insulinpflichtiger Gestationsdiabetes in 1. Schwangerschaft - wieder schwanger

Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa Frage an Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa Ehemaliger Chefarzt und Direktor der Universitätsfrauenklinik Magdeburg

Frage: insulinpflichtiger Gestationsdiabetes in 1. Schwangerschaft - wieder schwanger

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Costa, ich habe eine 5,5 Monate alte Tochter und bin in der 8. Woche schwanger. In meiner ersten Schwangerschaft wurde in der 25. SSW zuerst eine zu hoher Nüchternblutzucker festgestellt (93) und ich spritze mir Protaphane. Die Dosierung musste ständig bis zuletzt auf 18 IE pro Nacht gesteigert werden. Da meine Zuckerwerte mit fortschreitender Schwangerschaft schlechter wurden und nicht mittels guter Ernährungseinstellung zu halten waren, habe ich mir ab der 28. SSW Bolusinsulin (Humalog) gespritzt. Die Einheiten habe ich mir selber berechnet. Faktor morgens waren 2 IE/KH, mittags 1,5 IE/KH und abends 1 IE/KH. So kam ich auf bis zu 70 IE Humalog pro Tag und 18 IE Protaphane in der Nacht während der Schwangerschaft. Zu Beginn der ersten Schwangerschaft wog ich 62 KG, vor der Entbindung 79 KG bei 163 cm Größe. Mein Kind kam durch meine gute Einstellung bei ET+2 ohne Einleitung, spontan, gesund und mit einem Körpergewicht von 3.000 Gramm zur Welt. Ich war bei der ersten Geburt 36 Jahre alt. Jetzt bin ich 5 Monate nach der ersten Geburt mit 36 Jahren zum zweiten Mal mit einem Wunschkind schwanger. Mein Gewicht liegt bei 58,3 KG und ich stille mein erstes Kind noch voll. Meinen Blutzucker messe ich schon regelmäßig und soweit liegt er meist im Rahmen. Meine Fragen an Sie wären folgende: 1. mein Nüchternblutzuckerwert liegt meist zw. 86-105 morgens, da ich auch nachts alle 1,5-3 Stunden mein Kind stille. Ist das in Ordnung? Oder muss was daran getan werden? 2. Ich ernähre mich derzeit nach Paläo: Kohlenhydrate fast nur aus Gemüse, wenig Obst, Fleisch und Fisch. Kartoffeln, Brot, Nudeln und Reis lasse ich weg (auch die Vollkornvariante lässt meinen BZ zu stark ansteigen). Ist diese Ernährung O.K.? Sollte ich einige Tage vor einem OGTT mehr KH essen? Wenn ja, warum beeinflusst das Essen von Kohlehydraten den OGTT? Was wäre die Aussagekraft eines OGTT unter der Paläo-Ernährung? 3. Ich bewege mich recht viel. Pro Tag gehe ich mind. 1 Stunde mit meinem Kind spazieren. So habe ich meinen BZ derzeit noch im Griff. Dennoch steigt mein BZ auf fast 140 nach 1 h und ist nahe der 120 nach 2 h nach dem Essen. Wie kann ich diesen noch weiter reduzieren. Erfahrungsgemäß wird der BZ im Laufe der Schwangerschaft mit der Zunahme des Gewichtes und der Hormone schlechter. 3. Wann wäre nun ein guter Zeitpunkt für einen OGTT? 4. Kann ich mein erstes Kind weiterstillen trotz dieser Schwangerschaft? Wirkt sich das weiterhin positiv auf meinen BZ aus? 5. Welchen Sport könnten Sie mir empfehlen in dieser Schwangerschaft und wie oft sollte ich pro Woche Sport machen? 6. Ist es zu empfehlen, meine Ernährung nach Paläo auszurichten und ca. 11-12 KG zuzunehmen? In der letzten SS habe ich bemerkt, dass mein BZ ab ca. 70-72 KG dramatisch schlechter wurde. Kann das sein? Ist es also zu empfehlen das Gewicht im Auge zu behalten? 7. Ist Insulinspritzen in der SS ungefährlich? Wieso wird einem immer geraten, den BZ mittels Sport und guter Ernährung zu regulieren? Ist es besser recht früh auf Insulin umzusteigen, wenn man öfter einmal Schwierigkeiten mit der Einstellung und Einhaltung eines gesunden BZ hat? Ganz schön viele Fragen, daher danke ich Ihnen schon jetzt sehr für Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen Peach 78

von Peach78 am 15.01.2015, 10:28



Antwort auf: insulinpflichtiger Gestationsdiabetes in 1. Schwangerschaft - wieder schwanger

Einige Ihrer Fragen werden ich versuchen, nach meinen Möglichkeiten zu beantworten. Nicht alle und auch mit der Einschränkung, dass ich kein Diabetologe (also Diabetes-Spezialist) bin. Zwar betreue ich viele Schwangere mit Schwangerschaftsdiabetes, aber auch ich mache das zusammen mit Diabetologen, weil diese die meiste Erfahrung über diese Erkrankung besitzen. Auch Sie sollten möglichst bald einen Diabetologen aufsuchen - ich meine, dass das sehr wichtig ist. Zu Ihren Fragen: 1. Die Nüchternblutzuckerwerte sollten nicht höher als 92 g% sein. Wenn mehrere Werte höher sind, spricht man eigentlich schon von Schwangerschaftsdiabetes, auch ohne oGTT. 2. Keine einzige einseitige Diät ist in der Schwangerschaft zu empfehlen, auch nicht die sogenannte Plato-Diät. Für Ihr Kind ist es sehr wichtig, alle Bestandteile einer ausgewogenen Ernährung zu bekommen - gemeint sind Eiweiß, Kohlenhydrate, Fette, Vitamine und Mineralstoffe. Vor einem oGTT sollten Sie sich drei Tage lang völlig normal ernähren, Sie müssen nicht mehr Kohlenhydrate oder sonst etwas sich nehmen. Ob eine Paläo-Diät die Werte eines oGTT beeinflusst, weiß ich nicht. Als die Steinzeitmenschen diese "Diät" genossen, gab es keinen oGTT... 3. Ihr Blutzucker ist sicherlich alles andere als "im Griff", wie Sie schreiben. Die Nüchternwerte sind zu hoch. 4. Den richtigen Zeitpunkt für einen oGTT erfahren Sie von einem Diabetologen. Es kann sein, dass dieser Test angesichts Ihrer hohen BZ-Werte nicht notwendig ist - die Diagnose dürfte feststehen. 5. Stillen in der Schwangerschaft hat mehr Nachteile als Vorteile. Da Sie Ihr erstes Kind 5 Monate lang gestillt haben, reicht das völlig aus. Beim Stillen wird ein Hormon (Oxytocin) vermehrt produziert, welches später in der Schwangerschaft die Wehentätigkeit der Gebärmutter stimuliert und es kann zu einer Frühgeburt kommen. Daher empfehle ich Ihnen, abzustillen. 6. Wenn Sie täglich 1 Stunde spazieren gehen und das nicht als "Schlendern" sondern eher als "Marschieren" meinen, reicht das als Sport aus. 7. Wie oben erwähnt, kann ich Ihnen eine Paläo-Diät nicht empfehlen. Die ideale Gewichtszunahme in der Schwangerschaft beträgt etwa 10-12 Kg, bis 20 Kg Zunahme wird es von den meisten Geburtshelfern als normal angesehen. 8. Insulin ist ein Hormon, das bei Ihnen nicht in ausreichender Menge produziert wird und der Blutzucker kann nicht abgebaut werden. Das übernimmt bis zu einem gewissen Punkt Ihr Kind, hat aber zahlreiche negative Folgen für das Kind. Daher ist Insulin eine sehr sinnvolle und wichtige Behandlung, keine Gefahr. Wann Sie mit den Insulin-Spritzen am besten beginnen sollten, erfahren Sie von einem Diabetologen. Bitte versuchen Sie nicht, sich selbst zu behandeln sondern richten Sie sich danach, was der Diabetologe Ihnen empfiehlt. Dann kann auch diese Schwangerschaft völlig normal verlaufen und Ihr Kind wird gesund auf die Welt kommen.

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 18.01.2015



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