Abhängigkeit von anderen Kindern

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Abhängigkeit von anderen Kindern

Liebe Frau Ubbens! Meine Tochter (10) ist durchweg ein Sonnenschein. Sie ist selbstständig, zielstrebig, sehr weit und extrem sozial. Aufgrund von Unterforderung hat sie die fünfte Klasse übersprungen. Den Stoff der 5. klasse hat sie drauf und innerhalb von 2 Wochen die Bücher der Hauptfächer samt Arbeitsheften abgearbeitet. Obwohl sie 4 Wochen der 6.klasse versäumt hat, kann sie auch diesen Stoff und zeigt sich bei Gruppenarbeiten initiativ und erklärt den anderen sogar die Aufgabenstellung. Sie ist ein sehr ruhiges, zwar bescheiden, aber dennoch selbstbewusstes Mädchen und eigentlich auch beliebt bzw. hat immer Anschluss gefunden. Jetzt komme ich zu meinem Problem... in der neuen klasse kennt sie schon einige Mädchen, u.a. die Tochter einer bekannten von mir. Die beiden verstehen sich gut. Nun hat die Mutter mich heute angerufen und gesagt, die kleine sei krank. Meine Tochter hat fast einen Nervenzusammenbruch bekommen. Sie hat nicht mehr geweint, sondern fast bis zum Erbrechen geschrien. Sie fühlt sich unsicher ohne diese eine Freundin und "schaffe es nicht". In den Arm nehmen, vernünftig argumentieren, Mut zusprechen hat alles nicht funktioniert. Ich weiß-Schande über mein Haupt-aber ich habe sie nun auch zu Hause gelassen, da ich mir Sorgen mache,dass sie durch ihr unsicheres Verhalten ausgegrenzt wird bzw angriffsfläche bietet. Man sah ihr auch sehr deutlich an, wie sie sich fühlt, sie hatte Ausschlag und flecken im Gesicht und rote Augen. Sie hat am ganzen Körper gezittert und nach Luft gerungen. Leider ist das Problem kein neues. Im Kindergarten fing es an. Sie hat sich mit einem Mädchen angefreundet(die beiden sind heute noch befreundet). Sobald die Freundin mal krank war, ging das Theater los. Obwohl sie andere Freundinnen hatte! Die Maus wurde dann irgendwann eingeschult, weil sie 3jahre älter ist, das war ein riesiges Drama, aber mit Hilfe der Erzieher haben wir das in den Griff bekommen. Dann hat sie sich in der Grundschulzeit an das nächste Mädchen "geheftet", gleiches Spiel!! Wie froh war ich, als die beiden durch den schulwechsel getrennt wurden!!!! Ich verstehe es nicht. Sie meistert alles mit Bravour. Hat eine Engelsgeduld, macht Puzzle für erwachsene, hat sich selber das Nähen beigebracht, ist immer bedacht, jeden Streit zu schlichten und jeden kind, dem es schlecht geht, zu trösten. Ihren kleinen Bruder betüddelt sie mit so viel Herz und liebe (natürlich gibt es auch viele Momente, wo sie von dem frechsdachs genervt ist (-:) Wir haben eine sehr innige Bindung, von Anfang an. Sie erzählt mir ihre Sorgen und andere Mütter beneiden mich über so viel Kommunikation(sie erzählt auch viel aus der Schule, Termine, arbeiten, Projekte). Sie steht auch für ihre Meinung ein, argumentiert und kämpft-wenn nötig-um "ihr Recht". Ich erlebe sie als selbstbewusstes, liebes Mädchen mit viel Herz. Aber diese "Abhängigkeit"liegt mir sehr im Magen, auch hinsichtlich der bevorstehenden Pupertät (was sich jetzt schon anbahnt...,) Wie kann ich sie denn da unterstützen? Warum verhält sie sich in dem Punkt so?? Sie hat leider schon die Trennung von Oma und Opa miterlebt, die ihr sehr am Herzen lagen, und ich habe mich leider auch kurzzeitig von meinem Partner trennen müssen, als sie drei war, wir haben aber schnell wieder zueinander gefunden. Kann das zusammenhängen?? Unsere Bindung war stets gefestigt und liebevoll, sie ist mein ein und alles und wir verbringen viel Zeit. Ich hoffe, Sie haben ein paar Tipps für mich..... liebe Grüße :-)

von Marlen123 am 01.11.2016, 08:49



Antwort auf: Abhängigkeit von anderen Kindern

Liebe Marlen123, Ihre Tochter ist gut in die Klassengemeinschaft aufgenommen worden und kommt gut mit den Kindern zurecht. Aus dem Grund müsste sie also nichts zu befürchten haben. Sie wünscht sich aber einen zusätzlichen festen Anker. Ihre Tochter ist allem weit voraus. Um dieses auszugleichen, braucht sie für sich einen Gegenpol, eine schützende Hand, ein Sicherheitsgefühl. Besprechen Sie dies ganz offen mit dem Lehrer/der Lehrerin, so dass dieser/diese entsprechend handeln kann, wenn die Freundin nicht am Unterricht teilnehmen kann. Auch können Beobachtungen stattfinden, zu wem der Kontakt noch gut ist und ggfls. darauf geachtet werden, dass z.B. bei Gruppenarbeiten Ihre Tochter auch mit anderen Kindern zusammenarbeiten muss. Wie sieht die Nachmittagsgestaltung aus? Verabredet sich Ihre Tochter mit anderen Kindern? Besucht Sie einen Musikkurs oder ist aktiv in einem Sportverein? Alle diese Dinge werden ihr helfen, auch zu anderen Kindern ein vertrauensvollen Verhältnis aufzubauen. Auch, wenn es schwer fällt, muss Ihre Tochter in die Schule, egal, ob die Freundin da ist oder nicht. Ggfls. begleiten Sie Ihre Tochter bis zum Klassenraum, wenn Sie die Zeit dafür haben. Auch, wenn es eine "harte Schule" ist, so muss Ihre Tochter lernen, auch ohne eine beständige Bezugsperson (Freundin) zurecht zu kommen und das kann sie nur, wenn sie es auch muss. Die Lehrer sind ja von Ihnen informiert und können entsprechend auf Ihre Tochter eingehen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 02.11.2016