Frage: Gestationsdiabetes, Verschlechterung zum SS-Ende

Sehr geehrter Herr Professor Costa, erst einmal ein herzliches Dankeschön für die viele Mühe, die sie sich mit uns Schwangeren hier in diesem Forum machen. Oftmals habe ich Fragen und Sorgen aus der Welt schaffen können, weil ich alte Beiträge Ihrerseits gefunden habe. Jetzt muss ich selbst eine Frage stellen und dazu leider etwas "ausholen". In der 23. SSW wurde bei mir ein OGTT gemacht - alle Werte weit im grünen Bereich. In der Folgezeit hatte ich jedoch vermehrt Glucose im Urin und daraufhin darauf bestanden, dass der Test wiederholt werden solle. Dies wurde auch durchgeführt (mit kapillärem Blut), wobei die Werte bei 90, 180 und 118 mg/dl lagen. Die Ärztin im KH (wo der Test gemacht wurde) sagte mir, das sei noch kein Gestationsdiabetes, ich solle einfach ein bisschen auf meine Ernährung achten, nicht zuviel Süßes, nicht zu viel Obst essen. Damals war ich in der 32. SSW. Da mich das Ergebnis allerdings sehr verunsichert hat (und ja auch faktisch bzgl. der Interpretation nicht ganz korrekt), habe ich meinen Gynäkologen um eine Überweisung zum Diabetologen gebeten, der den Test wiederholt hat. Argumentation hauptsächlich: Leitlinien-gerechte Diagnostik erfolgt aus venösem Vollblut. Hier waren die Werte besser, wenngleich auch nicht "ideal". 89, 167 und 126 mg/dl. Der Diabetologe meinte "kein Gestationsdiabetes", riet mir aber ebenso zur Ernährungsumstellung und körperlichen Aktivität. Blutzucker müsse ich keinen messen. Da ich eher zur vorsichtigen Truppe gehöre, habe ich mir trotzdem ein Blutzuckermessgerät zugelegt und regelmäßig meine Werte kontrolliert. Diese waren unter Ernährung mit viel Vollkorn, Gemüse und eiweißreich bisher immer in Ordnung. Der 2 h - Wert lag meist zwischen 90 und 110, teilweise auch darunter. 2 - 3 Ausreißer über 14 Tage gab es mal mit Werten von 122 mg/dl, als ich versucht habe "auszureizen", was mein Körper schafft. Heute bin ich jedenfalls komplett perplex, da ich plötzlich schlechtere Werte habe, als zuvor. Nüchtern 74 mg/dl, nach dem Frühstück 126 mg/dl, obwohl ich ähnlich gegessen habe, wie schon öfter zuvor. Tagsüber dann Werte, wie ich sie eher kenne und heute Abend wieder 119 mg/dl nach einem Reisgericht beim Chinesen (vor ein paar Tagen habe ich etwas ganz ähnliches dort gegessen und kam mit 104 mg/dl nach 2 h raus). Hier weiß ich natürlich nicht sicher, ob der gute Asiate vllt sackweise Zucker in seine Soße gekippt hat.... Mir ist völlig klar, dass diese Werte nicht katastrophal schlecht sind. Allerdings weiß ich nicht, wie ich weiterhin damit umgehen kann oder soll. Ich bin ab morgen bei 38 + 0. Würde man jetzt überhaupt noch anfangen mit einer Insulintherapie? All meine behandelnden Ärzte sind sehr entspannt, was die ganze Sache angeht. Wenn ich so selber recherchiere finde ich schon fast, dass sie bagatellisieren .... Das Kind ist zwar eher ein großes Kind, mein FA meint allerdings "nicht diabetes-typisch", alles noch im Rahmen, Fruchtwassermenge normal. Die Größe wurde jetzt aber schon 4 Wochen nicht mehr gemessen. Das CTG ist immer gut. Der Doppler war es (zuletzt jedoch vor 4 Wochen) auch. Die Plazenta hat mittlerweile Reifegrad 2 - laut FA durchaus OK in der Woche, solange die Herztöne OK sind. Was mach ich, wenn die Zuckerwerte jetzt weiter so grenzwertig erhöht sind? Nochmal zum Diabetologen, trotz kurz bevorstehender Geburt? Auf Einleitung spätestens am ET bestehen, oder vom CTG abhängig machen? Oder einfach gar nichts machen, weil ja alle eigentlich sagen ich hätte keinen Gestationsdiabetes und solle auch gar nicht Zucker messen?! Wie gesagt, ich bin eine "vorsichtige" wahrscheinlich auch "überängstliche" Schwangere, wohingegen meine Ärzte (im Krankenhaus, mein FA und der Diabetologe) allesamt eher ruhig und gelassen sind. Mir fällt es unheimlich schwer da einfach zu vertrauen, dass alles richtig läuft. (Zu allem Überfluss bin ich selbst Kollegin, allerdings in ganz anderem Fachbereich.....). Ich danke Ihnen recht herzlich schon mal im Voraus für Ihre Antwort. Enigma

von Enigma am 21.07.2015, 21:58



Antwort auf: Gestationsdiabetes, Verschlechterung zum SS-Ende

Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung Ihrer Geschichte. Eines kann ich auch per Internet festhalten - einen Schwangerschaftsdiabetes (GDM) haben Sie nicht, auch nicht gehabt. Die Definition eines GDM ist nicht nur eindeutig, unter anderem in der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe angegeben, sondern meiner persönlichen Ansicht nach etwas weit gefasst. Was ich meine, ist, dass unsere Definition ziemlich vorsichtig formuliert ist, so dass man lieber von GDM spricht, auch wenn nur "zarte Hinweise" vorliegen. Man will vermeiden, Schäden durch eine diabetische Stoffwechsellage zuzulassen und die Empfehlungen, die Ernährung etwas kohlenhydratärmer zu gestalten, gelten eigenlicht für alle Schwangeren. Wenn alle Schwangeren ohne GDM anfangen würden, so wie Sie den Blutzucker oft oder gar täglich zu messen, bin ich sicher, dass man gelegentlich erhöhte Werte gemessen würden, die allerdings ohne Bedeutung wären. Das Gleiche gilt auch für CTG´s - bei einer dauerhaften CTG-Aufzeichnung kann es sehr wohl sein, dass z.B. gelegentlich Herztonabfälle festgestellt werden, ohne dass man eine Pathologie hat. Gegen Ende der Schwangerschaft ist das Entscheidende, wie es dem Kind geht, was man im CTG ganz gut erfassen kann. Wenn die Plazenta einen erhöhten Reifegrad aufweist, ist das ein Hinweis darauf, dass die Schwangerschaft allmählich am Ende angelangt ist. Regelmäßige CTG-Kontrollen und "nicht zu lange auf die Geburt Warten" wäre nun die richtige Vorgehensweise. Möglicherweise ist eine Geburtseinleitung notwendig, aber das kann auch auf natürlichem Wege passieren - was ich Ihnen wünsche. Noch etwas zur Gewichtsmessung des Kindes in Terminnähe. Zur Zeit führen wir eine Untersuchung an unserer Klinik durch, bei der wir uns genau diesem Thema widmen. Eine Abweichung bei der Ultraschallmessung bis zu 1 Kg (also +/- 500 g) gilt nach wie vor als akzeptabel und das entspricht der Realität. Ob eine solche Gewichtsmessung irgendwie hilfreich ist, wissen wir also bis heute nicht genau. Heute sind die Geräte deutlich besser und wir haben mehr Erfahrung mit den Messungen als früher. Deswegen also unsere Studie. Vielleicht können wir bald mehr dazu sagen.

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 26.07.2015



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Risiko Gestationsdiabetes bei vorliegender Insulinresistenz

Sehr geehrter Professor Costa, ich (33) bin befinde mich aktuell in der 22. SSW, in 3 Wochen steht bei mir zunächst nun der kleine Zucker-Screening-Test an. Vor etwa 10 Jahren wurde bei mir in einer Uniklinik eine Insulinresistenz (im Zusammenhang mit Hashimoto und Amenorrhoe/PCO diagnostiziert.) Ich habe daraufhin auch eine längere Zeit Metfor...


zu: Risiko Gestationsdiabetes bei Insulinresistenz

Sehr geehrter Prof. Costa, zunächst möchte ich Ihnen ganz herzlich für Ihre Antwort vom 27.03.18 danken. Leider bekomme ich es nicht hin, darauf wieder zu antworten. Sie schrieben mir: **** Re: Risiko Gestationsdiabetes bei vorliegender Insulinresistenz Die Insulinresistenz und ein PCO gelten als Risikofaktoren für ein Gestationsdiabetes. ...


Gestationsdiabetes - viele Milchprodukte

Sehr geehrter Herr Professor Costa, ich bin in der 33. SSW, habe seit 8 Wo einen bekannten Gestationsdiabetes. Ich bin schlank (vor SS BMI bei 19,8), jetzt 9 kg zugenommen. Ich mache, was der Diabetologe sagt, viel Fett ans Essen, damit der Zucker langsam aufgenommen wird, genug Zucker, sonst ausgewogen. Ich komme ca. auf 2,5 mg, manchmal 3 m...


Ab wann Gestationsdiabetes?

Sehr geehrter Herr Prof. Costa, Ich bin aktuell in der 26 SSW und habe bisher ca. 5-6 kg zugenommen (aktuell 69 kg). Ich bin weiterhin sehr sportlich aktiv und ernähre mich weitgehend gesund wobei ich in den letzten Wochen auch immer wieder Süßigkeiten und auch mehr Pasta und Co gegessen habe. Letzte Woche habe ich bei meinen Frauenarzt den 50...


Diagnose Gestationsdiabetes zweifelhaft?

Hallo! Durch den oGTT 50 mit einem Wert von 136 und den oGTT 75 mit Werten von 95/170/160 wurde bei mir die Diagnose Gestationsdiabetes gestellt. Nun messe ich seit über 2 Wochen 7x täglich und kein einziger meiner Werte übersteigt die angegebenen Grenzwerte. Im Gegenteil. Der Durchschnitt aller Werte (auch der nach dem Essen) beträgt insge...


Gestationsdiabetes und Zimt

Guten Tag, Ich habe seit der 24 SSW Gestationsdiabetes und versuche über die Ernährung meinen Zuckerspiegel konstant zu halten. Ich trinke ausschließlich nur Wasser und Tee, esse Vollkorn Produkte (Dinkel) und 2 Portionen Gemüse und Obst am Tag. Morgens esse ich manchmal Haferbrei mit Fettarmer Milch. Nun habe ich mir gestern ein bißchen Ceylo...


Gestationsdiabetes mit Ernährung

Guten Morgen, Ich habe gestern einen großen Zuckertest machen lassen der auffällig war. In der FApraxis sagte man mir, ich soll zu einem Diabetologen gehen. Vor 2 Jahren in der letzten Schwangerschaft hatte ich schon SS Diabetes und war bei einem Diabetologen. Er erklärte mir die Blutzuckergeräte und ich bekam Ernährungsberatung. Mehr passier...


Ihre Einschätzung zur Diagnose Gestationsdiabetes

Hallo, ich war infolge einer Zervixinsuffizienz 14 Tage zur stationären Behandlung im Krankenhaus. Dort wurde mir 2x eine Lungenreifespritze und Wehenhemmer verabreicht, da die Zervixlänge zu kurz war. Mitunter hatte ich Bettruhe und bekam Progesteron vaginal (abends) verschrieben. Am Ende meines stationären Aufenthaltes wurde ein Zuckerbelast...


Gestationsdiabetes

Guten Morgen , Ich befinde mich heute in der 35+6 SSW und hatte schon vor der SS eine Insulinresistenz. Meine Werte waren bisher mit wenigen Ausnahmen (da weiß ich aber woran es lag) gut . Nun seit ca 1,5 Wochen sind meine nüchtern Werte etwas höher , zwischen 90 und 99. Ich dachte es sollte sich eigentlich gegen Ende der SS bessern ? Muss ich...


Gestationsdiabetes

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Costa, mein Zuckerwert nach dem kleinen OGTT beträgt 173. Bedeutet das, dass ich definitiv Schwangerschaftsdiabetes habe? Oder kann die Diagnose erst nach dem zweiten Test bestätigt werden? Falls Gestationsdiabetes besteht, welche Konsequenzen hat dies für mein Kind und für mich? Kann man mit einer Diät dagegen wirke...