geschimpft habe, hat er den Kuchen durch die Wohnung gepustet. Da wusste ich auch so gar nicht, wie ich am besten reagieren soll, zu mal es auch noch bei meinen 'Schwieger-Großeltern' war... Haben sie da Tipps? Vielen Dank im Voraus! Viele Grüße, Diwo

von diwo75 am 02.06.2014, 20:17



Antwort auf: Rotzfrech, wie reagieren?

Liebe Diwo, sagen darf Ihr Sohn, dass er etwas nicht möchte, schließlich darf er seinen Frust loswerden. Die Frage ist, ob er es dann doch macht. Schreit er seine Uroma an oder haut sogar nach ihr, dann handeln Sie und setzen Ihren Sohn konsequent von der Uroma weg. Er kann wieder zu ihr gehen, wenn er sich bei ihr entschuldigt hat, evtl. mit Ihrer Unterstützung. Beißt er Sie, sagen Sie deutlich "Nein" und setzen ihn von sich weg, damit er keine Gelegenheit bekommt, es noch einmal zu probieren. Er pustet den Kuchen durch die Gegend, dann darf er helfen, den Kuchen wieder aufzusammeln/aufzufegen. Er darf seinen selbst verursachten "Müll" selbst bereinigen. Betiteln Sie ihn nicht mit frech o.ä., sondern sagen lieber "Das war frech", dann weiß er, dass Sie meinen, dass sein Verhalten nicht in Ordnung war, kann Sie im Gegenzug aber nicht entsprechend betiteln. Kinder hören den Unterschied. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 03.06.2014



Antwort auf: Rotzfrech, wie reagieren?

Huhu, wollte auch gern was dazu sagen. Alle Kinder haben wohl solche bockigen Phasen. Dein Sohn wünscht sich jetzt einfach, dass Du Deine Rolle als "Chefin" wahrnimmst und ihm Halt und Führung gibst. Er testet gerade, ob Du das kannst. Es hilft ihm dabei nicht so sehr, wenn Du ihm sagst: "Du bist aber frech!" Er kann ja sein eigenes Verhalten noch nicht bewerten oder darüber reflektieren. Es interessiert ihn deshalb auch nicht, wie Du es benennst. Er probiert sich einfach aus, das geht ganz von selbst. Ich hab' bei meinen Kindern die besten Erfahrungen damit gemacht, nicht lange zu schimpfen, zu diskutieren, zu klagen, zu ermahnen, zu bestrafen - sondern mich in der jeweiligen Situation einfach sofort durchzusetzen. Ein "Nein!" des Kindes ist dann zwar verständlich, aber nicht weiter schlimm. Wenn Dein Sohn z. B. den Kuchen ausspuckt, wischt er die Krümel natürlich selbst wieder auf - was sonst? Dabei ist es auch egal, ob die Schwiegereltern zuschauen oder nicht - sie können vielleicht noch was lernen! ;-) Was zugleich aber wirklich super gegen Trotz hilft: Ein Kind möglichst viel selbst machen zu lassen. Der Autor und Familientherapeut Jesper Juul sagte mal: "Trotz ist, wenn die Kinder selbständig werden, und die Eltern trotzig." Er meint damit, dass gerade Mütter ihrem kleinen Kind oft so gut wie alles abnehmen möchten. Weil es dann schneller geht, das Ergebnis perfekter ist, weil sie es dem Kind nicht zutrauen, dass es das schon selbst kann. Und dann wundern die Großen sich, wenn die Kleinen frustriert sind und trotzig werden. Kleine Kinder werden umso zufriedener, je mehr sie selbst tun und entscheiden dürfen. Dein Sohn kann sich schon selbst duschen, die Haare waschen, selbst entscheiden, was er anzieht (aus einer vorgegebenen Auswahl von zwei Outfits); er kann im Haushalt helfen, ein bisschen staubsaugen, ein Stückchen vom Boden wischen, beim Gemüseschneiden helfen. Das Ergebnis ist nicht perfekt, aber man hat ein Kind, das sich stolz und gebraucht fühlt. Kinder wollen nicht immer nur spielen, sie wollen auch hilfreich für die Großen sein. Lies zum Thema Bockigkeit und Trotz auch mal das Buch "Das kompetente Kind" von Jesper Juul - dünn, gut zu lesen und wirklich mit vielen Aha-Erlebnissen für Eltern. Sehr viel Trotz wird damit plötzlich ganz überflüssig und löst sich auf - ich hätte vorher auch nicht gedacht, wie schnell das gehen kann. LG

von Hexhex am 03.06.2014, 12:01